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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Schlüsselloch legen müssen, um etwas mitzubekommen.
    Am Fuße der Treppe wartete Sir Leon auf sie.
    »Haben Sie noch einen Moment Zeit, meine Liebe?«, fragte er.
    Ehe sie antworten konnte, öffnete sich die Tür hinter ihm, und heraus kam ein recht kleiner Mann Ende dreißig, der mit seinen hohen Wangenknochen und dem etwas breiten, slawisch angehauchten Gesicht nicht unattraktiv aussah.
    Sein Blick glitt fast unverschämt langsam an Alvas Körper rauf und wieder runter.
    Er sagte: »Euer Cumbria ist doch wirklich ein erstaunliches Ländchen, Leon. Solche Raritäten hatte ich nicht erwartet. Willst du mich nicht vorstellen?«
    »Hä? Ach so, ja. Ms Ozigbo, eine Bekannte von Imogen. Und das ist Mr Nikotin, der bei uns zu Besuch ist.
    »Ni-k ii -tin«, sagte der Mann. »Pavel Nikitin. Meine Freunde nennen mich Pasha. Sehr erfreut, Sie kennenzulernen.«
    Er sah aus wie jemand, dem glatt zuzutrauen wäre, dass er ihre Hand nahm und an den Fingern lutschte, daher legte Alva, die sich nicht gern als Rarität bezeichnen ließ, als wäre sie irgendein ornithologisches Exemplar, die Arme auf den Rücken und nickte. Eine Frage war beantwortet worden. Aus welchem Grund auch immer Nikitin die Nachricht von Luke Hollins nicht weitergegeben hatte, sprachlich hatte er jedenfalls keine Probleme.
    »Wenn du uns bitte entschuldigen würdest«, sagte Sir Leon. »Ich muss Ms Ozigbo etwas zeigen.«
    Er wartete die Antwort nicht ab, sondern fasste Alva am Ellbogen und dirigierte sie in einen kleinen Erker und durch eine Tür in einen Raum, der aussah wie das Klischeebild, das sich ein Hollywoodproduzent vom Arbeitszimmer eines englischen Gentlemans macht.
    »Ausländer«, sagte Sir Leon, als wäre das Entschuldigung und Erklärung zugleich. »Cousin meiner Frau oder so was Ähnliches. Pasha! Meinen Sie, er wird so genannt, weil er Nikotin heißt? Verzeihung, wahrscheinlich viel zu jung – Sie, meine ich. Pasha hieß nämlich eine ganz besonders grässliche Zigarette, die meine Ma während des Krieges geraucht hat, als es nichts anderes gab.«
    Alva lächelte ihn an. Sie konnte verstehen, wieso Wolf den alten Knaben ins Herz geschlossen hatte. Er mochte ja in seiner eigenen Wodehouse’schen Welt leben, aber bei seinen Vorstößen in die reale Welt schien er absolut keine böswilligen Absichten zu hegen, weshalb sie auch nicht die geringste Lust verspürte, ihn daran zu erinnern, dass sie Dr. Ozigbo war.
    Jetzt schaute sie sich in dem Zimmer um. Zimmer konnten einem viel verraten.
    Auf einem wuchtigen Mahagonischreibtisch, der den Raum beherrschte, standen silberne Fotorahmen, ein Tintenfass aus Zinn und ein schwarzes Bakelittelefon mit Wählscheibe. Eine Wand wurde fast komplett von einem großen Bücherregal eingenommen, in dem Alva gebundene Ausgaben des Satiremagazins Punch und verschiedener Jagdzeitschriften ebenso entdeckte wie die Berichte der Cumbrian Archaeological Society, die bis in eine Epoche zurückreichten, die es selbst wert gewesen wäre, erforscht zu werden. An der gegenüberliegenden Wand stand ein verschlossener Gewehrschrank, und daneben hingen der Kopf eines Zwölfenders und, was besonders eigenartig war, der eines Wolfes.
    »Der letzte Wolf, der in Cumberland erlegt wurde«, sagte Sir Leon, der ihrem Blick gefolgt war. »Zumindest hat das der Bursche erzählt, von dem Kira ihn gekauft hat. Ausgemachter Unsinn. Sieht doch jeder, dass das ein kanadischer Timberwolf ist, noch dazu ein ziemlich altersschwacher. Ist wahrscheinlich völlig vergreist in irgendeinem Zoo gestorben.«
    »Ihre Frau begeistert sich für Geschichte?«, spekulierte Alva.
    »Wenn Sie das so nennen wollen«, sagte Sir Leon. »Hat diesen Raum selbst eingerichtet. War früher mal ein gemütliches Refugium. Jetzt sehen Sie sich das an. Ich halt’s hier nie lange aus.«
    »Wenn das so ist, warum sind wir dann …?«, fragte Alva.
    »Was? Ach so, ja. Hier stört uns wahrscheinlich keiner. Ich wollte Sie fragen – wie geht’s Wolf?«
    Alva war in Gedanken noch bei der räudigen Kreatur an der Wand und war einen Moment lang verunsichert.
    »Meinen Sie Mr Hadda?«
    »Ja, Wolf«, sagte er ungeduldig. »Ich hab schon überlegt, mal nach Birkstane zu fahren, aber das gäbe nur Ärger. Hier draußen in der Pampa braucht man keine Überwachungskameras. Kira wüsste Bescheid, noch ehe ich wieder zu Hause wäre! Also, wie geht’s ihm?«
    »Ich hab ihn vor Weihnachten zuletzt gesehen, und da ging es ihm gut«, sagte Alva langsam. »Das heißt, im Vergleich

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