Rachegott: Thriller
hatte Herzprobleme. Zudem hat sie sich vor Jahren einer Bandscheibenoperation unterzogen. Bis auf den tödlichen Wundkanal konnte ich an ihrem Körper keine Täterspuren entdecken. Und der Kanal sagt uns lediglich, dass der Mörder die Waffe waagerecht auf Kopfhöhe des Opfers gehalten hat. Wahrscheinlich stand er keinen Meter von der Frau entfernt, als er den Schuss abfeuerte.“
Nora und Thomas sahen den Gerichtsmediziner fragend an. Doch Horn machte keinerlei Anstalten, seinen Worten weitere Informationen hinzuzufügen. Deshalb fragte Nora enttäuscht: „Das ist alles? Sie konnten nichts weiter feststellen? Nichts, das uns konkret weiterbringt?“
„Leider nicht. Es liegen keine körperlichen Schäden vor, die der Täter dem Opfer vor oder nach dem Schuss zugefügt hätte. Die Todesursache ist eindeutig. Der Todeszeitpunkt steht ebenfalls fest. Es gibt keine Gifte, die zu analysieren wären. Es liegt keine Vergewaltigung vor. Ich konnte auch keine Folterwunden entdecken. Da also kein intimer Kontakt zwischen Täter und Opfer stattfand, kann ich Ihnen keine hilfreichen Informationen liefern. Mir sind die Hände gebunden.“
„Das nenne ich ein ernüchterndes Fazit“, ließ Nora angesäuert verlauten. „Ich bin davon ausgegangen, dass Sie uns zumindest einen weiterführenden Hinweis bieten könnten.“
„Das würde ich liebend gerne machen. Aber der Täter war schlau genug, um seine persönliche Handschrift nicht an der Leiche zu hinterlassen. Sollte ich im Nachhinein noch etwas Aufschlussreiches entdecken, dann werde ich Sie sofort informieren. An Ihrer Stelle würde ich allerdings nicht darauf hoffen. Schließlich habe ich bereits alle erforderlichen Untersuchungen durchgeführt.“ Er hob die Schultern. „Natürlich wirkt es nun so, dass ich Ihnen nicht annähernd weiterhelfen konnte. Aber Sie sind doch so erfahren in Ihrem Beruf, dass Sie mit meinem Ergebnis zumindest eine Kleinigkeit anfangen können, nicht wahr?“
„Sie wollen darauf hinaus, dass wir bestimmte Rückschlüsse auf den Täter ziehen können, eben weil er keinen direkten Kontakt mit dem Opfer hatte?“, fragte Tommy nach einiger Überlegung.
„Genau. Ich gehe jede Wette ein, dass der Mörder kein Verwandter oder enger Freund von Gertrud Muster ist. Dazu wirkt das Verbrechen in meinen Augen zu kühl und steril.“
Nora dachte nach. Dann nickte sie. „Das ist gut möglich. Dennoch bringt uns diese Vermutung nicht sonderlich voran. Daher hoffe ich, dass Sie sehr wohl noch auf etwas Wichtiges stoßen werden. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt.“
Horn brummte trostlos vor sich hin: „Im Allgemeinen stimmt das. Aber manchmal stirbt sie leider schon eher. Sehr viel eher.“
8
Um zehn Uhr befanden sich die Ermittler in Noras Büro, um die bisherigen Fakten zu besprechen. Während Tommy am Fenster stand und in den sonnigen Vormittag hinausblickte, saß Nora reglos hinter ihrem Schreibtisch. Entgegen Tommys Hoffnung hatte sie sich wieder für ein schwarz-weißes Outfit entschieden. Offensichtlich konnte sie sich mit farbenfrohen Kleidungsstücken einfach nicht anfreunden. Zumindest schienen diese nicht den von ihr gewünschten Effekt zu erzielen.
„Der Mord an Gertrud Muster wurde gestern zwischen 15 und 16 Uhr verübt“, begann sie nach kurzer Zeit. „Daraus können wir schließen, dass der Mörder entweder überaus dumm oder überaus kühn ist. Denn einen Menschen am helllichten Tag vor dessen eigenem Haus zu ermorden, ist mehr als riskant. Es hätten viele unerwartete Faktoren eintreten können.“
„Vielleicht hat der Mörder nichts zu verlieren. Es war ihm egal, ob er bei der Tat beobachtet wird oder nicht.“
„Das wäre die schlimmstmögliche Variante. Dann könnte der Kerl nämlich schon in diesem Moment einen weiteren Menschen umbringen, ohne die Konsequenzen zu fürchten.“
„In meinen Augen wäre es noch schlimmer, wenn der Kerl sich durchaus um die Konsequenzen sorgt. Das würde nämlich bedeuten, dass er den Mord trotzdem so kühn beging und ihn demnach vorher geplant hatte. Wenn das der Fall sein sollte, dann scheint der Mörder ein ziemlich ausgekochter Kerl zu sein. Um diesen Tätertypus sollten wir uns noch mehr Sorgen machen.“
„Du hast recht. Falls dieser Mord geplant war, dann scheint der Täter sich sehr sicher zu sein, ungeschoren davonzukommen. In diesem Fall wird er die Pistole mit einem Hintergedanken am Tatort zurückgelassen haben. Folglich sollten wir deren
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