Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
Bestes …«
Wieder brach sie in Tränen aus. Im Augenblick kam es ihr so vor, als sei alles, was sie im Leben geplant, getan, zu erreichen versucht hatte, auf diesen einen Punkt zugesteuert, und nun war alles nichts als ein Trugbild. Sie hatte ihre Zeit verschwendet. Sie hatte beide Töchter unglücklich gemacht, obwohl sie doch eigentlich nur versucht hatte, sie zu lieben und ihnen dabei zu helfen, das Beste aus sich herauszuholen – das Leben zu führen, das sie sich gewünscht hatte! Und was hatte es gebracht? Margaret rang nach Luft.
»Es tut mir so leid«, sagt sie leise, aber Chelsea war fort, und Amber hörte nicht zu – sie befand sich in ihrer eigenen Welt.
Dann hörte sie wieder seine Stimme: »Nicht weinen, Maggie, Liebes. Ich kann es nicht ertragen, wenn du weinst.«
Und zum ersten Mal seit fast dreißig Jahren korrigierte Margaret ihn nicht. Unter Tränen sah sie zu ihm auf. »Es ist alles meine Schuld.«
Sie ließ den Kopf an seine Schulter sinken, schloss die Augen und atmete tief durch. Sie hatte keine Kraft mehr.
»Ist es nicht«, murmelte Derek. »Hör endlich auf, dich immer um alle anderen zu kümmern, mein Herz. Es wird Zeit, dass ich mich um dich kümmere.«
»Nein«, sagte sie, »ich komme bestens allein klar, Derek. Ich …«
Und wieder sagte Derek die Zauberworte, flüsterte sie in ihr Ohr, damit nur sie sie hören konnte: »Komm mit mir zurück nach Soho, Maggie May. Wir können schon morgen zu Hause sein. Komm zurück, es ist Zeit.«
Amber saß allein am Kopf des Tisches und fühlte sich leer. Sie zitterte leicht, während sie zusah, wie Onkel Derek ihre Mutter tröstete. Sie wusste, dass Leo irgendwo draußen versuchte, Chelsea einzuholen, um die Dinge wieder geradezubiegen. Doch sie, Amber, hatte niemanden. Wochenlang hatte sie darüber nachgedacht, wie übel man ihr mitgespielt hatte, hatte sich selbst leidgetan und Pläne geschmiedet, hatte sich vom braven gehorsamen Mädchen zum skrupellosen Biest entwickelt … und wofür?
Sie hatte geglaubt, Rache würde ihr guttun.
Doch stattdessen fühlte sie sich elender denn je.
50
A ls sie an jenem Abend zu Hause ankam, nachdem sie den ganzen Weg vom Restaurant nach Hause gerannt war – barfuß wie in alten Zeiten –, warf sie als Erstes Jen hinaus. Sie schleuderte all ihre Sachen auf den Bürgersteig, schob die schluchzende und zeternde Jen hinterher und schrie sie an, sich ja nie wieder blicken zu lassen. Ob jemand die Szene beobachtete, war ihr egal. Mochte ja sein, dass sie Dereks Tochter war, doch was die Wucht ihres Zorns anging, schenkten sie und Margaret sich nichts.
»Du kannst mich doch nicht einfach vor die Tür setzen, Chelsea – Chelsea! Ich weiß nicht, wo ich hinsoll.« Jen kroch auf dem Gehweg herum und suchte ihre Sachen zusammen. Zum Glück war die Gegend nachts um diese Zeit so gut wie ausgestorben. Aber in Beverly Hills ging ohnehin niemand einfach so zu Fuß.
Chelsea stand auf ihrer Türschwelle und musterte Jen; ihr Eyeliner war verschmiert, und sie hatte sich bei einem Sturz auf der Auffahrt eine Laufmasche in die Strumpfhose gerissen. »Warum sollte mich das interessieren?«, fragte Chelsea mit echtem Erstaunen. »Du bist ein Miststück, ein echtes Miststück. Wie kannst du es wagen, so etwas zu tun? Wir sind Freundinnen gewesen.«
»Freundinnen?« Jen raffte die letzten Sachen zusammen und stopfte sie in einen großen Müllsack. »Wir waren nie Freundinnen, du dumme Schlampe. Du hast mich doch wie den letzten Dreck behandelt. Oder wie eine Haushälterin, je nachdem, wie du dich gerade gefühlt hast. Ich bin bei dir eingezogen, weil es für mich billig war und um deine Beziehungen zu nutzen.« Sie grinste, und im Licht der Straßenlaternen funkelten ihre Augen. »Und deine Beziehungen habe ich wahrlich genutzt. Leo hat mir massenhaft Aufträge verschafft.«
Chelsea schüttelte den Kopf. Ihr Herz hämmerte heftig. »Wow, du bist ja widerlich.«
»Vielleicht, ja«, sagte Jen. »Diese Stadt ist hart. Du hast mich genauso benutzt wie ich dich. Du wolltest so tun, als hättest du eine Freundin, also hast du mich zu dir geholt. Aber du willst gar keine Freundin. Du willst niemanden. Du bist doch innerlich tot. Mach’s gut, und schlaf schön. Wir sehen uns.«
Und damit wandte sie sich um und ging davon, und Chelsea blickte ihr mit offenem Mund hinterher.
Ihre zweite Aktivität bestand darin, mit Leo Schluss zu machen, und das dauerte länger, denn er brauchte eine Woche, bis er es kapiert
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