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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Reginald Hill
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bin es nur nicht mehr gewohnt, mit Frauen zu tun zu haben. So, jetzt geh ich lieber mal meinen Baum entasten und schaffe ihn weg, bevor noch einer von Leons Waldarbeitern ihn da rumliegen sieht.«
    Sie traten gemeinsam hinaus in den Hof. Als sie sich verabschiedeten, sagte Hadda: »Übrigens, bestellen Sie Alva, falls sie sich doch dafür entscheidet herzukommen und ich nicht da bin, soll sie es sich gemütlich machen. Und diesmal soll sie das Kaminfeuer anzünden.«
    »Werd ich ihr ausrichten«, sagte Hollins.
    Dann ging er die harte, furchige Zufahrt hinunter und fragte sich, wie es kam, dass er mit jeder weiteren Begegnung mit Hadda zunehmend das Gefühl hatte, einen guten Freund zu treffen.

2
    Imogen Estover saß am Frühstückstisch und las die Morgenzeitung. Vor ihr stand eine Schale Müsli, die sie kaum angerührt hatte. Hinter ihr war die elektrische Warmhalteplatte auf dem Sideboard wie üblich mit einer Vielzahl von Speisen unter silbernen Tellerhauben bedeckt. Dabei spielte es keine Rolle, dass sie und ihre Eltern derzeit die Einzigen waren, die sich im Schloss aufhielten. Wenn irgendwer Lady Kira gegenüber andeutete, dass es doch unsinnig sei, für so wenige Personen eine so große Auswahl zuzubereiten, antwortete sie nur: »Warum soll ich meine Gäste besser behandeln als mich selbst?«
    Imogen blätterte um und ließ den Blick über die nächste Seite wandern. Sie las nicht richtig, sondern suchte nur nach eventuellen Artikeln über den Angriff auf ihren Mann und die Verhaftung von Pavel Nikitin.
    Sie fand keinen. Die breite britische Öffentlichkeit liebt Frischfleisch, und jeder erfolgreiche Redakteur weiß, dass die Lüge von heute sich stets besser verkauft als die Wahrheit von gestern. Es würde alles wieder von vorne losgehen, wenn Nikitin vor Gericht gestellt würde, aber ein Mann in einer Gefängniszelle und ein anderer, der komatös in einem Krankenhausbett lag, reichten nicht aus, um großes Interesse zu wecken.
    »Guten Morgen, Darling.«
    Ihre Mutter war ins Zimmer gekommen.
    »Guten Morgen, Mummy. Du bist früh auf.«
    Draußen wurde es gerade erst hell.
    »Ich schlafe in letzter Zeit schlecht. Du auch?«
    »Nein. Die Tage sind kurz, und ich dachte, ich geh heute wandern.«
    »Ja, wie ich sehe, bist du sehr rustikal gekleidet«, sagte Kira und betrachtete missbilligend die Wollsocken, die Cordhose und das karierte Hemd ihrer Tochter. »Irgendwas Neues in der Zeitung?«
    »Keine Silbe. Ich denke, du kannst jetzt wieder unbesorgt das Haus verlassen.«
    Als Imogen am Vorabend eingetroffen war, hatte sie erfahren, dass ihre Mutter seit fast vierzehn Tagen keinen Fuß mehr vor die Tür gesetzt hatte.
    Das jähe Interesse der Medien an den Ulphingstones, das nach der sogenannten Lagerhaus-Schießerei in Wapping über sie hereingebrochen war, hatte eine tagelange Belagerung des Schlosses zur Folge gehabt. Das Haupttor zu verschließen hatte wenig genutzt, da die Grenze des Anwesens lediglich von Schafzäunen und halb verfallenen Bruchsteinmauern geschützt wurde. Lady Kiras erste Reaktion war gewesen, sich eine Schrotflinte unter den Arm zu klemmen und wahllos auf jeden Fremden zu schießen, der ihr über den Weg lief. Erst nach einigen Vorfällen dieser Art, die gerade noch mal gut gegangen waren, konnte eine förmliche Verwarnung vom Polizeichef sie zu der Einsicht bringen, dass sie nicht berechtigt war, Eindringlinge zu töten, zu verstümmeln oder auch nur ernsthaft in Angst und Schrecken zu versetzen.
    »Dann sollen sie doch hier rumlaufen so viel sie wollen. Mich kriegen sie jedenfalls nicht zu sehen!«, hatte sie erklärt.
    Jetzt füllte sie sich einen Teller üppig mit Schinken, Würstchen und Rührei und nahm ihrer Tochter gegenüber Platz.
    »Wie schaffst du’s bloß, so gesund zu bleiben?«, fragte sie mit kritischem Blick auf das Müsli.
    »Das würde ich von dir auch gern wissen«, sagte Imogen.
    Es stimmte. Mit Anfang sechzig war Kira Ulphingstone fast noch genauso schlank wie damals, als sie vor über vier Jahrzehnten als junge Braut ins Schloss gekommen war. Und sie hatte ihre schlanke Linie halten können, ohne dass es sich irgendwie negativ auf ihr Aussehen ausgewirkt hätte. Die hohen Wangenknochen waren jetzt vielleicht ein wenig ausgeprägter als auf den Hochzeitsfotos, aber ihre Stirn war nach wie vor glatt, ihr Teint gut, ihre Augen waren noch immer strahlend, und ihre Figur, zumindest im bekleideten Zustand, war noch immer verführerisch kurvenreich.
    Etwas hatte sich
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