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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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drinnen reden?«
    »Nein«, wehrte sie ab.
    »Dann eben hier.«
    Sie machte einen Schritt zurück und versuchte die Tür zu schließen, aber Lennon stellte seinen Fuß dazwischen.
    »Tomas Strazdas«, sagte er. »Sam Mawhinney, Mark Mawhinney, Darius Banys.«
    In ihren Augen standen Tränen. »Nicht Englisch«, wiederholte sie rau.
    »Sie könnten die Nächste sein«, fuhr Lennon fort.
    »Nein«, widersprach sie. »Ich nicht. Ich nichts gemacht.«
    »Ich kann Ihnen helfen«, sagte Lennon. »Reden Sie mit mir, dann kann ich Sie beschützen.«
    Sie lachte auf. »Beschützen? Von Polizei? Polizei gehört Arturas.«
    »Arturas Strazdas?«
    Ein Wagen hielt an, von den Reifen spritzte grauer Schneematsch hoch. Der Fahrer hupte.
    »Ich jetzt gehen«, sagte sie. Sie trat aus der Tür und schloss sie hinter sich.
    »Was meinen Sie damit, die Polizei gehört Arturas?«, fragte Lennon, als sie sich an ihm vorbeidrückte.
    »Ich gehen«, wiederholte sie. Schneeflocken legten sich auf ihr Haar.
    Der Taxifahrer stieg aus und öffnete den Kofferraum. Er nahm Rasa die Tasche ab und warf sie hinein. Als Lennon der Frau folgte, beobachtete ihn der Fahrer aus zusammengekniffenen Augen.
    »Wohin?«, fragte Lennon.
    »Weg von hier.«
    »Stimmt was nicht, Herzchen?«, fragte der Fahrer.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie, öffnete die hintere Beifahrertür und duckte sich hinein.
    Lennon packte den Griff und hinderte sie daran, die Tür zu schließen.
    Der Fahrer versuchte sich zwischen Lennon und die Frau zu zwängen. »Hören Sie mal, Kumpel, Sie können nicht …«
    »Zisch ab«, sagte Lennon und schob ihn weg. Er zeigte dem Fahrer seinen Ausweis und sprach dann weiter auf Rasa ein. »Wen hat Arturas bei der Polizei?«
    »Sie mich jetzt verhaften?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Lennon.
    »Dann ich gehen.«
    Sie riss ihm die Tür aus der Hand, zog sie zu und wandte den Blick ab.
    Der Fahrer eilte auf seine Seite, stieg ein und legte den Gang ein. Die Räder fanden zunächst keine Bodenhaftung und drehten durch, dann raste der Wagen davon.
    Fluchend kehrte Lennon zu seinem Audi zurück. Noch bevor er ihn erreichte, klingelte sein Handy.
    »Wir haben Ihren Mann gefunden«, sagte der Diensthabende.

36
    Putz und Holz fielen herab, dann war das erste Loch groß genug für Galyas Schultern. Dahinter kam eine etwa vier Zentimeter breite Lücke zum Vorschein, dann wieder Holzlatten und dahinter Putz. Nach ein paar weiteren Minuten hatte sie auch dort ein faustgroßes Loch hineingestemmt. Sie ließ die Schubladenblende auf den Schrankboden fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Die Stimme über ihr brandete gellend auf. Galya achtete nicht darauf. In ihren Schultern und Ellbogen pochte und pulsierte es, als würde sie immer noch auf die Wand einschlagen.
    Sie griff durch das Loch. Kühle Luft strich über ihre Finger. Wenn sie sie nach oben ausstreckte, fühlte sie eine harte, glatte Oberfläche, nach unten groben Stoff. Handtücher, dachte sie. Ein Schrank, so wie dieser hier.
    Wohin öffnete er sich?
    Galya reckte sich, und ihr Ärmel verfing sich in den zersplitterten Latten. Ihre Fingerspitzen stießen auf Holz. Sie drückte dagegen. Eine Tür gab nach, und eine Brise streifte ihre Finger. Sie zog den Arm zurück und spähte durch das Loch. Schwaches, aber beständiges Tageslicht erhellte das Innere des Schranks. Dahinter ein Flur, ein Treppengeländer.
    Galya nahm wieder die Schubladenblende zur Hand. Sie drehte sie so lange in den Händen, bis die am wenigsten abgenutzte Kante auf das Loch zeigte. Jetzt, wo sie die Holzlatten nach außen hinvon den Querbalken wegschlug, auf die sie genagelt waren, gaben sie leichter nach. Bei jedem Schlag ächzte sie, und bei jedem Stück Holz und Brocken Putz, die auf der anderen Seite der Wand in den Schrank fielen, überkam sie eine tiefe, heiße Genugtuung.
    Die Stimme oben reagierte auf jeden neuen Schlag mit einem weidwunden Schrei. In ihrer fiebrigen Anstrengung schien es Galya beinahe, als schreie das Haus selbst und beklage die Verletzungen, die man ihm zufügte. Galya schrie zurück, das Loch wurde größer und größer, bis ihr aus dem gegenüberliegenden Flur Licht aufs Gesicht fiel.
    Galya ließ die Blende fallen. Sie hustete, weil Putz und Staub ihre Kehle und Lunge angriffen und ihr den Gaumen verklebten. Sie sammelte Speichel, spülte damit den Mund aus und spuckte auf den Boden. Mama hätte sie für ein solch undamenhaftes Benehmen bestimmt gescholten. Wie ein Tier auf der

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