Racheakt
jemanden deuten, der eine schwere Last getragen hätte. Allerdings war zur Tatzeit der Boden tiefgründig und im Bericht wurde extra vermerkt, dass die gefundenen Spuren nur schwer zu beurteilen sind.«
Dr. Pankratz zeigte auf die Wundränder der tiefen Krater und erklärte:
»Die Brustamputationen wurden mit einem scharfen, gezackten Messer durchgeführt. Die Klinge war relativ kurz, die Spitze abgerundet. Der Täter musste viel Kraft aufwenden um damit die Haut zu durchstoßen und bei jeder Brust mehrfach ansetzen. Die Wundränder sind ausgezackt – vielleicht ein Küchenmesser. Er hat die Brust jeweils an der Brustwarze angehoben, hochgezogen und das Gewebe trichterförmig ausgeschnitten – etwa wie eine dunkle Stelle an einer Kartoffel.« Er demonstrierte Handstellung und Schneidebewegung des Täters. »Den Knochen am Fuß hat er mit demselben Messer regelrecht abgesägt. Ich habe den Erkennungsdienst bereits angerufen – es wurde kein Zeh gefunden. Also hat er den vielleicht einfach mitgenommen.«
Peter Nachtigall konnte nicht verhindern, dass er zusammenzuckte.
»Du liebe Zeit. Gehen wir hier von Mutilation durch einen Trophäensammler aus?«
»Das weiß ich noch nicht. Vielleicht hat der Täter auch einfach eine Riesenwut auf dieses Mädchen gehabt. So gehört ihm jetzt wenigstens ein Teil von ihr. Nicht immer hat das Abtrennen von Körperteilen etwas mit Sexualität zu tun«, gab Dr. Pankratz zu bedenken. »Auf jeden Fall ist das eine gänzlich andere Art Täter als die, mit denen wir sonst zu tun haben. Falls es schlimme und weniger schlimme Morde gibt, würde ich denken, dies hier ist einer der schlimmsten.«
»Egal wie wütend er vielleicht auf das Opfer war – offensichtlich hat es ihm nicht gereicht sie einfach umzubringen. Er musste ihr über den Tod hinaus gehende Verletzungen zufügen.« Peter Nachtigall schlang die Arme tröstlich um seine Mitte.
»Jede Handlung ist eine Nachricht des Täters – und dieser hier hat auf das Verstecken verzichtet, hat ihre Identität nicht ernsthaft zu verschleiern versucht aber das Opfer grausam verstümmelt«, murmelte er, wie im Selbstgespräch. »Fragt sich nur, was genau er uns damit dann mitteilen wollte.«
»Wenn er eine Riesenwut auf dieses Mädchen hatte, widerspricht das der Theorie vom zufälligen Überfall auf dem Heimweg. Dann hat ihr jemand aufgelauert, der genau sie an genau diesem Ort treffen wollte«, brach Albrecht Skorubski das entstandene Schweigen.
»Ausschließen können wir im Moment weder das Eine noch das Andere. Der Befund spricht für einen kräftigen Täter – denn um sie mit einem Hieb zu töten bedarf es außerordentlicher Schlagkraft – oder der Täter hatte ein schweres Werkzeug. Einen großen Hammer zum Beispiel«, erklärte Dr. Pankratz weiter.
»Sind Sie sicher, dass sie nach dem Schlag auf die Schläfe sofort tot war?«, wollte Albrecht Skorubski wissen. »Vielleicht war sie nur bewusstlos.«
»Sie hat sich überhaupt nicht gewehrt. Es findet sich nicht der geringste Hinweis darauf, dass sie irgendeine Form von Widerstand geleistet hat. Auch unter ihren Nägeln haben wir kein Gewebe sicherstellen können. Sie wurde also völlig überrascht. Außerdem wurden durch den Schlag wichtige Hirnareale und die Schädeldecke zerstört. An den Wundrändern findet sich kein Fibrin – sie war definitiv tot, als er sie dort ablegte und sie verstümmelte.«
»Aber der Täter muss dann doch voller Blut gewesen sein?«
»Ja.«
»Spermaspuren? Zeichen einer Vergewaltigung?«, fragte Peter Nachtigall und sah den Gerichtsmediziner mit dem Blick eines Menschen an, der eine unangenehme Wahrheit schon kennt, bevor sie ausgesprochen wird.
»Wir können nicht mit Gewissheit sagen, ob sie vergewaltigt wurde. – Es gibt keine eindeutigen Spuren. Sperma konnten wir jedenfalls nicht finden. Aber da ist was anderes: Der Täter hat ihr einen kleinen Apfel in die Vagina geschoben.«
Peter Nachtigall holte tief Luft. »Sie haben intravaginal einen Apfel gefunden?«
»Ja, das ist nun wirklich das Ungewöhnlichste, was mir in den vielen Jahren meiner Tätigkeit untergekommen ist. Ich kenne mich bei Obst nicht so gut aus, ich kann also nichts über die Sorte sagen.« Dabei führte er die beiden Kriminalkommissare zu einem Edelstahlschrank an der anderen Seite des Saales, öffnete ihn und wies auf eine Plastiktüte mit einem kleinen, rotbackigen Apfel.
»Da. Er war tief in die Vagina geschoben und der Täter hat dabei einige Verletzungen
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