Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Proctor war noch nicht fertig.
    »Und er hat mich dauernd gefragt, wie Sie klarkommen, hat gesagt, er hoffte, ich würde dafür sorgen, dass Sie in Ihrer Arbeit nicht behindert werden, als ginge es ihm bloß darum, dass Sie Ihre Sache gut machen können. Aber manchmal hatte ich so das Gefühl, als wollte er von mir, dass ich Ihnen nachspioniere. Und dann, am Montag …
    Er stockte. Alva hakte nach.
    »Was ist passiert, George?«
    »Er hat mich zu sich kommen lassen und mir irgendwas erzählt, er müsste bis Ende des Monats für das Innenministerium einen Bericht über Sie fertig machen.«
    »Das stimmt allerdings, George«, unterbrach sie ihn. »Mehr oder weniger. Mein Vertrag muss zwar erst in zwei Jahren wieder verlängert werden, sieht aber eine jährliche Leistungsbewertung vor. Es geht nur darum, ein paar Häkchen an den richtigen Stellen zu machen.«
    »Ach ja? Klang für mich aber nicht so, als wollte der Direktor bloß irgendwo ein paar Häkchen machen«, sagte Proctor. »Er hat mich rundheraus nach meiner Meinung zu Ihrer Arbeit gefragt. Das hat er vorher noch nie gemacht. Was ich meinen würde, welche Wirkung Sie auf die Moral der Häftlinge haben? Ob es ein Fehler gewesen sei, eine Frau einzustellen? Hoppla, hab ich gedacht, was ist denn jetzt los?«
    »Und was haben Sie gesagt?«
    »Ich hab gesagt, klar wäre ich am Anfang dagegen gewesen, Sie zu nehmen, aber jetzt, wo ich Zeit gehabt hätte, Sie kennenzulernen und zu beobachten, wie Sie arbeiten, fände ich, dass Sie Ihre Sache gut machen.«
    Das war das beste unaufgefordert ausgestellte Zeugnis, das sie je bekommen hatte, dachte Alva.
    Sie sagte: »Danke, George.«
    »Keine Ursache. Später hab ich mir dann gedacht, dass ich Ihnen damit vielleicht keinen Gefallen getan hab.«
    »Ich versteh nicht.«
    »Vielleicht wäre es am besten, wenn die Sie einfach mit einem Schulterklopfen entlassen, kein geeigneter Job für eine Frau, so was in der Art, damit es Ihnen beruflich nicht schadet, oder zumindest nicht sehr, und alle wären zufrieden.«
    »Also deshalb wollten Sie nicht noch mal unter vier Augen mit mir reden!«, sagte sie entrüstet. »Sie wollen mich also doch nicht da haben! Warum haben Sie mich dann nicht gleich beim Direktor schlechtgemacht?«
    »Hab ich in dem Moment nicht dran gedacht, Miss. Aber falls er mich noch mal fragt, weiß ich, was ich ihm sage.«
    Ihre Gedanken überschlugen sich auf der Suche nach einer Perspektive, aus der das alles klar erscheinen würde.
    Zweifellos könnte ein negativer Bericht von Homewood, auch ohne dass Proctor ins selbe Horn blies, ihren Arbeitsplatz gefährden. Aber warum sollte er das wollen? Und warum war Proctor so gewillt, von dem zögerlichen Eingeständnis, sie würde einigermaßen gute Arbeit leisten, auf seine anfängliche Haltung zurückzuschwenken und sie loswerden wollen? Das ergab keinen Sinn …
    Es sei denn, der Mann glaubte, es gäbe schlimmere Arten zu gehen, als bloß gekündigt zu werden!
    Aber das war absurd! Oder?
    Sie sagte: »Damals, bei unserem Gespräch in Ihrem Büro, haben Sie gesagt, mein Vorgänger hätte einen Riesenkrach mit dem Direktor gehabt. Ging es dabei um die Abhörvorrichtungen?«
    »Ganz genau, Miss. Dr. Ruskin war dahintergekommen, genau wie Sie. Liegt vielleicht irgendwie an Ihrer Ausbildung. Leute wie Sie sind aufmerksam. Aber ansonsten war er gar nicht wie Sie. Sie sind eher von der ruhigen, vernünftigen Sorte. Aber Dr. Ruskin, wenn dem was nicht gefiel, dann hat er es einem deutlich gezeigt. Ich hab gehört, wie er den Direktor angebrüllt hat, das würde gegen die ärztliche Ethik verstoßen, es wäre ein Skandal, und er hielte es für seine Pflicht, die Menschen im Land darüber aufzuklären, wofür ihre schwer verdienten Steuergelder ausgegeben werden.«
    »Und dann ist er gestorben. Und ich wurde seine Nachfolgerin. War für Sie ein ziemlicher Schock, George, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Kann sein, zu Anfang, aber dann hab ich drüber nachgedacht, und …« Er verstummte.
    »Was?«
    »Hören Sie, Miss, nehmen Sie’s mir nicht übel. Zuerst hab ich gedacht, verdammte politische Korrektheit und der ganze Scheiß. Die müssen eine Frau einstellen, und wenn sie noch dazu schwarz ist, umso besser. Aber später dann hab ich mir so meine Gedanken gemacht …«
    »Was für Gedanken haben Sie sich gemacht, George?«
    »Ich hab mir gedacht, wenn die gerade einen Psychodoc losgeworden sind, der sich als Unruhestifter entpuppt hat und schwer zu kontrollieren war, na

Weitere Kostenlose Bücher