Rache
Jeff.
»Bestimmt nicht länger als fünf Minuten«, erwiderte Sherry. »Dann weiß er, dass es leer steht und wir ihn reingelegt haben. Gut möglich, dass er sich dann hier umsieht.«
»Du hast Recht«, sagte Pete. »Wir tragen das Zeug gleich rein.«
»Wäre mir lieber«, antwortete Sherry und humpelte in Richtung Terrassentür.
»Geht’s denn?«, fragte Jeff.
»So grade.«
Sie schaffte es tatsächlich bis ins Haus.
Jeff und Pete mussten zweimal gehen, bis sie alle Sachen in der Küche hatten. Zum Schluss holte Jeff auch noch seine Kleider, und während Pete die Terrassentür verriegelte, schlüpfte er in seine Jeans.
»Wollt ihr etwa so gehen?«, fragte Jeff.
»Nein, ich ziehe mir gleich was an«, erwiderte Pete und zog die Vorhänge zu.
»Und was ist mit mir?«, fragte Sherry, die vor der Eingangstür wartete.
Pete eilte zu ihr.
»Könntest du mir vielleicht ein Hemd leihen?«
»Willst du mitkommen und dir eines aussuchen?«
»Nein, ich warte lieber hier. Bring mir einfach irgendeines. Wir müssen uns beeilen.«
»Sofort.« Er zog sich die Badehose hoch und eilte den Gang entlang zu seinem Zimmer.
»Habt ihr vielleicht eine Waffe im Haus?«, rief Sherry ihm hinterher.
»Ja.«
»Dann nimm sie lieber mit. Ich weiß, dass Toby eine Pistole hat.«
50
----
Als Toby sich in der Küche die Schuhe anzog, fiel ihm an der Kühlschranktür ein rosafarbener Zettel mit zwei comicartigen Zeichnungen von Autos auf. Das linke Auto war sehr schmutzig, aber das rechte blitzte nur so vor Sauberkeit. Die Botschaft auf dem Zettel verkündete in handgeschriebenen Großbuchstaben:
IST IHR AUTO SCHMUTZIG?
DANN BRAUCHT ES EINE WÄSCHE!
UND WIR BRAUCHEN EINEN NEUEN COMPUTER
FÜR DIE SCHÜLERZEITUNG!
KOMMEN SIE ZU UNS!
DANN HABEN WIR ALLE WAS DAVON!!!
WANN? SAMSTAG, 9-17 UHR
WO? AUF DEM PARKPLATZ DER FAIRVIEW HIGHSCHOOL
FAIRVIEW BOULEVARD, LOS ANGELES
PREIS: EINE SPENDE VON 5 DOLLAR
WENN SIE MIT UNSERER ARBEIT NICHT ZUFRIEDEN SIND,
MACHEN WIR IHR AUTO KOSTENLOS WIEDER SCHMUTZIG!
In blauer Tinte hatte jemand unter den letzten Satz die Worte »wie putzig!« geschrieben.
Ob das wohl Brenda gewesen ist?, fragte sich Toby. Kann schon sein.
Er fand das gut.
Pfiffige Kleine. Das wird bestimmt ein Spaß mit ihr. Die wird sich wehren bis zum Letzten.
Toby riss den Zettel so heftig vom Kühlschrank, dass der kleine Magnet, mit dem er befestigt war, auf den Küchenboden fiel. Es war eine kleine Plastikfigur von I-ah, dem Esel aus Pu, der Bär, die wie durch ein Wunder nicht zerbrach.
Toby ließ sie liegen und las die Ankündigung noch einmal durch.
Fairview Highschool. Das dürfte ja nicht allzu schwer zu finden sein. Und weit weg von hier ist es bestimmt auch nicht.
Aber sollte er sich wirklich Brenda schnappen? Oder lieber noch einmal Sherry?
Eine schwere Entscheidung.
Bevor er Sherrys Botschaft auf dem Anrufbeantworter gehört hatte, war alles völlig einfach und klar gewesen: Erst hätte Toby die Eltern umgebracht, dann hätte er sich Brenda geschnappt, sie zu seinem Haus gebracht und sich mit ihr amüsiert.
Jetzt, wo er wusste, dass Sherry noch am Leben war, war dieser Plan kaum mehr durchführbar. Und außerdem wusch Brenda auf ihrer Highschool Autos, und es gab keine Garantie dafür, dass er sie überhaupt finden würde. Vielleicht brauchte er Stunden, bis er die Schule gefunden hatte, wenn er sie überhaupt fand. Darüber hinaus war es alles andere als klug, sich Brenda zu schnappen, so lange Sherry noch am Leben war.
Wie hatte sie das alles nur überleben können?, fragte er sich. Sie muss in einem entsetzlichen Zustand sein.
Aber am Telefon hat sie gar nicht so entsetzlich geklungen.
Toby verließ das Haus und ging zu seinem Wagen. Den Zettel nahm er mit.
Alles verändert sich ständig, dachte er im Gehen. Jetzt weiß ich, wo ich Brenda finden kann, aber ich weiß auch, dass Sherry noch am Leben ist. Und sie weiß, wer ich bin und kann mir die ganze Polizei von L.A. hinterherhetzen.
Aber warum hat sie das nicht schon längst getan?
»Gute Frage«, murmelte er.
Als er erkannte, dass er laut gesprochen hatte, blickte er sich um. Er war am Ende der Zufahrt angelangt, und außer ein paar Sikhs, die auf der anderen Straßenseite vorübergingen, war niemand in der Nähe. Die Sikhs schenkten ihm keine Beachtung. Toby musterte seine Kleidung und sah, dass der Hosenschlitz seiner Shorts offen stand. Außerdem trug er immer noch Gummihandschuhe und hatte einen knallrosa Zettel in der Hand.
Ohne seine Schritte
Weitere Kostenlose Bücher