Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
haben Sie recht. Ich hab bei meinem Kirchenvorsteher nachgefragt, dessen jüngste Tochter im Schloss putzt, und er hat gesagt, Mrs Estover werde dort heute im Laufe des Tages erwartet.«
»Sie passen sich wirklich gut ans Landleben an, Padre«, sagte Hadda. »Ohne ein straff organisiertes und hoch motiviertes Netz von Spionen kann man hier unmöglich überleben. Und haben Sie Alva diese Neuigkeit mitgeteilt?«
»Nein. Ich dachte, das hat Zeit, bis ich sie persönlich sehe.«
Das ließ ihn aufmerken.
»Bis Sie sie persönlich sehen?«
»Ja, sie kommt auch heute her.«
Deine beiden Frauen unterwegs nach Norden, dachte er. Vielleicht begegnen sie sich auf einer Raststätte und trinken zusammen einen Kaffee.
Hadda betrachtete ihn forschend, als hätte er seine Gedanken gelesen. Oder vielleicht hatte er ihn selbst gerade gedacht.
»Und sie kommt den weiten Weg hierher, nur um Sie zu sehen?«, fragte Wolf.
»Sie hat nichts anderes angedeutet«, sagte Hollins. »Sie sagte, sie hätte Informationen, die sie mit mir besprechen wollte.« Er stockte, zählte bis drei und fügte dann hinzu: »Soweit ich das verstanden habe, hat es mit Ihnen zu tun.«
»Nur dass ich das richtig verstehe: Meine Psychiaterin kommt nach Cumbria, um mit meinem Dorfvikar über etwas zu sprechen, das mich betrifft?«
Hadda klang verärgert, aber nur, so schien es Hollins, um eine andere Emotion zu verbergen.
»Ich schätze, so könnte man es ausdrücken.«
»Dann verraten Sie mir doch mal, Padre, warum Sie das Bedürfnis hatten, mir das mitzuteilen? Geheimtreffen, um die Gemütsverfassung eines Patienten zu besprechen, werden für gewöhnlich geheim gehalten, würde ich meinen.«
»Vermutlich. Aber da Ms Ozigbo nichts davon hat verlauten lassen, dass sie über Ihre Gemütsverfassung reden möchte, trifft das in diesem Fall wohl kaum zu. Bestimmt wird sie alles erklären, wenn sie Sie besuchen kommt.«
»Aber Sie haben doch gesagt, sie hätte nicht vor, mich zu besuchen.«
»Nein, ich hab gesagt, sie hat nichts davon gesagt, ob sie das vorhat. Aber ich würde drauf wetten, dass sie es tut.«
»Ach ja? Jetzt hat sie auch noch den Glücksspieler in Ihnen geweckt? Also, was soll ich jetzt machen, den ganzen Tag hier warten, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie auf einen Sprung vorbeischaut?«
»Sie sollten tun, wonach Ihnen zumute ist, Wolf«, sagte Hollins und stand auf.
»Sollte ich das? Na, jedenfalls sollte ich mich wohl bei Ihnen bedanken, dass Sie den Mittelsmann gespielt haben.«
»Nein, ich bin kein Mittelsmann«, sagte Hollins streng. »Und ebenso wenig bin ich Ihr oder Ms Ozigbos Vertrauter. Falls Sie beide Geheimnisse voreinander haben, sollten Sie es sich zur Regel machen, nicht mit mir darüber zu reden. Es sei denn natürlich, einer von Ihnen möchte sich mir in meiner Eigenschaft als Geistlicher anvertrauen.«
»Donnerwetter«, sagte Hadda. »Schöne kleine Rede. Ich lass sie mir später noch mal durch den Kopf gehen. Aber dass Sie kein Lieferant sind, kam nicht drin vor, oder? Dann können Sie doch eigentlich meine Tesco-Bestellung aufnehmen, wo Sie schon mal da sind.«
Er nahm einen Notizblock aus einer Schublade, überflog die Liste, die darauf stand, und fügte noch ein paar Posten hinzu. Dann gab er Hollins den Zettel.
»Hätte fast Ihre Sahne vergessen«, sagte er beiläufig. »Ich will Sie doch nicht vertreiben, indem ich Ihre fleischlichen Schwächen nicht bediene. Mir gefällt’s, wenn meine Priester die eine oder andere fleischliche Schwäche haben.«
Hollins sagte: »Genau wie mir kleine Werke der Großherzigkeit bei meinen Sündern gefallen. Übrigens, nur so aus Neugier, was genau haben Sie mit dem Baum vor, den Sie gestohlen haben?«
»Der Firstbalken in der Scheune hängt ein bisschen durch«, sagte Hadda. »Ist bestimmt schon an die dreihundert Jahre da oben. Eine Weile wird er noch halten, aber ich möchte einen gut abgelagerten Ersatzbalken parat haben, wenn es so weit ist.«
»Verstehe. Dann haben Sie also vor, hierzubleiben?«
»Wohl kaum die nächsten dreihundert Jahre«, lachte Hadda. »Aber ich wüsste nicht, wo ich lieber wäre. Sie wollen mich doch wohl nicht loswerden, oder?«
»Natürlich nicht.«
»Und Sie, werden Sie auch hierbleiben?«
»Sie wollen mich doch wohl nicht loswerden, oder?«, konterte Hollins.
»Wo ich gerade dabei bin, Sie abzurichten? Ausgeschlossen. Sonst schicken Sie beim nächsten Mal noch eine Frau!«
»Das klang jetzt aber sexistisch.«
»Nein. Ich
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