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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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anderweitig einsetzen, damit sie ihr Erfahrungsspektrum erweitern könnten, um sie dann aufzufordern, ihr komfortables Vorzimmer vor Estovers piekfeinem Büro zu räumen und in den allgemeinen Pool eine Etage tiefer zu tauchen.
    »Das wär doch nett«, hatte sie mit einem Lächeln geantwortet. »Ich fänd’s schön, mehr Zeit mit euch verbringen zu können.«
    Als sie nach den Weihnachtsferien wieder zur Arbeit erschien, hatte sich fast augenblicklich ihr schottischer Bekannter bei ihr gemeldet. Er machte ihr einen neuen Vorschlag, den sie aber befremdlich fand. Murray darüber auf dem Laufenden zu halten, wo sich Estover wann aufhielt, war bloß eine harmlose Illoyalität gewesen. Aber ganz gleich, wie man es drehte und wendete, auf Estovers vertrauliche Unterlagen zuzugreifen, sie zu kopieren und zu verkaufen, das war eindeutig kriminell.
    Das Geld, das Murray ihr bot, war gut. Und sie mochte den Mann. Also hatte sie nicht gleich rundweg abgelehnt. Als sie sich das nächste Mal trafen, brachte er den Vorschlag erneut zur Sprache und erhöhte sein Angebot von gut auf großzügig. Außerdem versicherte er ihr, dass Estover infolge ihrer Handlungen nichts widerfahren würde, das er nicht verdient hätte. Was, gemessen an ihren eigenen Kenntnissen von Tobys Arbeitspraktiken, die Vermutung nahelegte, dass der arme Teufel sich auf eine ziemlich schlimme Zeit gefasst machen musste!
    Trotzdem zögerte sie weiter. Morag war nicht nur eine durch und durch moderne junge Frau, sie hatte auch eine altmodisch sentimentale Seite. Sie erwartete keine Liebesschwüre von Estover, und noch weniger hoffte oder wollte sie, dass er eine ehrbare Frau aus ihr machte. Aber nach allem, was in den vergangenen zwei Jahren zwischen ihnen gewesen war, hatte sie das Gefühl, dass doch eine gewisse gegenseitige Zuneigung bestehen musste.
    Daher hatte sie Estover jede Gelegenheit geboten, ihr seine Wertschätzung zu zeigen, ihr zu demonstrieren, dass sie für ihn mehr war als bloß eine erstklassige Wichsmaschine.
    Er hatte die Gelegenheit nicht genutzt. Und deshalb hatte sie einige Tage zuvor den Sprung gewagt. Als sie Murray das nächste Mal traf, überreichte sie ihm den winzigen USB-Stick, den er ihr gegeben hatte.
    »Da ist alles drauf«, sagte sie. »Das meiste ist verschlüsselt.«
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich bin Ihnen sehr dankbar.«
    Dann beugte er sich vor und sah ihr in die Augen, und sie dachte, aha – jetzt macht er mich an!
    Aber stattdessen sagte er bloß: »Falls Sie je Interesse an einem Job in Glasgow haben, hätte ich da vielleicht was für Sie.«
    Überrascht stellte sie fest, wie enttäuscht sie war, dass er ihr bloß ein berufliches Angebot machte und kein privates!
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte sie kühl.
    »Gut«, sagte er und lehnte sich zurück. »So, demnächst wird eine Journalistin namens Kitty Locksley wahrscheinlich um ein Treffen mit Ihrem Chef bitten. Zum Lunch, schätze ich mal. Ich muss wissen, wo und wann.«
    Und schon geht’s wieder ums Geschäft, dachte sie. Die sind doch alle gleich! So oder so quetschen sie dich aus bis auf den letzten Tropfen, und dann heißt es: Such dir was anderes, Süße!
    Er murmelte noch etwas, das sie vor lauter Ärger nicht richtig mitbekam.
    »Was?«, fragte sie.
    »Ich dachte nur gerade«, sagte er ziemlich verlegen. »Vielleicht könnten wir beide uns ja mal auf einen Drink treffen, nur so, um uns besser kennenzulernen.«
    »Wie ein Date, meinen Sie?«, fragte sie nach und musste ihre Freude unterdrücken.
    »Genau.«
    »Ich denk drüber nach.«
    Tja, inzwischen hatte sie drüber nachgedacht. Ein Date klang gut. Und da sie keineswegs die Absicht hatte, sich von den Zicken da unten dumme Sprüche anzuhören, weil sie ein Jahr früher als der Durchschnitt von Estovers Schreibtisch gekugelt worden war, klang auch Murrays Bemerkung über einen Job in Glasgow gut. Sie hatte genug von den verfickten Engländern – in jeder Hinsicht.
    Sie griff nach dem Telefon auf dem Schreibtisch und wählte Miss Jenners Nummer.
    Unterdessen gefiel Estover die Begrüßung, die ihm im Restaurant zuteil wurde, besser als sein Abschied im Büro. Während die hübsche Blondine am Empfang ihm aus dem Mantel half, sagte sie: »Schön, Sie wieder bei uns zu haben, Mr Estover. Miss Locksley wartet bereits an Ihrem Tisch.«
    »Danke«, sagte er und lächelte sie freundlich an. Ein Jammer, dass sie so gertenschlank war. Und außerdem hellhäutig, also war da wahrscheinlich nichts mit

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