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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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dass die enorme Publicity, die Haddas Verurteilung wegen Pädophilie ausgelöst hatte, einen fairen Prozess in der Betrugssache unmöglich machte. Der Richter hatte dieses Argument abgewiesen und gesagt, das Gericht würde entscheiden, was fair war und was nicht. Doch allen Berichten nach hatte Hadda auf der Anklagebank eine dermaßen unattraktive und teilnahmslose Figur abgegeben, dass er wahrscheinlich auch dann schuldig gesprochen worden wäre, wenn man ihn beschuldigt hätte, ein Al-Kaida-Terrorist zu sein.
    Sie verstand die Gefühlslage der Geschworenen. Hadda hatte sich nicht bemüht, einen positiven Eindruck zu machen. Selbst seit er angefangen hatte, mit ihr zu reden, legte er immer noch eine massive Gleichgültigkeit an den Tag. Das störte sie an und für sich nicht. Psychiater hatten die Aufgabe, Vertrauen zu wecken, nicht Zuneigung. Aber es verwunderte sie, und sei es auch nur, weil ihre Patienten im Gefängnis stets in zwei Kategorien fielen – diejenigen, die sie ablehnten und fürchteten, und die anderen, die sie als eine potenzielle Verbündete in ihrem Kampf um Begnadigung sahen.
    Hadda war anders. Obwohl er mittlerweile genug von seiner Strafe abgesessen hatte, um für eine Freilassung auf Bewährung in Frage zu kommen, hatte er weder einen entsprechenden Antrag gestellt, noch auch nur das geringste Interesse daran gezeigt.
    Natürlich hätte er damit kaum Aussichten auf Erfolg gehabt. Bei einer solchen Straftat war kaum ein Bewährungsausschuss gewillt, dich wieder in die Gesellschaft zu entlassen, schon gar nicht ohne ein Schuldeingeständnis oder eine erfolgreiche Therapie.
    Aber immerhin hatte Hadda angefangen, über sich zu schreiben. Das war doch wohl ein Erfolg.
    Und heute war irgendetwas anders an ihm, etwas, das erst spürbar wurde, nachdem er angefangen hatte zu reden. Eine unterschwellige Unruhe oder, falls das Wort zu stark war, zumindest eine gewisse Bemühtheit in seiner Selbstbeherrschung.
    Sie sagte: »Wilfred … Wilf…«
    Beide Versionen seines Namens kamen ihr schwer über die Lippen, hatten den Beigeschmack der aufgesetzten Vertraulichkeit von Krankenhaus oder Pflegeheim. Sein Gesichtsausdruck signalisierte, dass ihm ihr Problem Vergnügen bereitete.
    Sie sagte: »… Wolf.«
    Er nickte, als hätte sie ihre Sache gut gemacht, und sagte: »Ja, Elfe?«
    Ihr Spitzname ging ihm leicht von der Zunge, beinahe eifrig, als wäre sie eine alte Freundin, auf deren Worte er freudig wartete.
    Sie sagte: »Was denken Sie heute über Imogen?«
    Er runzelte die Stirn, als wäre das nicht die Frage, auf die er wartete.
    »Über die Tatsache, dass sie die Scheidung eingereicht hat? Oder die Tatsache, dass sie danach meinen ehemaligen Anwalt und Freund Toby Estover geheiratet hat? Ich frage mich, wie das mit den beiden wohl so klappt.«
    Er sprach beiläufig, fast spöttisch. Eine Fassade, vermutete sie. Und sie vermutete auch, dass er ziemlich gut wusste, wie das mit den beiden so klappte. Moderne Gefängnisse hatten schon lange keine Ähnlichkeit mehr mit der Bastille oder dem Chateau d’If, wo ein Mensch vergessen und vergessend vor sich hinvegetierte, ohne vom Gang der Geschichte draußen etwas mitzubekommen. Sie hatte sich über das glückliche Paar schlaugemacht, aus rein beruflichem Interesse, wie sie sich eingeredet hatte. Estover war inzwischen wenn nicht unbedingt eine Berühmtheit, so doch einigermaßen prominent. So gefragt, wie er war, konnte er sich seine Mandanten aussuchen, und dass er vor allem Fälle übernahm, die ein Höchstmaß an Publicity versprachen, konnte ihm kaum zum Vorwurf gemacht werden.
    Die schöne Imogen wiederum war so schön wie eh und je. Alva hatte ein recht aktuelles Foto von ihr gesehen, aufgenommen auf dem cumbrischen Friedhof, wo die Asche ihrer Tochter in der Familiengruft beigesetzt wurde. Kein Ereignis, das die Weltpresse anlockte, aber ein Lokalreporter war dabei gewesen und hatte einen Schnappschuss mit dem Handy gemacht. Per Zufall waren ihm Licht, Winkel und Hintergrund so gelungen, dass das Bild eine düstere, bedrückende Stimmung wie aus einem Brontë-Roman ausstrahlte, und der Observer hatte es wohl eher deswegen abgedruckt als wegen seines Nachrichtenwertes.
    Sie sagte: »Ich habe mich einfach gefragt, was Sie empfinden, wenn ich ihren Namen erwähne.«
    »Hass«, sagte er.
    Das verblüffte sie.
    Er sagte: »Sie sehen überrascht aus. Weil ich so empfinde oder weil ich es ausspreche?«
    »Beides. Es ist so ein absoluter Begriff …«
    »Es

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