Rachegott: Thriller
leisten sich die Hartigs nicht nur einen, sondern gleich zwei Gärtner. Die haben ja das nötige Kleingeld.
Mehrere Blumenbeete grenzten an die Rasenflächen. Ein Zaun trennte diese vom Bürgersteig ab. Zudem standen einige Bäume an den Ecken des Grundstücks.
Die Villa selbst war über achtzig Meter lang und fünfzig Meter breit. Sie wies ein Obergeschoss und einen Keller auf. Zwar hatte der Mörder das Gebäude noch nie von innen gesehen, doch vermutete er, dort mindestens dreißig Räume vorzufinden.
Dreißig Räume für zwei Personen! Das ist absolut lächerlich! Niemand braucht diesen Luxus! In Afrika sterben täglich unzählige Kinder an Krankheiten und Hunger! Aber diese beiden Personen bewohnen ein Haus mit dreißig Zimmern! Die Hartigs sind der Inbegriff der Wörter ‚Ungerechtigkeit’ und ‚Verschwendung’. So etwas sollte verboten werden! So etwas muss ausgelöscht werden!
Während sich der Mörder fragte, wie viele Millionen das Anwesen wert sein mochte, erreichte er die Haustür. Dabei blickte er schräg nach oben und starrte in eine Überwachungskamera. Er wusste, dass in den Bäumen an den Grundstücksecken ebenfalls Kameras angebracht waren. Denn selbstverständlich hatte er auch die Hartigs in den letzten Monaten ausgekundschaftet. Er kannte ihre Gewohnheiten und wusste genau, dass sie eines der modernsten Sicherheitssysteme besaßen, die es derzeit auf dem Markt gab. Es bestand aus unzähligen Überwachungskameras, Bewegungsmeldern und Riegelmechanismen. Zudem würde wahrscheinlich ein stiller Alarm zur Polizeizentrale geschickt werden, sollte jemand auf die Idee kommen, tatsächlich in das Gebäude einzudringen.
Um eine Person in dem Haus umzubringen, benötige ich aber nicht einmal eine Minute. In dieser Zeit wird die Polizei unmöglich herkommen können. Sie brauchen mindestens zehn Minuten. Das habe ich bereits mit meinem Wagen getestet. Ich habe also genug Zeit für den Mord.
Darüber hinaus hatte der Mörder vor wenigen Tagen schon einmal bei den Hartigs geklingelt, um das Verhalten von Jutta zu studieren. Ihm war aufgefallen, dass sie die Haustür nur einen Spaltbreit geöffnet und ihren linken Zeigefinger auf dem Panikknopf der Alarmschaltung gehalten hatte. Offensichtlich war sie sehr empfindlich, was den Besuch unbekannter Personen anging.
Das kann ich ihr nicht verdenken. Man kann schließlich nie wissen, wer vor der Tür steht und was diese Person im Schilde führt. Es könnte ein eiskalter Mörder sein.
So wie ich.
Er lächelte wieder. Dann baute er sich vor der Haustür auf und drückte auf den Klingelknopf.
Jetzt muss ich nur noch ein wenig warten. Da Jutta momentan alleine zuhause sein dürfte, wird sie einige Augenblicke benötigen, um zur Tür zu kommen. Der Hausherr ist in seinem Büro am anderen Ende der Stadt. Die Haushaltshilfe kommt immer erst gegen 10 Uhr. Ein Gärtner ist auch nirgends zu sehen. Perfekt!
Nach einiger Zeit öffnete ihm eine kleine Frau mit pechschwarzen Haaren und zierlicher Figur die Tür. Wie erwartet war es die 47-jährige Jutta Hartig. Ihre rechte Hand umklammerte die Klinke. Der linke Zeigefinger befand sich am Panikknopf neben dem Türrahmen.
Menschen sind so berechenbar! Sie machen es mir so leicht, ihre Gewohnheiten zu studieren und diese zu meinem Vorteil zu nutzen. Wie naiv sie doch alle sind!
„Waren Sie nicht vor kurzer Zeit schon einmal hier?!“, fuhr Jutta ihn an, ohne auch nur an eine Begrüßung zu denken.
„Ja, das ist richtig. Entschuldigen Sie die erneute Störung, aber es ist wirklich dringend. Mein Name ist Kai. Meine Freundin hat mich eben auf dem Handy angerufen und behauptet, in Schwierigkeiten zu stecken. Leider ist der Akku meines Handys während des Gesprächs ausgefallen. Deshalb wollte ich fragen, ob ich vielleicht Ihr Telefon benutzen dürfte, um sicherzugehen, dass mit meiner Freundin alles in Ordnung ist. Das wäre sehr freundlich von Ihnen.“
„Nein, das ist nicht möglich. Tut mir leid.“
„Bitte! Ich flehe Sie an!“
„Nein.“
„Es handelt sich um einen Notfall!“
„Gehen Sie zu den Nachbarn!“
„Aber deren Haus liegt einige hundert Meter von hier entfernt! Wir sind doch mitten im Nirgendwo! Bitte! Ich werde Ihnen nichts tun! Ich möchte nur telefonieren! Vielleicht geht es um Leben und Tod! Verstehen Sie das nicht?“
„Wie kommen Sie überhaupt zum zweiten Mal in so kurzer Zeit in diese Gegend? Sie haben gerade selbst gesagt, dass wir hier recht abgeschieden liegen. Und vorher habe
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