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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ein bisschen über die Gäste informiert, stellte sie ihn mit ein paar Suggestivfragen auf die Probe, um geschmeichelt festzustellen, dass er das Buch nicht nur tatsächlich gelesen hatte, sondern es offenbar wirklich anregend fand.
    Eine gewisse Erklärung für sein Interesse bot sich an, als er ihr erzählte, dass er einen Patensohn namens Harry habe, der in der Schule Psychologie als Leistungskurs gewählt habe und das Fach später studieren wolle. Prompt löcherte Childs Alva mit Fragen, wie der Junge am besten vorgehen sollte. Es ist immer schmeichelhaft, als Experte konsultiert zu werden, und so gelang es Alva erst nach dem Essen, die Unterhaltung von sich selbst auf ihren Gesprächspartner zu lenken.
    Er beschrieb seine eigene Arbeit als eine Art Berater am Innenministerium, könnte man wohl sagen . Bei jedem anderen Landsmann hätte Alva eine so vage Formulierung als Versuch gedeutet, Unwichtigkeit zu kaschieren, aber bei dieser Sorte Engländer bedeutete sie wahrscheinlich, dass er überaus wichtig war.
    Beim Abschied sagte er, wie sehr er ihre Gesellschaft genossen habe, und als sie erwiderte, ihr sei es ebenso ergangen, stellte sie zu ihrer eigenen Verwunderung fest, dass das völlig der Wahrheit entsprach. Er war wirklich ein angenehmer Gesprächspartner, was natürlich hieß, dass er ausgezeichnet zuhören konnte!
    Am nächsten Morgen war sie überrascht, aber nicht verstimmt, als er anrief, um sie zum Tee ins Claridge einzuladen. Da sie neugierig auf seine Motive war und auch (sie versuchte stets, ihre eigene Motivation ehrlich einzuschätzen) weil sie noch nie zum Tee ins Claridge eingeladen worden war, nahm sie an. Das Hotel wurde ihren Erwartungen gerecht. Childs konnte das nicht, denn an ihn hatte sie keine. Sie plauderten entspannt und kamen vom Wetter über die Widerwärtigkeit von Politikern auf persönlichere Dinge zu sprechen. Sie erfuhr, dass er von Norfolker Gutsbesitzern abstammte, allein in London lebte und sehr an seinem Patensohn hing, dessen Eltern sich bedauerlicherweise getrennt hatten. Childs hatte offenbar alles getan, um den Schaden zu minimieren, den der Junge davongetragen hatte. Es schien ihm viel an ihrer Anerkennung für seinen Umgang mit der Situation zu liegen, und Alva genoss erneut das Vergnügen, als Autorität betrachtet zu werden.
    Später hatte sie, ohne recht zu wissen, wieso, noch dazu das vage Gefühl, taxiert zu werden.
    Aber im Hinblick worauf? Den Gedanken, dass es sich um die frühe Phase einer ziemlich altmodischen Verführungstechnik handeln könnte, verwarf sie.
    Dann lud er sie ein paar Tage später zum Lunch in ein Restaurant in Soho ein, das sie nicht kannte. Als sie dort ankam und feststellte, dass sie anklopfen musste, um eingelassen zu werden, meldete sich die Verführungstheorie zurück. War das vielleicht die Art von Etablissement, wo ältere Gentlemen sich in kleinen, mit Jugendstilkitsch dekorierten Séparées Liebesfreuden gönnten? Falls ja, was stand dann wohl auf der Speisekarte?
    Sie klopfte, trat ein und wusste nicht, ob sie erfreut oder enttäuscht sein sollte, als sie in einen luftigen Speisesaal mit großzügig angeordneten Tischen geleitet wurde. Jedweder noch verbliebene Argwohn wurde schließlich zerstreut, als sie einen zweiten Mann an dem Tisch sitzen sah, zu dem man sie führte.
    Childs sagte: »Dr. Ozigbo, ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich Simon Homewood mit eingeladen habe. Homewood, das ist Alva Ozigbo. Ich hab Ihnen von ihr erzählt.«
    »Dr. Ozigbo«, sagte der Mann und hielt ihr die Hand hin. »Entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Nicht so entzückt wie ich, dachte sie, als sie seine Hand schüttelte. Das musste Simon Homewood sein, Direktor des Parkleigh-Gefängnisses, der mit seinen liberalen Ansichten zur Behandlung von Häftlingen bei seiner Ernennung vor sechs Jahren auf reges Medieninteresse gestoßen war und entweder verächtliches Gelächter oder begeisterten Applaus geerntet hatte, je nachdem, welche Zeitung man las.
    Oder vielleicht, so bremste sie sich selbst, während sie Platz nahm, ist das ja ein ganz anderer Simon Homewood, vielleicht der Krisenmanager der Familie Childs, der gekommen war, um sich diese seltsame junge Frau mal anzuschauen, in die sich der trottelige alte John verguckt hatte.
    Die Frage war schnell zu klären.
    »Wie ist das Leben in Parkleigh, Mr Homewood?«, erkundigte sie sich.
    Er lächelte breit und sagte: »Ich vermute, das kommt drauf an, ob man es von innen oder von außen

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