Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
genauso verlässlich wie immer, und was ihre persönlichen Dienste anging, so entgegenkommend wie eh und je. Das Problem war nur, dass sie in den ersten zwei Wochen seit seinem Weihnachtsurlaub deutliche Anzeichen dafür gezeigt hatte, dass sie sich mehr von der Beziehung zu ihm versprach als einen regelmäßigen Quickie auf dem Schreibtisch.
So hatte sie zum Beispiel versucht, ihn in eine lockere Plauderei über die Weihnachtstage zu verwickeln, indem sie ihm mehr von ihren Familienfeierlichkeiten erzählte, als er hören wollte, um dann eine erwartungsvolle Pause einzulegen.
Und nachdem sie rittlings über ihm gekniet und ihn zum Höhepunkt gebracht hatte, erhob sie sich nicht mehr sofort mit einem freundlichen Lächeln, um sich auf die Damentoilette zu begeben und wenige Minuten später perfekt zurechtgemacht und bereit zum Diktat wieder herauszukommen. Nein, jetzt hatte sie die Angewohnheit entwickelt, sich auf ihn sinken zu lassen, ihm die Lippen zum Kuss darzubieten und so dummes Zeug zu murmeln wie: »War’s schön für dich, Liebster?«
Wenn er durch seine Reaktion deutlich machte, dass er weder für entspannte Tratscherei noch für postkoitale Zärtlichkeiten zu haben war, ließ sie von ihm ab, aber die Erfahrung war nicht angenehm gewesen. Also war es vielleicht Zeit für Veränderungen. Selbstverständlich nicht, was die Größe anging. Er hatte eine Schwäche für gut gepolsterte Büromöbel. Die Farbgebung war dagegen etwas anderes. Morag war blond und sommersprossig, ihre üppigen Brüste cremeweiß mit kleinen Brustwarzen. Er merkte, dass er von einer braunhäutigen Frau träumte, mit Nippeln wie Daumen, die aus einem Ring aus pflaumendunklem Knautschsamt ragten …
Der Gedanke machte ihn matt, und er blickte ungehalten auf, als Morag nach einem extrem flüchtigen Anklopfen sein Büro betrat und sagte: »Sie denken doch an Ihren Lunch mit Kitty Locksley?«
Kam es ihm nur so vor, oder war ihr schottischer Akzent in den letzten Tagen noch deutlicher geworden? Sie würde gehen müssen. Er würde mit Miss Jenner sprechen, der Personalleiterin der Kanzlei. Sie würde eine Versetzung in die allgemeine Verwaltung veranlassen. Keine Gehaltskürzung, aber normalerweise verstanden sie, was Sache war, und kündigten nach rund einer Woche selber.
Er sagte gereizt: »Natürlich denke ich dran. Obwohl ich keine Ahnung habe, wieso ich mich mit diesem Miststück zum Lunch treffe. Trotzdem, es ist ratsam, die Presse auf seiner Seite zu haben.«
Kitty Locksley war die Nachrichtenredakteurin eines Boulevardblatts der etwas anspruchsvolleren Sorte, eine Zeitung, die zu lesen manchmal auch seine Bekannten zugaben.
Er stand auf und wartete. Normalerweise ging Morag zur Garderobe, holte seinen Mantel und half ihm hinein. Heute rührte sie sich nicht. Das war’s! Sie musste gehen, keine Frage. Er holte sich den Mantel selbst, und während er ihn sich unbeholfen anzog, sagte er: »Ich bin gegen drei zurück. Bitten Sie Miss Jenner, dann zu mir zu kommen, ja?«
Morag wartete, bis sie die Aufzugstüren zugleiten hörte, dann holte sie ihr Handy hervor und wählte.
»Hi, Mr Murray«, sagte sie. »Er ist unterwegs.«
»Gut gemacht. Muss los. Bis später dann.«
Sie steckte ihr Handy ein, schlenderte um Estovers ausladenden Schreibtisch herum und ließ sich in seinem äußerst bequemen ledernen Bürosessel nieder. Sie war stolz darauf, dass sie stets versuchte, die Dinge auch aus dem Blickwinkel anderer Leute zu sehen, und von hier aus sahen die Dinge nun wirklich ganz anders aus. Nicht, dass sie sich beklagte. Als sie den Job angenommen hatte, war ihr bewusst gewesen, was sie erwartete. Sie hätte schon sehr naiv sein müssen, um nicht zu erkennen, was Toby Estover durch den Kopf ging, als er den Blick während des Vorstellungsgesprächs von oben bis unten über ihren Körper gleiten ließ. Tja, nicht weiter schlimm, er schien einigermaßen nett zu sein, und sie war eine durch und durch moderne junge Frau, die keine Probleme damit hatte, Sex um seiner selbst willen zu genießen, und außerdem bescherte es ihr alle möglichen Vergünstigungen wie das Weihnachtsgeld. Daher hatte es sie lediglich amüsiert, als ein paar ihrer Kolleginnen es für ihre Pflicht und Schuldigkeit hielten, ihr zu sagen, dass Estovers Sekretärinnen im Schnitt drei Jahre blieben. Der Moment würde kommen, in dem die Büroleiterin Miss Jenner sie ansprach und ihr irgendeinen Quatsch erzählte von wegen, sie würde Mitarbeiterinnen gern auch mal
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