Racheakt
ziemlich sensibel auf Diskriminierung – Nachtigall, ja«, bellte er ins Telefon. »Ich wollte nachfragen, ob ihr gestern bei der Leiche am Badesee einen blutigen Stein gefunden habt? – Nicht. Dann wäre es gut heute noch mal speziell danach zu suchen. In der Patho haben sie mineralische Spuren in der Wunde gefunden. Nein«, Peter Nachtigall trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf seinen Schreibtisch. »Wenn Dr. Pankratz der Meinung wäre, die Verschmutzung käme von einem Sturz auf den Boden, hätte er uns nicht extra darauf aufmerksam gemacht und uns zur Suche nach einem Stein aufgefordert! Aha. Ihr habt ohnehin noch ein Team draußen. Das passt doch.«
Er schwieg einige Zeit.
»Gut. Dr. Pankratz meint, der Mord könnte gut auf dem schmalen Trampelpfad verübt worden sein. Sucht mal da nach Blut. Vielleicht findet sich auch eine Stelle, an der einer im Hinterhalt gelauert haben könnte. Na, gut. Bis dann.«
Er fasste zusammen.
»Sie haben nur die Pumps neben der Toten, den BH und einen engen Rock in ein paar Metern Entfernung gefunden. Es sind Kleidungsstücke der jungen Frau. Die Eltern haben sie identifiziert. Bis auf die schwarzen Schuhe. Die Mutter hat ausgesagt, ihre Tochter habe Stiefeletten getragen. Das einzige Paar hochhackiger Schuhe ihrer Tochter stünde im Flur. Wobei seltsamerweise die Größe genau gestimmt hat. Die Pumps hätten ihr also gepasst, aber sie gehören ihr nicht.«
»Das bedeutet, der Täter hat die Schuhe mitgebracht. Michael, Sie klappern alle Schuhgeschäfte ab. Vielleicht kann sich jemand daran erinnern, so ein Paar an einen Herrn ohne Begleitung verkauft zu haben. Fangen Sie mit den Filialisten an. Da kann man besser anonym einkaufen als im Fachgeschäft. Denken Sie nicht nur an die Sprem, fragen Sie auch in den Einkaufszentren in Groß Gaglow, im TKC und in Sielow.«
Der junge Mann nickte.
»Soll ich die Schuhe mitnehmen?«
»Ja. Das Labor wird wohl damit fertig sein. Wenn nicht, dann nehmen Sie wenigstens einen in einer Tüte mit. Wenn die Presse erstmal Wind von all den grausigen Einzelheiten bekommt, geht der Affentanz hier aber los«, mahnte Peter Nachtigall. »Wir sollten diesen Mörder lieber ganz fix finden.«
Das Telefon auf Nachtigalls Schreibtisch klingelte. Der Hauptkommissar meldete sich und schaltete den Lautsprecher ein, damit seine Kollegen mithören konnten.
»Wissen Sie schon Genaueres aus der Pathologie?«
Peter Nachtigall fasste die ersten Befunde kurz zusammen.
»Dann hat er wohl ein Kondom benutzt«, meinte Dr. März. »Heutzutage wissen die, dass sie kein Sperma zurücklassen dürfen. Jeder weiß doch, wie gefährlich so etwas ist im Zeitalter der DNA – Analyse.«
»Vielleicht konnte er auch einfach nicht«, mutmaßte Albrecht Skorubski flüsternd. Als er den überraschten Blick des jungen Kollegen bemerkte erklärte er: »Das ist gar nicht so ungewöhnlich. Manch einer von den Typen ermordet eine Frau aus sexueller Gier – aber wenn sie dann da so liegt, kriegt er ihn nicht hoch. Sehen Sie – oft sind sie von ihrer Tat so überwältigt, dass es nicht geht oder sie erfassen, dass sie getötet haben und dadurch geht nichts mehr. Manche werden aber auch einfach nur gestört.«
Nachtigall grinste und drohte ihm mit dem Zeigefinger und seine Lippen formten lautlos das Wort Polizeischule. Ertappt zuckte Skorubski mit den Schultern.
»Intravaginal fand der Pathologe einen Apfel«, fuhr Nachtigall fort »und der Täter hat ihr eine Zehe abgeschnitten«
»Also ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht – aber für mich klingt das alles sehr sonderbar, um nicht zu sagen krank!« Die Stimme des Staatsanwalts entgleiste plötzlich und wurde schrill und spitz. Er räusperte sich: »Hat er den Zeh mitgenommen?«, hakte er dann ungläubig nach.
»Kann ich noch nicht sagen. Vielleicht hat ihn auch jemand von der Spurensicherung gefunden. Die haben noch ein Team draußen und sie werden sich melden, wenn sie was für uns haben. Tatwaffe war wahrscheinlich ein Stein.«
»Gut«, der Staatsanwalt fing sich langsam wieder. »Lassen Sie alle anderen Fälle liegen. Die werde ich neu verteilen. Sie bearbeiten mit Skorubski und Wiener nur noch diesen Fall. Daneben arbeiten Ihnen die Kollegen der Schutzpolizei zu, wann immer Sie sie benötigen – und natürlich können wir auch die Kollegen des LKA um Unterstützung bitten.«
»Nein, das LKA brauchen wir nicht. Dann trampeln hier nur jede Menge Leute herum – und die meisten davon kennen
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