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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Mädchen gefunden hatten. Die Absperrungen waren entfernt, aber die vielen Polizeibeamten hatten die Reste der Pflanzen niedergetreten und den ursprünglich kaum sichtbaren Seitenpfad stark verbreitert.
    Warum hier? Peter Nachtigall starrte auf die Stelle, an der sie das Opfer gefunden hatten. Anwohner hatten Blumen dort abgelegt, ein Kreuz aus Holz war in den Boden gerammt worden.
    Warum hier? Zufall? Hing der Tatort vom Opfer oder das Opfer vom Ort ab?
    Im Grunde war die Stelle nicht sicher, dachte er, ein zufällig vorbeikommender Anwohner hätte die Tat beobachten können. Gerade um die Zeit führten doch die Hundebesitzer ihre Lieblinge noch einmal um den Badesee. Nach links wurde der Wald dichter – dort konnte man so ein Verbrechen eher im Verborgenen begehen. Also hing der Ort vom Opfer ab. Es musste hier geschehen, weil dies ihr Heimweg war.
    Wo zum Teufel ging eigentlich Jule entlang, schoss es ihm durch den Kopf. Womöglich auch auf irgendwelchen verborgenen Waldwegen? Er beschloss, sie danach zu fragen. Es war also kein Zufall, er hatte sich sein Opfer vorher ausgesucht, kannte ihren Heimweg. Irgendetwas an ihr musste seine Aufmerksamkeit erregt und ihn gefesselt haben – aber was?
    Peter Nachtigall warf einen letzten Blick auf die Fundstelle, dann wandte er sich ab und ging langsam zum Auto zurück.
    Sie suchten keinen, der unüberlegt zuschlug. Ihr Täter war ein gefährlicher Psychopath, der lauerte und sorgfältig plante, die günstigste Gelegenheit nutzte, um zum Zug zu kommen, da war er sich völlig sicher.
    Das war keines der üblichen Beziehungsszenarien. Es war eine laute Klage.
    Sie hatten den entscheidenden Verdächtigen noch nicht gefunden.
     
    Als Peter Nachtigall etwas später mit Jule, Leander und seiner Schwester auf dem Weg nach Leipzig war, konnte er sein schlechtes Gewissen nur schwer unterdrücken. Immer wieder kehrten seine Gedanken zu dem geschundenen Körper der jungen Frau zurück, während er die gut gelaunte Unterhaltung in seinem Wagen nur als Hintergrundsgeräusch wahrnahm.
     
    Er parkte das Auto in einem Parkhaus, das von außen so aussah, als sei es aus dicken Bambusstangen errichtet. Leander war begeistert und hüpfte um Jule herum, die sich geduldig auf seine Ausgelassenheit einließ.
    »He, großer Bruder! Weißt du, wo du bist, was du hier tust, mit wem du etwas tust?«, zischte Sabine ihm gereizt zu, und er sah sie verständnislos an.
    »Wir machen einen Ausflug. Selten genug, dass so etwas passiert. Und du bist so weit weg in Gedanken, dass man glauben könnte, wir seien mit einem Autopiloten unterwegs! Glaub ja nicht, ich lasse dir das durchgehen, wenn du ihr diesen Ausflug nicht so schön wie möglich machst!«, drohte Sabine ungewöhnlich scharf. Kam es ihm nur so vor oder streckte sie tatsächlich ihren schon kräftig gewölbten Schwangerschaftsbauch extra weit vor?
    Nachtigall zog in gespieltem Entsetzen die Schultern hoch und hob die Arme vors Gesicht, als müsse er sich vor einem Schlag schützen.
    »Ich sehe, wir haben uns verstanden.«
    Die Geschwister sahen sich an und lachten.
     
    »Meinst du, die haben wegen der Vogelgrippe alle Enten und so weggeschlossen?«, fragte Leander. Der Junge hüpfte nun um seinen Onkel herum, der sich fragte, wie lange der Zehnjährige das wohl durchhalten würde. Nach den Hyänen wäre wohl eine längere Pause fällig.
    »Nö – in Cottbus haben sie sie nur von den Teichen gesammelt und in Volieren gesetzt. Aber wir werden es ja gleich sehen.«
    Es dauerte gar nicht lange, und Nachtigall wurde von der entspannten Atmosphäre, die über dem Zoo lag, angesteckt. Schon im Aquarium hatte er das Gefühl aus seinem Leben herausgelöst zu werden.
    Während er später den Hyänen fasziniert zusah und zu dem Ergebnis kam, so hässlich, wie viele meinten, seien die Tiere gar nicht, legte sich plötzlich eine schwere Pranke auf seine Schulter und eine tiefe, angenehme Stimme flüsterte eindringlich: »Umdrehen! Mitkommen! Polizei!«
    »Hajo Mangold!«
    »Tja, wo trifft man alte Kollegen? Im Zoo.«
    Sie umarmten sich und Nachtigall stellte ein wenig neidisch fest, dass sein Studienkollege sich in den letzten Jahren kaum verändert hatte.
    »Schon fünf Jahre her, dass wir uns getroffen haben – und dann finde ich dich hier im Kreise der Hyänen. Das passt!«
    Hajo Mangold klopfte seinem Freund jovial auf die Schulter. Er war gut einen Kopf kleiner als Nachtigall und wirkte ausgesprochen gut durchtrainiert. Das gut geschnittene

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