Rache
hier.«
Er ging raschen Schrittes weg, und Sherry blieb vor der Theke stehen.
Die junge Frau auf der anderen Seite füllte zwei Pappbecher mit Pepsi und Eiswürfeln, während ihr Kollege die Tacos fertig machte.
Die Frau drückte die Plastikdeckel auf die Becher. »Ihre Tacos dauern noch eine Minute«, sagte sie und schob Sherry die Getränke hin.
»Danke. Ich hole sie gleich.«
Sherry nahm die Becher und zwei Strohhalme und begab sich auf die Suche nach einem Tisch. Der grauhaarige Mann beobachtete sie dabei.
Nimm einen möglichst weit weg von ihm.
Im Vorbeigehen lächelte sie dem jungen Paar zu, was aber weder er noch sie bemerkte. Die beiden hatten nur Augen füreinander.
Weil Sherry nicht aufdringlich erscheinen wollte, entschied sie sich für einen Tisch in gebührendem Abstand von ihnen, der bis auf eine zusammengeknüllte Strohhalmhülle sauber zu sein schien. Sherry stellte die Becher auf den Tisch, legte die Strohhalme darauf und ging dann zurück zur Theke, um die Tacos zu holen.
Der Mann starrte sie immer noch an.
Seinen Burrito hatte er inzwischen gegessen und saugte nun an einem Strohhalm, während er Sherry mit Blicken verfolgte.
Pass auf, dass du dich nicht verschluckst, alter Spanner!
Auf der Theke standen zwei Plastikteller mit jeweils einem Berg Tortillachips und in Papier eingewickelten Tacos. Sherry nahm die Teller und trug sie vorsichtig an ihren Tisch.
Der Grauhaarige ließ sie dabei nicht aus den Augen.
Als sie stirnrunzelnd seinen Blick erwiderte, lächelte er sie an. Es war ein unheimliches Lächeln, als hätte er insgeheim irgendwelche fiesen Dinge mit ihr vor.
Sherry schaute weg von ihm.
So, wie sie angezogen war, konnte sie es ihm nicht einmal verübeln, dass er sie anstarrte. Bestimmt bekam er nicht jeden Abend eine junge Frau in knappem Röckchen und knallbunt bedruckter Bluse zu Gesicht.
Wahrscheinlich glaubt er, ich bin von einer Hawaii-Party für Cheerleader ausgebüchst.
Vielleicht war ihre Aufmachung dem Typen aber auch egal: Irgendwie schien er durch ihre Kleidung hindurch zu schauen, als verfüge er über eine Art Röntgenblick.
Sie stellte die Teller auf den Tisch und setzte sich dann so, dass sie dem Mann den Rücken zudrehte.
Vielleicht wäre es besser, ihn im Auge zu behalten.
Aber wieso?, fragte sie sich. Er sah nicht so aus, als würde er ihr etwas antun wollen, zumindest nicht, so lange sie hier drinnen waren.
Hoffentlich.
Als Sherry ihren Strohhalm aus seiner Papierhülle nahm und in die gekreuzten Schlitze im Deckel des Pappbechers steckte, trat Toby von hinten an ihr vorbei. Die Rettung naht, dachte Sherry und lächelte ihn an.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Alles okay«, sagte sie.
Toby setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und flüsterte, während er sich über den Tisch zu Sherry beugte: »Sie werden nicht glauben, was mir gerade auf der Toilette passiert ist.«
»Meinst du? Mich wundert hier nichts mehr.«
»Ist denn irgendwas mit Ihnen passiert?«, fragte Toby.
»Nein, eigentlich nicht. Nur dass der Typ da drüben in der Ecke mich ständig anstarrt.«
Toby setzte sich gerade hin und spähte über Sherrys Schulter. »Der da? Der Grauhaarige in dem blauen Hemd?«
»Ja. Aber schau ihn nicht so an.«
»Was hat er denn getan?«
»Nichts. Er sitzt nur da und … du weißt schon. Beobachtet mich. Als hätte er noch nie zuvor eine Frau gesehen.«
Toby wurde rot und sagte: »Wahrscheinlich hat er noch nie so eine wie Sie gesehen.«
»Stimmt. Seit mein Klon nach Alabama gezogen ist, bin ich wirklich einzigartig.«
Toby lachte leise und zog an seinem Strohhalm. Dann fragte er: »Wollen Sie, dass ich ihn fertig mache?«
»Soll das ein Witz sein? Am besten, wir beachten ihn nicht. Außer natürlich, er fasst mich an, dann ringst du ihn zu Boden, und ich verpasse ihm ein paar Fußtritte.«
Lachend wickelte Toby eines seiner Tacos aus. »Jetzt machen Sie aber Witze, oder?«
»Irgendwie schon.«
»Sie lachen gerne, stimmt’s?«
»Manchmal.«
»Alle in der Klasse fanden Sie total komisch.«
»Na ja, ich versuche eben, einen interessanten Unterricht zu machen.«
»Sie hätten hören müssen, was die anderen Chambers über Sie erzählt haben. Bestimmt fordert er Sie noch mal an, wenn er wieder eine Vertretung braucht.«
»Hoffentlich.«
»Auf jeden Fall: Wenn der Typ da drüben Ihnen blöd kommt, kümmere ich mich um ihn.«
»Kümmern wir uns lieber um unser Essen«, erwiderte Sherry und wickelte ihr Taco aus. Dann hob sie das
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