Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
flirten versuchte und alle zehn Minuten in den Waschraum ging. Und ohne Amber – definitiv ohne Amber!
Sie war nicht mehr daran gewöhnt, ihren Willen nicht zu bekommen, dadurch fiel es ihr jetzt umso schwerer, diese Scharade der glücklichen Familie spielen zu müssen, obwohl sie viel lieber in ihrem hübschen Haus gewesen wäre und sich in Jogginghose irgendeine fürchterliche Show im Fernsehen angesehen hätte. Sie liebte das amerikanische Fernsehen.
»Wieso muss ich mir das antun?«, beklagte sie sich bei Jen, als diese sie schminkte. Das tat sie immer, bevor Chelsea ausging – der Vorteil, wenn man eine Visagistin als Hausgenossin hatte. »Ich will überhaupt nicht – warum muss ich also?«
»Weil du den Freund deiner Schwester gevögelt hast und nun Buße tun musst«, sagte Jen, während sie Bronzepuder auftrug. »Sorry, Liebes, aber das ist die Wahrheit, und du weißt es.«
»Mein Gott, Jennifer, du bist meine Freundin und solltest etwas anderes sagen.« Chelsea verzog schmollend den Mund. »Willst du mir vielleicht noch ein paar Wahrheiten auftischen?«
Jen zog eine Augenbraue hoch, schwieg aber.
»Es ist bloß so verdammt demütigend«, fuhr Chelsea nach einem Moment fort. »Als würde es mich interessieren, was Mum oder Amber denken. Ich freue mich auf Onkel Derek, aber das war’s auch schon …«
Jen höre nicht richtig zu. Sie kaute abgestorbene Hautfetzen von ihren Fingern. Chelsea hasste das, aber als sie Jen gebeten hatte, das in ihrer Gegenwart zu lassen, hatte ihre Freundin sie nur angestarrt und gelacht: »Für wen hältst du dich eigentlich – Königin Viktoria? Komm mal wieder runter!«
Manchmal war es schwer zu ertragen, eine Mitbewohnerin zu haben, vor allem wenn die Mitbewohnerin nicht begriff, dass das Haus nicht ihr gehörte, und auch keinen Respekt davor hatte, mit einem verdammten Filmstar zusammenzuwohnen. Chelsea war längst klargeworden, dass sie Jen nicht so gut kannte, wie sie gedacht hatte.
»Und Leo?«, sagte Jen. »Den hast du doch auch schon einige Tage nicht gesehen, richtig? Jedenfalls war er eine Weile nicht hier.«
»Leo? Ja.« Chelsea beobachtete Jennifer im Spiegel. »Lass es gut sein mit dem Eyeliner, okay? Ich wollte nicht wie ein Transvestit aussehen.«
Jen seufzte. »Du bist eine echte Plage, weißt du das?« Sie klopfte Chelsea sanft auf die Schulter, als es an der Tür klingelte. »Da ist Leo schon.«
Chelsea warf ihr einen Seitenblick zu. »Jen, bist du so lieb und sagst ihm, dass ich in fünf Minuten komme? Und könntest du mir ausnahmsweise eine Cola light raufbringen?«
Jen seufzte wieder, schwieg aber und ging hinunter. »Hi, Leo«, hörte sie sie rufen. Chelsea lächelte ihr Spiegelbild an. Jen musste wissen, dass sie sich glücklich schätzen konnte, für eine lächerliche Miete in diesem Haus wohnen zu dürfen. Und sie lernte Leo und sein Umfeld kennen. Ein Mann wie Leo konnte eine Karriere aufbauen, wenn er Lust dazu hatte; er konnte jedoch auch Karrieren vernichten. Chelsea schauderte. Sie musste vorsichtig sein. Leo war immer noch einer der einflussreichsten Männer in Hollywood, auch wenn sie selbst sich längst nicht mehr von ihm beeindrucken ließ.
Sie tupfte etwas Chanel No. 19 auf ihre Handgelenke und hinter die Ohren; ein klassisches Parfum, stilvoll und traditionell, nicht so einen Popstar-Promotion-Quatsch, mit dem sich Amber damals in ihrer Britney-für-Arme-Phase eingenebelt hatte. Sie, Chelsea, hatte Stil und war eine klassische Hollywood-Diva, das sagte jeder, und die langweilige kleine perfekte Miss Amber würde ihr keine Schuldgefühle mehr machen. Nicht mehr.
Sobald sie beim Hotel ankam, das jedermann nur als Pink Palace bezeichnete, wusste sie, dass ihre Ahnung sich bewahrheiten würde: Es würde ein elender Abend werden.
Leo übernahm wie immer die Regie. Er sah verdammt gut aus in seinem schwarzen Anzug und der Seidenkrawatte. Seine schwarzen vollen Haare wirkten wie eine Löwenmähne, und der Ausdruck in seinem glatten Gesicht war selbstzufrieden: Noch immer war er entzückt über die Tatsache, dass sich zwei Schwestern um ihn stritten, und er liebte große Familienaussprachen. Um nichts in der Welt hätte er sich diese Sache hier entgehen lassen. Er gab sich extrem höflich und charmant, besonders Amber gegenüber, als seien sie beide nur ehemalige Kollegen, nichts weiter. Mit Margaret flirtete er wie immer, und sie schien zu erbeben, wann immer er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte; selbst nach all den Jahren
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