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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
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wirklich, sie ist verschwunden?«
    Reed lächelte höhnisch. »Glauben Sie wirklich, diese Männer würden hier draußen mit Schaufeln aufeinander losgehen, wenn sie zu Hause Kekse backen würde? Der ganze Bezirk hat den Tag gefürchtet, an dem Opal das Zeitliche segnet und die drei sich um die Ranch zu streiten beginnen. Sieht so aus, als wäre dieser Tag nun gekommen.«
    Als Joe sich seinem Wagen zuwandte, hörte er McLanahan rufen: »Wo wollen Sie denn hin?«
    Â»Zur Ranch«, gab Joe über die Schulter zurück. »Ich habe den Eindruck, als hätten Sie hier so weit alles im Griff.«
    Â»Schon gut«, sagte Reed zu seinem Boss. »Er hat Hanks kleines Mädchen im Wagen.«
    Â»Ich brauche Ihre Aussage«, erklärte McLanahan. »Es sieht so aus, als gehörten Sie zu den Letzten, die Opal lebend gesehen haben.«
    Joe drehte sich erstaunt um. Er hatte am Vortag mit ihr darüber gesprochen, Anglern Zugangsgebühren zu berechnen. Einer der Brüder musste McLanahan davon erzählt haben.
    Â»Wann brauchen Sie die Aussage?«
    Â»Heute Abend.«
    Joe dachte daran, dass Marybeth ihn am Morgen beim Abschied gebeten hatte, pünktlich zu Hause zu sein, weil sie Abendessen kochte und zur Abwechslung mal die ganze Familie am Esstisch haben wollte. Bei ihrem florierenden Geschäft war das eine Seltenheit. Er hatte ihr versprochen, da zu sein.
    Â»Kann es auch morgen früh sein?«, fragte er.
    Die Miene des Sheriffs verdüsterte sich. »Nein. Wir alle müssen uns auf diesen Fall stürzen, und was Sie uns zu sagen haben, kann hilfreich sein.«
    Joe blickte auf. Er sah, dass Julie den Kopf gehoben hatte und ihre Onkel und ihren Vater anschaute. Er wollte sie dort wegbekommen, und zwar schnell.
    Â»Heute Abend«, rief McLanahan ihm nach.
    Â»Heute Abend«, erwiderte Joe und ging.
    Er öffnete die Fahrertür und sagte: »Es tut mir so leid, dass du das gesehen hast, Julie.«
    Â»Bitte bringen Sie mich nach Hause«, schluchzte sie.

2. KAPITEL
    Am Morgen von Opal Scarletts Verschwinden bog ein dreckiger grüner Geländewagen neuester Bauart – dem Kennzeichen nach aus Georgia – an der Ausfahrt 214 von der Interstate 80 und auf den Parkplatz von Rip Griffins Truckerkneipe am Rand von Rawlins, Wyoming. Der Fahrer ließ beim Aussteigen den Motor laufen, streckte sich und wühlte in seinem Army-Seesack auf dem Rücksitz nach einem sauberen Hemd. Er war die Nacht durchgefahren und hatte nur gehalten, um zu tanken und Schweinekrusten, Mineralwasser und Cashewnüsse zu kaufen. Der Fußraum seines Wagens war mit leeren Packungen übersät.
    Auf dem Weg vom Parkplatz zum Laden atmete er tief ein und sah sich um. Die Gegend war hoch gelegen und trostlos, so als wäre die Prärie aus dem Erdinneren in die Höhe gedrückt worden. Erst vor einer Stunde hatte er das Schild »Kontinentale Wasserscheide« gesehen und gedacht: Ist das alles? Nicht ein lausiger Baum. Die Luft roch nach dem Dieselmief der Lkws, die am anderen Ende des Parkplatzes aufgereiht standen, und nach etwas Süßlichem, vermutlich nach Salbeibüschen. Trotz der hinter ihm dröhnenden Autobahn lag abseits der Straße unermessliche Lautlosigkeit. Die Luft war leicht und dünn, das weite Land erstreckte sich bis zum Horizont. Er fühlte sich schutzlos, als würde jeder, der ihn sah, sofort wissen, warum er hier war und was er vorhatte. Er dachte an die Herde Pronghorn Antilopen, die er bei Sonnenaufgang in der Ferne gesehen hatte. Es waren Hunderte gewesen, rotbraun und weiß, schimmernd im Licht der Morgensonne. Anders als die Tiere seiner Heimat, die überlebten, indem sie sich tief in die Wälder oder in die Sümpfe zurückzogen und nur bei Nacht unterwegs waren, zeigten sich diese Antilopen unbekümmert auf den weiten Ebenen und nutzten gerade diese freien Flächen mit ihrer kilometerweiten Sichtweite zur Verteidigung. Wenn man sie sehen kann, überlegte er, können sie einen auch sehen. Sich vor aller Augen verstecken: So macht man das hier. Daraus würde er etwas lernen.
    Auf der Toilette zog er sich den schmierigen Pulli vom Leib, knüllte ihn zusammen und warf ihn in den Mülleimer. Er ließ das Waschbecken volllaufen, spritzte sich Wasser ins Gesicht, rieb sich damit Brust und Achseln und trocknete sich mit Papiertüchern ab. Dabei musterte er sich im Spiegel und er mochte, was er sah. Und

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