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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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bemerkte ein amüsiertes Funkeln in dem einen Auge des Mannes, was ihn erleichterte. Spöttelei war in Ordnung. Die gehörte zu seinem Beruf dazu. Äxte dagegen …
    Er sammelte sich und sagte: »Ich bin Luke Hollins, Ihr Vikar. Ich dachte, ich schau mal vorbei und erkundige mich, wie Sie sich so eingelebt haben. Tut mir leid, die Sache hier … wahrscheinlich Jugendliche, die keinen Alkohol vertragen …«
    Er deutete auf die Schmiererei und die zerbrochenen Fenster.
    »Die haben also einfach nur ein bisschen Dampf abgelassen?«, sagte Hadda. »Wobei Jimmy Frith ihnen vorher ordentlich eingeheizt hat, schätze ich. Jimmy ist doch noch immer Wirt im Dog, oder? Weiß der Himmel, wie er sich vierzig Jahre hat halten können, wo er doch selbst sein bester Kunde ist. War immer ein hoher Preis, wenn man nur ein Bier trinken wollte und sich dabei anhören musste, wie er die Welt rettet.«
    »Könnten wir ins Haus gehen, Mr Hadda?«, sagte Hollins. »Sie sehen aus, als wäre Ihnen kühl. Spazieren Sie immer nackt herum?«
    »Nein. Ich komme gerade von meiner morgendlichen Dusche. Ich krieg mein Wasser von dem Bach hinterm Haus, aber bei dem schwachen Wasserdruck ist es einfacher, wenn ich rausgehe und mich an der Quelle wasche. Es gibt da einen kleinen Wasserfall, unter den ich mich setzen kann. Ich hab Ihr Auto gehört, und nach diesem Erlebnis neulich …«
    Er wandte sich ab und ging ums Haus herum. Als er an einem Hackklotz vorbeikam, hob er die Axt und schlug sie hinein. Er tat das mit einer Hand und so lässig, dass Hollins froh war, den Mann nicht durch irgendetwas provoziert zu haben. Falls das je passieren sollte, wäre wohl die beste Strategie, so befand er, die Beine in die Hand zu nehmen. Das kaputte linke Bein des Mannes schien steif zu sein, was einen schwerfälligen, wiegenden Gang verursachte. In Verbindung mit den Entstellungen im Gesicht hätte die Wirkung eigentlich monströs sein müssen, doch während Hollins hinter ihm her ging, ertappte er sich dabei, wie er genüsslich das Muskelspiel auf dem breiten vernarbten Rücken beobachtete. Er senkte den Blick zu den straffen, glatten Gesäßbacken und schlug dann rasch die Augen gen Himmel.
    Vorsicht, mein Lieber!, ermahnte er sich. Du bist ein glücklich verheirateter Geistlicher der Kirche von England.
    Drinnen im Haus war es nicht viel wärmer als draußen. Im offenen Kamin in der Küche war ein Holzfeuer vorbereitet.
    Hadda sagte: »Halten Sie doch bitte ein Streichholz dran, ja? Sneck, lieg!«
    Der Hund legte sich quer vor den Kamin und stieß erneut ein tiefes Knurren aus, als Hollins sich behutsam über ihn beugte, um das Feuer anzuzünden. Es flammte schnell auf, und er setzte sich an den alten Tisch und nahm seine Umgebung in Augenschein.
    Der Raum sah aus, als hätte er sich in den letzten hundert Jahren kaum verändert. In dem schwarzen Deckenbalken steckten Haken, um Schinken daran aufzuhängen, die kleinen Fensterscheiben waren wolkig und uneben, und alles Holz hatte das ausgebleichte, verwitterte Aussehen, das sich nur durch lange Benutzung oder viel Geld einstellt. Der grobe Putz an den Wänden folgte den Wölbungen und Dellen der Granitsteine, aus denen sie erbaut waren. Fast in Deckenhöhe hing eine alte Stockuhr an einem langen Nagel, der in eine Ritze zwischen zwei Steinen getrieben worden war. Darunter hielt ein kürzerer Nagel, der in derselben Ritze steckte, ein Sticktuch mit Schriftzug, der aber durch eine dicke Schicht von Spinnweben unleserlich geworden war. Das Mobiliar bestand aus einem quadratischen Eichenholztisch, der so alt wie das Haus sein mochte, drei Küchenstühlen, die möglicherweise ein paar Jahrhunderte jünger waren, und einem Schaukelstuhl mit abgewetzter Sitzfläche am Kamin. Das zwanzigste Jahrhundert war durch einen alten Elektroherd vertreten, und das einundzwanzigste durch einen chromblitzenden Wasserkocher neben der Spüle.
    Für einen leicht surrealen Anstrich sorgten ein kleines unaufgeblasenes Schlauchboot und eine Fußpumpe, die in einer Ecke lagen.
    Hollins starrte einen Moment darauf, dann wandte er sich dem Sticktuch zu. Er wollte die Spinnweben nicht beiseitestreichen, daher musste er sich vorbeugen, um durch die silbrigen Fäden hindurch die gotische Schrift zu entziffern, die akribisch von einer Menschenhand hineingestickt worden war.
    Es war das Vaterunser.
    »Machen Sie sich keine großen Hoffnungen, Padre«, sagte Hadda trocken von der Innentür aus. »Ich glaube, es verdeckt einen

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