Rachedurst
Joe.
»Ich hab gehört, er macht jetzt auf Cowboy.« Portenson verzog verächtlich die Oberlippe.
»Etwas in der Art«, erwiderte Joe.
»Wie kann es mit ihm immer nur noch schlimmer werden?«
»Das kann ich mir auch nicht erklären.« Joe schob seinen Stuhl zurück. »Schön, Sie gesehen zu haben, Tony.«
»Ganz meinerseits, Joe. Und vergessen Sie nicht, mir Bescheid zu geben, falls Mr. Romanowski auftaucht.«
Joe nickte erneut, gab Child die Hand und kaufte beim Rausgehen einen Kaffee zum Mitnehmen.
10. KAPITEL
Joe und Marybeth spülten nach dem Abendessen das Geschirr ab, während Sheridan und Lucy im Wohnzimmer fernsahen. Joe hatte Chili gekocht, und die Küche roch stark nach TomatensoÃe, Knoblauch, Gewürzen und Rinderhack.
»Es war versalzen, was?« Joe scheuerte den gusseisernen Topf, in dem er gern Chili zubereitete, weil er so groà war.
»Ein wenig«, erwiderte Marybeth. »Hast du die Bohnen vorher abgespült? Manchmal sind sie so salzig eingelegt, dass man sie gründlich abwaschen sollte.«
»Ach so, das war das Problem.«
»Aber es war gut. Allerdings würde ich mir wünschen, du könntest dich endlich zu einem kleineren Topf durchringen.«
Joe wusste nicht, wie man Chili für weniger als zwölf Leute kochen sollte, und jeder Versuch, eine kleinere Menge zuzubereiten, führte unweigerlich in eine Katastrophe. Marybeth hatte damit noch zwei Plastikbehälter für die Kühltruhe gefüllt. Eigentlich wollte Joe auch gar nicht lernen, weniger Chili zu kochen, denn er hatte gern Reste im Haus â vor allem dieser Tage, wo er nie sicher sein konnte, wann Marybeth aus dem Büro kam oder ob Abendessen vorbereitet war. Doch das wollte er ihr nicht sagen. Und wie die meisten Männer hatte er kein Problem damit, von seiner Frau in der Küche für mehr oder weniger unfähig gehalten zu werden.
»Was hältst du davon, dass Sheridan mal bei den Scarletts übernachtet?«, fragte Marybeth. Ihre Tochter hatte das Thema beim Essen angesprochen.
Joe scheuerte kräftiger. »Julie scheint ein nettes Mädchen zu sein. Aber der Rest der Familie spinnt.«
»Ich weiÃ, was du meinst. Heute hat mich erst Arlen, dann Hank angerufen. Bei beiden soll ich mir ansehen, wie ich ihre Geschäftsabläufe optimieren kann.«
»Alle beide?«
»Alle beide.«
»Oha.«
Seit Opals Verschwinden hatten sich in Saddlestring und im County zwei Fronten gebildet. Die Leute waren entweder für Arlen und gegen Hank oder umgekehrt. Beide Brüder achteten genau darauf, wer für sie war und wer gegen sie. Arlen bevorzugte das Schnellrestaurant in Saddlestring für seinen Vormittagskaffee, denn dort konnte er mit den Stadtvätern plaudern. Hank betrat dieses Lokal nie. Er trank seinen Schnaps und sein Bier am liebsten in Stockmanâs Bar, oft in Gesellschaft einiger seiner Rancharbeiter. Arlen hatte die Schwelle dieser Bar nie überschritten.
Die Stadt war gerade so groÃ, dass fast alles doppelt vorhanden war: Es gab zwei Futtermittelhandlungen, zwei Supermärkte, zwei Banken, zwei Eisenwarengeschäfte, zwei Läden für Autozubehör, zwei Holzhandlungen â so hatten die Brüder die Wahl. Und hatten sie sie nicht (wie im Fall des einzigen Kinos oder des örtlichen Krankenhauses), nahm ein Bruder den Ort ausdrücklich für sich in Anspruch, und der andere reiste nordwärts in die nächste gröÃere Stadt, also nach Billings, Montana.
Da die Scarletts eine Menge Geld in der Stadt ausgaben, war die Parteinahme für Arlen oder Hank eine wichtige Geschäftsentscheidung, die man nicht aus einer Laune heraus traf. Marybeth hatte Joe davon erzählt, wie ihre Kunden sich damit quälten, um welchen Bruder sie sich bemühen sollten. Hatte man sich für einen entschieden, war es unerlässlich, über den anderen kein freundliches Wort zu verlieren, denn das galt als illoyal und war Grund genug, sich von dem Geschäft zurückzuziehen. Die Loyalität mit dem einen oder anderen Bruder erstreckte sich auch auf die Rancharbeiter, und die Kaufleute mussten den Ãberblick behalten, wer für wen arbeitete.
Nun, da beide Brüder am selben Tag bei ihr angerufen hatten, würde Marybeth die gleiche Entscheidung treffen müssen wie so viele ihrer Klienten zuvor.
***
Gerüchten zufolge herrschte Krieg auf der Thunderhead Ranch. Jeden Tag
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