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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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gesehen und als er Hadda bei dessen Freilassung abholte.
    Erste Regentropfen lieferten ihr einen Vorwand, um den Kopf zu senken und an ihm vorbeizuhasten, ohne in seine Richtung zu blicken. Zwischen ihnen gab es nur eine einzige Verbindung, und ihr kurzer Wortwechsel mit Homewood hatte ihr vor Augen geführt, wie gefährlich präsent Wolf Hadda in ihrem Kopf noch immer war.
    Sie stieg in ihr Auto. Es regnete jetzt richtig, und sie machte die Scheibenwischer an. Jedes Mal, wenn sie über die nasse Windschutzscheibe glitten, kam Trapp in Sicht. Warum um alles in der Welt stand er bloß da, hutlos, schirmlos, nur von einem dünnen Regenmantel geschützt, der schon völlig durchnässt aussah?
    Jetzt sah sie ihn, jetzt wieder nicht. Es war, als ließen die Scheibenwischer ihr die Wahl. Oder eher, als würde die Wahl für sie getroffen. Wie Blütenblätter, die von einer Blume gezupft wurden … er liebt mich … er liebt mich nicht … Sie konnte einfach davonfahren. Dafür musste sie nicht mal an ihm vorbei.
    Doch das Auto bewegte sich auf ihn zu. Meine Wahl, sagte sie sich entschlossen. Ein Akt der Menschlichkeit, sonst nichts.
    Sie kurbelte die Scheibe runter und sagte: »Mr Trapp, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er.
    Sie sagte: »Sie werden ganz nass.«
    Er sagte: »Ja.«
    Sie verlor die Geduld, eher mit sich selbst als mit ihm, und sagte. »Na los, nun steigen Sie schon ein!«
    Er zögerte, ging dann um den Wagen herum und schob sich feucht auf den Beifahrersitz.
    Er war wirklich ein unscheinbar aussehender kleiner Mann; nicht direkt verwahrlost, aber doch ziemlich heruntergekommen. Sie hatte Fotos von Toby Estover gesehen. Zwischen dieser aalglatten, eleganten, makellos gekleideten Gestalt und Mr Trapp lagen Welten. Wenn man sie miteinander verglich, bekam man eine Ahnung, wie tief Hadda gestürzt war. Dennoch, nach allem, was sie den Prozessakten entnehmen konnte, hatte Trapp seine Sache gut gemacht. Und hatte Hadda in einem Teil seiner Lebensgeschichte nicht angedeutet, ihn schon von früher zu kennen? Es musste mit einem Gefallen zu tun haben und über das rein Berufliche hinausgehen, vermutete sie, wenn Wolf bei den Trapps Weihnachten verbracht hatte …
    Vorsicht, du spielst schon wieder Detektivin, ermahnte sie sich.
    Sie sagte: »Alva Ozigbo.«
    »Ja, ich weiß«, sagte er. Dann fügte er hinzu, als meinte er, sich erklären zu müssen: »Meine Frau holt mich ab. Sie müsste gleich kommen. Ich war etwas früher fertig, als ich gedacht hatte.«
    »Na, dann versuchen wir mal, Sie trocken zu bekommen«, sagte sie und drehte das Gebläse voll auf. »Es wäre doch ungerecht, wenn Sie sich eine Erkältung einfangen, bloß weil Sie besonders tüchtig waren.«
    Er lächelte, ein sanftes, fast ein wenig melancholisches Lächeln, das sein Gesicht erhellte.
    »Das wohl kaum«, sagte er. »Als ich meinem Mandanten erklärt habe, es wäre in meinen Augen reine Zeit-, Geld- und Energieverschwendung, in Berufung zu gehen, hat er angedeutet, ihm eine Rechnung zu schicken wäre in seinen Augen so ziemlich das Gleiche, und falls es mir in den Sinn käme, irgendwelche Schritte dagegen zu unternehmen, hätte sein Bruder noch ein paar schlagende Argumente mit einem Baseballschläger zu bieten.«
    »Klingt nach einem gebildeten Mann.«
    »Ich hab es sinngemäß wiedergegeben«, sagte er förmlich. »Seine Wortwahl war anschaulicher.«
    Sie lachte. In Mr Trapp steckte offenbar mehr, als man auf den ersten Blick sah. Oder eher, als sie auf den ersten Blick sah. Vermutlich hatte Hadda genauer hingesehen.
    Als ob schon allein der Gedanke an ihn sie zwänge, seinen Namen auszusprechen, hörte sie sich selbst fragen: »Kannten Sie Mr Hadda schon, bevor Sie in dem Prozess sein Anwalt waren?«
    Ich mache hier bloß Konversation, beruhigte sie sich. Bis seine Frau kommt.
    Er ließ sich mit der Antwort Zeit. Schließlich sagte er: »Wir waren uns schon mal begegnet.«
    »Beruflich?«
    Er lächelte wieder und sagte: »Ja. Unsere erste Begegnung war beruflicher Natur.«
    Unsere erste Begegnung. Sie versuchte, sich eine Situation auszumalen, in der Wolf Hadda, frisch mit seiner Prinzessin verheiratet und fest entschlossen, die Geschäftswelt zu erobern, einen Anwalt wie Mr Trapp benötigt haben könnte. Nicht völlig ausgeschlossen, aber höchst unwahrscheinlich.
    Also fiel dieser Kontakt vermutlich in die fünf Jahre nachdem der junge Wolf von zu Hause weggelaufen war und bevor er seine drei unmöglichen Aufgaben gemeistert hatte und

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