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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Grabert. Es gibt keinen Grund für diese hoffnungslose Haltung. Sie waren es nicht und das wird auch klar zutage treten. Sie wurden doch entlassen und für Ihren Job werde ich mich stark machen. Noch ist nichts verloren – nur ein paar Stunden Lebenszeit. Vielleicht sehen Sie sich einfach die falschen Filme im Fernsehen an! Die Polizei wird den wahren Täter schon finden und man wird sich bei Ihnen öffentlich entschuldigen müssen. Hier ist Ihre neue Bestellkarte. Bis sich die Angelegenheit geklärt hat, kommen Sie zweimal in der Woche hierher. Ich habe die zusätzlichen Termine vermerkt. Ich lasse Sie schon nicht im Stich. So – und nun werde ich mit Ihrem Anwalt sprechen!« Sie bot ihm ein Papiertaschentuch an, nickte ihm aufmunternd zu und als sie sich von ihm an ihrer Tür verabschiedete, umklammerte er ihre Hand so fest, als könne sie ihn damit aus dem Sumpf ziehen, in dem er seine Füße schon versinken fühlte.
     
     
     

20
    »So, was haben wir?«
    Michael Wiener hatte Erdbeerkuchen zur Besprechung mitgebracht und eine Thermoskanne milden Kaffee, wie er mit einem beruhigenden Blick auf Albrecht Skorubski erklärte.
    »Ich habe bei Wilde auf den Zahn gefühlt. Er behauptet, dass weder eine Männerfreundschaft, noch eine Beziehung zu einer anderen Frau wegen Anna Magdalena belastet oder gar in die Brüche gegangen wären. Der einzige Mensch in seinem Umfeld, der einen echten Widerwillen gegen diese Beziehung gehabt habe, sei sein Vater. Und der habe ja, ebenso wie er selbst, ein Alibi für die Tatzeit, da sie zusammen an dieser Konferenz teilgenommen hätten.«
    »Bei mir ist es auch nicht besser gelaufen«, bemerkte Wiener enttäuscht. »Diese Laura weiß nichts von einem anderen Freund. Aber ich hab in den Archiven g’sucht und ich denk, die haben über die Sache mit dem Zeh nichts g’schriebe. Irgendwie wurde das von den ermittelnden Kollegen geheim gehalten. Aus der Zeitung kann der Täter jedenfalls nichts darüber wisse, die habe nur über die Amputation der Brüste berichtet.«
    »Wieder ein Indiz gegen Grabert.« meinte Skorubski zufrieden.
    »Gut. Wir haben neue Indizien, ein überprüftes Alibi. Aber entscheidend weitergekommen sind wir auf dem Weg erstmal nicht. Immerhin wissen wir jetzt, dass Grabert dieses Androcur nicht gespritzt bekommt, sondern in Form von Tabletten einnimmt. Dr. Schlehdorn musste einräumen, dass dadurch keine echte Kontrolle der Einnahme mehr möglich ist. Das behalten wir im Hinterkopf. Für ein Gespräch mit Hansi brauche ich eine Genehmigung. Die bekomme ich auch – aber eben frühestens am Montag. Bis dahin bleibt uns nur auf neue Hinweise vom Erkennungsdienst zu hoffen.«
     

21
    6. November
     
    Es bereitet mir immer wieder unbändiges Vergnügen mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt zu fahren, und Mädchen zu beobachten. Gerade an den viel frequentierten Haltestellen ist es leicht ganz dicht an sie heranzutreten, ja, es gelingt mir oft sogar meinen Körper eng an ihren zu drücken, ohne dass sie die Berührung abwehren und ihre nichts sagenden Gespräche zu belauschen. Regelmäßig erstaunt es mich zutiefst wie viele Worte hier um nichts gemacht werden.
    Seit Donnerstag haben sie ein neues Thema. Jetzt sprechen sie über die Tote. Sie hieß Anna Magdalena. Was für ein Name! Ich finde, die Mädchen wirken in ihrer Empörung über meine Tat sehr erotisch. Ihre Wangen röten sich, wenn sie über den Mord reden und da sie auch jetzt im Spätherbst nicht darauf verzichten können kurze Oberteile zu tragen, die den Blick auf ihre Piercings und Rückentatoos freigeben, kann ich auch sehen, wie ihre Körpermitte vor Schaudern erzittert, wenn sie sich die Qualen des getöteten Mädchens ausmalen. Ich sehe, dass es sie erregt, dass sie sich durchaus auch mal nach ein bisschen archaischer Gier sehnen.
    Nun, ich könnte ihnen natürlich erzählen, wie es ist zu sterben. Aber das können sie ja nicht wissen und so fragt mich auch keine. Ich könnte auch davon berichten, wie es sich anfühlt, lebendig tot zu sein. Gefangen in den Stricken der Depression, nur weil andere es so wollten!
    Nur noch mit langen Ärmeln auf die Straße zu gehen, weil man die blöde Fragerei nicht mehr ertragen kann! Sich Prothesen zu kaufen, um unauffällig zu sein!
     
    Oder aber von dem unsäglich befriedigenden Gefühl, jemandem die Brüste abzuschneiden. Diese Dinger, die man hat oder nicht, die darüber entscheiden ob du dein Leben allein lebst oder einen Partner findest, die man

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