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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Sie?«
    »Das Verlangen nach dem Fallen zu überwinden«, sagte sie.
    Alva ließ sich das durch den Kopf gehen. Wollte Imogen damit sagen, die Option, sich mit ihrem Ex allein zu treffen, wäre die verlockendste, weil sie sie auch für die gefährlichste hielt?
    Die Psychologie der Felskletterei war interessant. Aber das galt auch für die Psychologie des Morris-Tanzes.
    In der Hoffnung, die Frau weiter aus der Reserve locken zu können, indem sie schwieg, ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. Bei allen offensichtlichen Unterschieden, was Größe, Komfort und Einrichtung anging, erinnerte er sie seltsamerweise an Haddas Zelle in Parkleigh. Abgesehen von dem Gemälde enthielt er nichts Persönliches. Keine Fotos, keine Bücher. Ob er vor dem tragischen Niedergang ihres ersten Mannes und dem tragischen Tod ihrer Tochter anders ausgesehen hatte?
    Ihr Blick kehrte zu Imogen zurück. Die Frau machte keinerlei Anstalten, noch mehr zu sagen. Weshalb auch immer sie mit ihr hatte sprechen wollen, sie schien ihr Ziel erreicht zu haben.
    Alva blickte auf die Uhr und sagte: »Es wird allmählich Zeit für mich. Mrs Estover, ich kann auf Ihre Frage nur antworten, dass ich selbstverständlich die zuständigen Behörden verständigen werde, falls ich je den Eindruck gewinne, Mr Hadda wäre eine Gefahr für andere.«
    Sie stand auf.
    Imogen sagte: »Gibt er mir die Schuld an Ginnys Tod?«
    Aha, das hatte zweifellos seinen Zweck erfüllt. Im Gegensatz zu der beherrschten Art, durch die Imogens Äußerungen bislang geprägt worden waren, hatte die Frage geklungen, als wäre sie förmlich aus ihr herausgebrochen.
    »Nicht so sehr, wie er sich selbst die Schuld gibt, würde ich meinen«, sagte Alva.
    »Verstehe.« Ihre Augen fixierten die Besucherin, als wäre sie unsicher, ob sie noch mehr sagen sollte oder nicht. Aber plötzlich wusste Alva, dass da eigentlich keine Unsicherheit war. Was die Frau ihr sagen wollte, würde jetzt gesagt werden.
    Imogen fragte beinahe beiläufig: »Würde es also Ihrer Einschätzung nach die Situation verbessern oder verschlechtern, wenn ich Wolf sagen würde, dass er nicht Ginnys Vater war?«
    Großer Gott! Was hat sie vor – will sie mich als Botin benutzen?
    Ehe sie ihre Gedanken sortiert hatte und eine Antwort zustande bringen konnte, ging die Tür auf. Falls zuvor angeklopft worden war, dann so flüchtig, dass es nicht zu hören gewesen war.
    Eine Frau trat ein, eine kalte Schönheit mit der Art von Teint und Knochenbau, die kaum altert, groß, geschmeidig, sehr englisch in gedeckten Tweed gekleidet, trotzdem strahlte sie etwas gefährlich Exotisches aus.
    Sie sagte: »Imogen, ich wusste nicht, dass du Besuch hast«, ohne sich große Mühe zu geben, es glaubwürdig klingen zu lassen.
    »Mutter«, sagte Imogen ungerührt, »darf ich vorstellen, Ms Ozigbo, Wolfs Therapeutin.«
    »Kein Beruf für eine Frau, würde ich meinen«, sagte Lady Kira unterkühlt. »Und ich vermute, für Ihr Gehalt kommt der Steuerzahler auf, nicht wahr?«
    Alva mochte ja von Imogens Bemerkung über die Vaterschaft ihrer Tochter schockiert gewesen sein, aber hochherrschaftliche Unhöflichkeiten steckte sie locker weg.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie und stand auf. »Sie müssen sich nicht für die Störung entschuldigen, ich wollte ohnehin gerade gehen.«
    Lady Kira schien auf der Zunge zu liegen, dass sie nicht im Traum daran gedacht hatte, sich zu entschuldigen, doch Alva hatte sich bereits wieder Imogen zugewandt.
    »Auf Wiedersehen, Mrs Estover«, sagte sie. »Es heißt übrigens Dr . Ozigbo. Bitte rufen Sie mich an, falls Sie sich noch mal mit mir unterhalten möchten.«
    Imogen sagte: »Ich denke, das wird nicht nötig sein, Dr. Ozigbo.«
    Sie stand auf, ging zu dem rot-orangefarbenen Gemälde und betrachtete es.
    Von der Tür aus sagte Alva: »Ihr Exmann scheint ein Gemälde von Winslow Homer besonders zu mögen. Ich glaube, es heißt Der Holzfäller . Gibt es einen besonderen Grund, warum er es so mag?«
    »Vielleicht weil es einen Mann zeigt, der sich einfachen Problemen gegenübersieht, die er aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln bewältigen kann«, sagte die Frau, ohne sich umzuwenden.
    »Das ist ein interessanter Gedanke«, sagte Alva. »Ihr Bild übrigens, wie haben Sie es genannt?«
    » Fallen «, sagte Imogen.

9
    Alva zog die Tür hinter sich zu. Sie hätte gerne belauscht, was Mutter und Tochter einander zu sagen hatten, aber bei der dicken Tür hätte sie schon das Ohr ans

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