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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sogar richtig versessen darauf, sich mit mir anzufreunden, aber ich fühlte mich immer irgendwie anders als sie. Vielleicht weil ich mich nicht die Bohne dafür interessierte, wer Fußballmeister in der Ersten Liga wurde, vielleicht lag der Grund auch tiefer. Auch viele Mädchen suchten freundschaftlichen Kontakt zu mir, aber ich konnte absolut nichts mit ihnen anfangen. Mit den Jungs konnte ich wenigstens rumrennen und toben und balgen. Es dauerte lange, bis mir klar wurde, dass das auch mit Mädchen ging.
    Dann kam die Sekundarschule. Dort fanden die üblichen Machtkämpfe statt, aber ich war schon immer sehr jähzornig. Weder Größe noch Zahl machten da einen Unterschied – wenn sich einer mit mir anlegte, machte ich meinem Namen alle Ehre und reagierte wie ein wildes Tier. Ich stürzte mich mit Fäusten, Füßen und Zähnen auf jeden Widersacher, bis er blutend auf dem Schulhof lag. Schließlich hörten die körperlichen Schikanen auf, aber es waren immer noch Rechnungen offen. Eines Tages – ich war ungefähr zwölf – brach jemand meinen Spind auf und besprühte meine Sachen mit Autolack. Ich konnte mir denken, wer das gewesen war. Zu der Zeit brachte mein Vater mir gerade bei, wie man mit einer kurzen Holzfälleraxt umging, und am nächsten Morgen schmuggelte ich sie mit in die Schule und schlug den Spind des Verdächtigen und alles, was drin war, kurz und klein. Sämtliche Mitschüler dachten, ich würde dafür von der Schule fliegen oder zumindest für eine Weile vom Unterricht ausgeschlossen werden, aber der Schulleiter begnügte sich damit, mir eine lange Standpauke zu halten und Dad für den Schaden haftbar zu machen.
    Fred hielt mir keine Standpauke, sondern verpasste mir eine schallende Ohrfeige, allerdings nicht, wie er deutlich machte, weil ich die Sachen des anderen Jungen zerstört hatte, sondern weil ich eine tadellose Axt ruiniert hatte.
    Danach, aber sicherlich auch, weil ich mit jedem Monat größer und stärker wurde, ließen mich die Möchtegernschlägertypen in Ruhe. Ich war nicht blöd, ich tat genug für die Schule, um mitzukommen, und aus irgendeinem Grund waren die Lehrer sehr nachsichtig mit mir. Ich hab mich nie bei ihnen lieb Kind gemacht, aber die meisten schienen mich zu mögen, und ich glaube, sie haben mir Sachen durchgehen lassen, für die andere Kinder eins aufs Dach gekriegt hätten. Ich schloss wohl auch deshalb keine engen Freundschaften, weil ich außerhalb der Schule am liebsten allein war. Aber ich gehörte immer mit zu den Ersten, die ausgewählt wurden, wenn wir für irgendwelche Schulhofspiele Mannschaften bildeten.
    Die einzigen wichtigen Kontakte machte ich mit dreizehn Jahren, als ich meinen Unfall hatte. Sie haben bestimmt von meinem Unfall gehört, Elfe, der, von dem ich die Narbe auf dem Rücken zurückbehalten habe, mit der die Schweine in meinem Prozess beweisen wollten, dass ich auf diesen dreckigen Videos war. Es war wirklich ein Unfall, keine Leichtsinnigkeit von mir. Ein Felsbrocken, der Tausende von Jahren fest verankert gewesen war, löste sich ausgerechnet in dem Moment, als ich mich auf ihn stellte. Ich stürzte auf einen vereisten Hang und rutschte ein paar hundert Meter in die Tiefe. Als die Männer der Bergwacht mich erreichten, dachten sie, ich wäre hinüber. Hab ich das nicht schon in einem meiner Ergüsse erwähnt? Ich glaube ja, daher wissen Sie, dass ich bis auf die schlimme Narbe auf dem Rücken zum Glück keinen dauerhaften Schaden davontrug, und schon wenige Monate später war ich wieder in den Bergen unterwegs.
    Aber durch dieses Erlebnis hatte ich hautnah erfahren, was für ein prima Haufen das Team von der Bergwacht war. Sie waren wirklich sehr nett zu mir. Ich war zu jung, um offiziell bei ihnen mitzumachen, aber sie hatten nichts dagegen, als ich mich immer öfter bei ihnen blicken ließ, bis zwei von ihnen mich schließlich unter ihre Fittiche nahmen und mir richtig Bergsteigen beibrachten.
    Natürlich musste ich manchmal insgeheim lachen, wenn sie mich vor einem relativ leichten Aufstieg, den ich jahrelang mutterseelenallein und behände wie ein Affe erklommen hatte, umständlich anseilten, aber ich wurde allmählich vernünftig und hielt die Klappe.
    Und jetzt kommen wir endlich zu Imogen.
    Ich war fünfzehn, als ich sie das erste Mal sah, sie war – ist – ein Jahr jünger.
    Ich wusste, dass Sir Leon eine Tochter hatte, und ich hatte sie sicher auch vorher schon mal zu Gesicht bekommen, aber das war das erste Mal, dass ich sie

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