Rachegott: Thriller
erzählt?“
„Das Ganze ist mir eben erst wieder eingefallen. Gestern stand ich völlig unter Schock. Ich konnte nicht mehr klar denken. Aber mittlerweile hat sich das geändert. Die gesamte Nacht habe ich mir den Kopf zerbrochen. Dabei bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Junker das stärkste Motiv für den Mord hat.“
Nora widmete sich ihrem Computer. Sie tippte etwas in die Tastatur ein und nickte Tommy anschließend zu. Ihr Kollege nahm an, dass sie Junkers Adresse in Erfahrung gebracht hatte.
„Ist Ihnen sonst noch etwas Wichtiges eingefallen, Herr Muster?“
„Nein. Es wird Junker sein! Verschwenden Sie also keine Zeit! Womöglich ist der Kerl bereits auf der Flucht!“
„Immer mit der Ruhe“, sagte Tommy. „Wir werden uns so bald wie möglich mit Herrn Junker beschäftigen. Das versprechen wir Ihnen. Vielen Dank für die Information.“
„Dafür brauchen Sie mir nicht zu danken. Das ist selbstverständlich. Es ist das Mindeste, das ich jetzt noch für meine Frau machen kann. Ich danke Ihnen, sobald Sie den Kerl gefasst haben.“ Muster nickte den Ermittlern zu und begab sich zurück zur Tür. „Ich verlasse mich auf Sie. Schnappen Sie ihn!“
Bevor er das Büro verließ, fragte Nora ihn noch: „Wie hat eigentlich Ihre Tochter auf die Horrornachricht reagiert? Haben Sie schon darüber nachgedacht, ob Sie psychologische Hilfe für sie in Anspruch nehmen möchten?“
„Nein, das ist nicht nötig. Ich habe Sabrina so vorsichtig wie möglich erklärt, dass ihre Mutter nicht mehr heimkommen wird. Und ich habe das Gefühl, dass sie damit viel besser umgehen kann, als ich es befürchtet habe. Sie ist eine starke kleine Dame. Bestimmt wird sie irgendwann eine mächtige Frau sein.“
„Manchmal kann es einige Zeit dauern, bis ein Kind das Ausmaß einer solchen Nachricht vollkommen realisiert hat.“
„Dann werde ich zu gegebener Zeit handeln. Aber momentan sehe ich dazu keinen Anlass. Auf Wiedersehen.“ Muster verließ das Büro und schloss die Tür hinter sich.
Nora blickte dem 48-Jährigen unwohl hinterher. Sie wunderte sich darüber, dass er nicht von sich aus auf seine Tochter zu sprechen gekommen war. Anscheinend war er so sehr darauf fixiert, den Mörder hinter Gittern zu sehen, dass er alles andere tatsächlich für unwichtig erachtete.
„Thorsten Junker. Hm, das ist sehr interessant“, flüsterte Waldemar unterdessen vor sich hin.
„Kennen Sie den Mann?“, wollte Thomas wissen, da er in Ruttigs Tonfall einen merkwürdigen Unterton wahrgenommen hatte.
„Äh, nein. Ich habe nur gerade gedacht, dass dieser Kerl tatsächlich der Mörder sein könnte, falls die Geschichte mit der Kündigung und dem finanziellen Ruin stimmt. Das wäre auf jeden Fall ein Motiv.“
„Das sehe ich auch so“, stimmte Tommy ihm zu. Dann sah er Nora an und fragte sie: „Du hast Junkers Adresse herausgefunden?“
„Ja, er wohnt im Schanzenweg .“
„Okay, dann mal los. Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat.“
9
Der Schanzenweg lag in Groß Ellershausen , einem kleinen Stadtteil im Westen Göttingens. Als Nora und Thomas ihn soeben erreichten, sahen sie einen schnurgeraden Weg vor sich, der auf beiden Seiten von Einfamilienhäusern gesäumt wurde. Thorsten Junker bewohnte das dritte Haus auf der linken Seite. Es war ein schlichtes Anwesen mit weißer Fassade und schwarzem Flachdach.
Nora parkte ihren Ford direkt vor dem Gebäude und stieg aus. Auch Tommy verließ den Wagen. „Ich bin wirklich neugierig, was wir von diesem Junker in Erfahrung bringen können. Mit ein wenig Glück ist er tatsächlich der gesuchte Täter und wir können diesen Fall schnell zu den Akten legen.“ Er trat über den Bürgersteig auf die Haustür zu und wollte schon klingeln, doch Nora ergriff seinen Arm und hielt ihn von diesem Vorhaben ab.
„Was ist los? Was hast du?“
„Die Haustür ist nur angelehnt“, flüsterte sie.
„Na, und? Vielleicht ist Junker vor wenigen Sekunden erst heimgekommen und hat die Tür in Gedanken nicht feste geschlossen. Das ist mir vor zwei Wochen auch passiert.“
Während Nora noch zögerte, trat Tommy einen Schritt vor und drückte auf den Klingelknopf. Dann verstrichen mehrere Sekunden, ohne dass etwas passierte. Junker kam nicht zur Tür, um die Kommissare hereinzulassen. Es geschah gar nichts.
„Irgendetwas stimmt hier nicht“, ahnte Nora. „Du kannst mich für verrückt halten, aber eine innere Stimme sagt mir, dass ein Unheil in der Luft
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