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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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dessen freundliches Auftreten zunehmend gezwungen wirkte.
    »Ich Englisch nicht gut«, sagte Herkus.
    »Führerschein und Versicherung«, verlangte der Cop. »Sofort.«
    Herkus schüttelte den Kopf. »Nicht Englisch.«
    Der Polizist öffnete die Tür, griff hinein und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Der Motor erstarb. »Raus«, befahl er. Ruckartig wies er mit dem Daumen nach draußen, eine Geste, die in keiner Sprache misszuverstehen war.
    Herkus ließ seine Rechte zwischen die Beine fallen, seine Fingerspitzen berührten fast den Boden. Die Glock und die Munition waren in einem Fach verstaut, das ins Bodenblech des Wagens geschnitten war. Er musste nur nach unten greifen, die Matte hochziehen und sich die Pistole schnappen.
    »Raus«, wiederholte der Cop.
    »Nicht Englisch«, wiederholte Herkus.
    Alle möglichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf, aber er wusste, dass sie vom Kokain befeuert wurden. Das Päckchen war neben der Glock versteckt. Herkus atmete tief ein und spürte, wie die Winterluft an seinen Nasenflügeln prickelte.
    Bleib ruhig, befahl er sich. Reiß dich zusammen. Sie können dir nichts anhaben. Er hob seine Hand zwischen den Beinen hervor und stieg aus dem Wagen.
    »Das war doch gar nicht so schwer«, sagte der Cop.
    Herkus zuckte die Achseln. Der andere Polizist war an seinem Platz geblieben und regelte weiter den Verkehr, behielt aber, während er den Verkehrsteilnehmern winkend Zeichen machte, seinen Partner im Auge.
    »Fahrzeugpapiere«, sagte der Cop zu Herkus. »Führerschein, Versicherung.«
    »Okay«, sagte Herkus.
    Er beugte sich in den Wagen, klappte die Sonnenblende herunter, kramte seinen litauischen Führerschein und die firmeneigene Fahrzeugversicherung heraus und reichte beides weiter.
    Er wartete, während der Polizist die Plastikkarte und die Bescheinigung studierte. »European People Management?«, fragte der Mann.
    »Mein Boss«, sagte Herkus. »Er zahlen Versicherung.«
    »Ihr Englisch ist schon besser geworden«, stellte der Cop fest. »Wollen mal sehen, ob Sie das hier verstehen: Wir schaffen Ihren Wagen an den Straßenrand, damit wir uns mal in Ruhe unterhalten können. Okay?«
    »Okay«, sagte Herkus.
    Der Cop pfiff seinem Partner, einem größeren und dünneren Mann, und winkte ihn herbei. Die beiden steckten die Köpfe zusammen, besprachen sich und trafen eine Entscheidung. Darauf stieg der dicke Polizist in den Mercedes. Während er den Motor anließ, machte der andere sich daran, den Verkehr vor und hinter dem Wagen umzuleiten.
    »Kommen Sie doch bitte auf den Bürgersteig, Sir«, bat er.
    Herkus gehorchte, ließ sich aber Zeit. Er schlenderte auf den Gehweg, als täte er es aus freien Stücken. Der Polizist kümmertesich weiter um den Verkehr und sprach gleichzeitig in das Mikro an seinem Revers. Der Mercedes rollte an den Straßenrand.
    Das Telefon in Herkus’ Tasche klingelte. Er holte es heraus und schaute aufs Display. Arturas. Herkus fluchte und drückte auf die Beenden-Taste.
    Soll er doch warten, dachte er. Und sonst kann er ja selbst herkommen und mit den Cops reden.
    Dass er beim Fahren telefoniert hatte, interessierte die doch gar nicht. Das war nur ein Vorwand gewesen, um ihn anzuhalten. Irgendetwas stimmte hier nicht. Was wollten sie wirklich?
    Wir werden es erleben, dachte Herkus.

35
    Lennon fuhr von der Sandy Row aus quer durch die Stadt, über die Lisburn Road, dann vorbei an der Queen’s University und weiter auf der Botanic Avenue. Vor dem Haus auf der Rugby Road, dessen Adresse ihm Dan Hewitt gegeben hatte, hielt er an. In der Wohnung im ersten Stock brannte Licht.
    Er schloss den Wagen ab, ging zur Tür und läutete. Dann trat er wieder zurück und sah zum Fenster hoch. Das Licht ging aus. Er läutete noch einmal.
    »Komme«, rief irgendwo im Innern eine Stimme.
    Er hörte Schritte auf der Treppe und dann Stöckelschuhe über den gefliesten Boden klackern.
    Die Tür ging auf, und vor ihm stand eine Frau mit einer Reisetasche. Sie starrte ihn einen Moment lang an, schaute über seine Schulter auf seinen Wagen und dann wieder auf ihn.
    »Taxi?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Lennon. »Polizei.«
    Sie machte den Mund auf und hob die Augenbrauen, dann verhärteten sich ihre Gesichtszüge.
    Er hielt ihr seinen Dienstausweis so hin, dass sie ihn lesen konnte. Sie schaute ihn sich nicht an.
    »Entschuldige«, sagte sie. »Nicht Englisch.«
    »Rasa Kairyté?«, fragte Lennon.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht Englisch.«
    »Können wir

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