Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
Bar, Chels?«
»Klar, komme gleich«, rief sie zurück.
»Nein, ernsthaft«, sagte Simon. »Ich hatte ganz vergessen, wie gut du bist, Chelsea. Die Intensität, die bei unserer ersten Begegnung in der BBC zu spüren war – du hast sie immer noch. Dir heute Abend zuzusehen war ein reines Vergnügen.«
Chelsea nahm ihre Tasche. »Hör auf, mir zu schmeicheln, sonst hebe ich noch ab. Darf ich dich auf einen Drink einladen, Simon?«
»Gerne«, sagte er. »Aber Moment noch. Ich wollte dich etwas fragen.«
Sie lächelte ihn an. »Na klar.«
»Hast du mal überlegt, das hier auszuweiten?«
»Was?« Sie sah sich verwirrt um.
Er lachte. »Die Schauspielerei, Chelsea. Ein Wiedereinstieg. Und? Hast du darüber nachgedacht?«
»Oh«, sagte sie und schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, Simon. Ich bin ganz glücklich hiermit.«
»Wirklich?«, fragte er ungläubig.
Chelsea musste erneut lachen. »Ja, doch. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, aber das hier reicht, glaub’s mir. Alles hat sich gut entwickelt, und ich will mein Glück nicht überstrapazieren.«
Simon öffnete den Mund, um zu protestieren, aber sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Ich meine es ernst. Komm, lass uns einen trinken. Die warten auf den Schlüssel zur Kasse, das gierige Pack.«
Simon ließ sich von Chelsea nicht an der Nase herumführen. Das hatte sie auch früher nicht geschafft. Als er Stunden später im Taxi nach Chiswick saß, blickte er aus dem Fenster und dachte über ihr Gespräch nach. Er war immer der Überzeugung gewesen, dass sie etwas ganz Besonderes besaß, etwas fast Beängstigendes, das sie antrieb und ihr Talent prägte. Falls er jemals gedacht haben sollte, dass es verschwinden würde, so hatte er sich geirrt. Und er glaubte nicht, dass sie in ihrer momentanen Position glücklich war. Chelsea hatte mehr in sich. Und es reichte nicht, ein Mal wöchentlich auf der Bühne zu plaudern.
Am nächsten Tag traf sich Simon zum Essen im Soho House mit Tristan Jones, einem alten Freund von der BBC, der bei ITV die Abteilung Serien leitete. Wie man sich in der Branche erzählte, steckte ITV momentan alles in ein neues Projekt namens Fortunes.
Fortunes war eine wichtige Serie mit fantastischem Drehbuch, hohem Produktionswert und einem dicken Budget. Es sollte eine neue Art Krimiserie für das 21. Jahrhundert sein: mutig, urban, aufrichtig. Man hatte schon zwei Wochen gedreht.
Aber irgendwie ging alles schief. »Es ist ein echter Alptraum, um ehrlich zu sein«, sagte Tristan. »Eigentlich sollten wir das Projekt abblasen.«
»Warum denn das?«, fragte Simon und schenkte sich ein weiteres Glas Chablis ein.
»Wegen Jenny Simmons. Sie ist einfach schauderhaft.«
»Aber spielt sie nicht … die Hauptrolle?«
»Jep.« Tristan seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Aber sie passt hinten und vorn nicht. Zu hübsch, zu bieder, zu prüde. Sie soll eine abgebrühte Polizistin aus einer knallharten Arbeiterfamilie spielen. Aber sie ist süß und sanft.«
»Warum habt ihr sie dann …?«
Tristan seufzte wieder. »Weil wir einen großen Namen brauchten, und sie hat einen. Außerdem dachte ich, dass jemand wie sie der Rolle etwas mehr Menschlichkeit einhauchen könnte. Sie muss zäh sein, aber trotzdem ein gutes Herz haben, weißt du?« Er blickte auf seinen Teller hinab. »Ich weiß nicht, was wir machen sollen. Die Personen müssen einfach stimmen. Sie tragen schließlich die verdammte Serie.«
Und Simon Moore sagte nachdenklich: »Ich glaube, bei dieser Sache könnte ich aushelfen.«
Als Simon ihm seine Idee erklärt hatte, dachte Tristan zuerst, sein Freund hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank. »Sie ist doch ein Junkie! Mit der kann man nicht arbeiten.«
Aber je länger Simon redete, umso genauer hörte Tristan zu. Schließlich hatte Simon vollkommen recht: Chelsea hatte schon einiges erlebt. Man konnte es ihrem Gesicht ansehen. Sie war sechsundzwanzig Jahre alt, wirkte aber älter, denn die durchgemachten Nächte, Alkohol, Drogen und Zigaretten hatten ihren Tribut gefordert.
Und doch hatte sie noch immer diese unglaublichen blauen Augen … und das gewisse Etwas.
Und als Tristan am folgenden Sonntag mit ins Roxy’s kam, war er restlos überzeugt.
»Meine Güte«, sagte er zu Simon während der Show, »sie hat wirklich keine Ahnung, wie gut sie ist, nicht wahr?«
»Nein«, flüsterte Simon. Er blickte hinauf zu Chelsea mit ihrem tragischen Lächeln, den glitzernden dunklen Augen, der fast
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