Rache
immer.
Vielleicht ist er tot.
Vielleicht sehe ich ihn nie wieder.
Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz mulmig zu Mute.
Jetzt mach dich bloß nicht verrückt, sagte sie sich. Wahrscheinlich geht es ihm bestens.
Aber wo steckt er dann?
»Vielleicht ist es besser, wenn ich im Wagen warte«, sagte sie.
Toby verzog das Gesicht. »Wie Sie wollen. Aber … ich weiß nicht, ob Sie hier auch sicher sind. Es ist schließlich schon ziemlich spät, und das hier ist nicht gerade die allerbeste Gegend. Und wenn jetzt einer vorbeikommt und Sie alleine im Auto sitzen sieht …«
»Dann kommst du wieder, und ich bin verschwunden«, sagte sie.
»Das wäre ja furchtbar.«
»Und für mich erst. Wer weiß, vielleicht würde ich ja genau dort landen, wo Duane gerade ist.«
Toby lachte. »Guter Witz.«
»Ich komme lieber doch mit rein«, sagte sie.
Als sie ausstieg, wirbelte der Wind ihr den Rock hoch. Sie zog ihn wieder nach unten und hielt ihn dort mit beiden Händen fest. »Ich hasse Röcke«, sagte sie zu Toby, der hinter ihr aus dem Wagen gestiegen war.
»Der steht Ihnen aber ausgezeichnet.«
»Danke.«
Toby ging voraus über den Parkplatz und hielt Sherry die Tür zum Nacho Casa auf.
Sherry betrat das Restaurant und wartete, bis Toby die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Sie war froh, dass sie dem Wind entkommen war.
Das kleine Restaurant war hell erleuchtet und angenehm klimatisiert. Nur zwei Tische waren besetzt. An einem von ihnen in einer Ecke des Lokals hockte ein grauhaariger Mann, der gerade in einen Burrito biss und Sherry von Kopf bis Fuß musterte. Am anderen Tisch saß sich ein Teenie-Pärchen Händchen haltend gegenüber. Aus dem Blick, mit dem der Junge seine Freundin anschmachtete, schloss Sherry, dass er bis über beide Ohren in sie verliebt war.
Sehe ich Duane jemals so an?
Sie war sich ziemlich sicher, dass das nicht der Fall war.
Wann habe ich denn überhaupt das letzte Mal jemanden so angesehen?
Das war schon sehr lange her.
»Sie wollen doch bestimmt auch was essen, oder?«, fragte Toby.
»Nein, ich glaube nicht.«
»Sind Sie sicher?«
Sie dachte an das Popcorn, das sie mit Duane auf dem Sofa gegessen hatte, und verspürte auf einmal ein vages Gefühl der Leere in ihrem Magen. Wahrscheinlich rührte es weniger vom Hunger her als von ihrer Sehnsucht nach Duane.
Trotzdem würde es ihr vielleicht gut tun, einen Happen zu essen.
»Irgendwie könnte ich doch was vertragen«, sagte sie.
Sie stellte sich neben Toby, legte den Kopf in den Nacken und studierte die vielen über der Theke abgebildeten Gerichte.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die junge Frau an der Kasse.
Die lassen einem nie genügend Zeit, um in Ruhe etwas auszusuchen.
»Einen Moment noch«, sagte Sherry.
Während sie stirnrunzelnd versuchte, sich für eines der Gerichte zu entscheiden, bemerkte sie, dass Toby sie von der Seite her anstarrte.
Er findet mich schön.
Er überlegt bestimmt, ob er bei mir landen könnte.
Sherry spürte, dass sie rot wurde. Sie lächelte Toby an und sagte: »Ich glaube, ich weiß jetzt, was ich nehme.«
Seite an Seite traten sie an den Tresen.
»Was darf’s sein?«, fragte die Bedienung.
»Sie zuerst«, sagte Toby zu Sherry.
»Gut. Ich nehme einen Hackfleisch-Taco und eine kleine Pepsi.«
»Geben Sie mir eine mittlere Pepsi«, sagte Toby, »und zwei von diesen Tacos.«
»Zum hier Essen oder zum Mitnehmen?«, fragte die junge Frau.
Toby schaute Sherry an.
»Mir egal«, sagte sie. »Aber vielleicht essen wir doch lieber hier, sonst kleckern wir am Ende noch dein Auto voll.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Prima.« Er schien sich über ihre Entscheidung zu freuen und sagte: »Zum hier Essen.«
Während die Frau ihre Bestellung in die Kasse tippte, öffnete Sherry ihre Handtasche und kramte ihren Geldbeutel hervor. »Ich lade dich ein«, sagte sie zu Toby.
»Kommt nicht infrage. Das bezahle ich.« Toby griff in die Gesäßtasche seiner Shorts.
Sherry packte sein Handgelenk.
Bei ihrer Berührung schien Toby der Atem zu stocken. Er sah Sherry mit offenem Mund und hochrotem Kopf an.
»Ich bezahle«, sagte sie.
»Aber …«
»Du warst schon so nett, mir bei der Suche nach Duane zu helfen. Dafür bin ich dir wirklich dankbar. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte. Also lass mich bitte zahlen. Einverstanden?« Sie drückte sanft sein Handgelenk.
»Okay.«
7
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»Bis unser Essen kommt, gehe ich mal schnell aufs Klo«, sagte Toby.
»Okay. Ich bleibe so lange
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