Rachegott: Thriller
Ruttig stand hinter der Couch, vor der Jutta Hartig unverändert am Boden lag. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Jeans verstaut und blickte auf den Leichnam hinab. Sobald er die Ermittler sah, begrüßte er sie mit den Worten: „Ein weiterer sinnloser Mord. Das ist bereits der vierte! Wo soll das alles noch hinführen?“ Er winkte resigniert ab. „Ich möchte die Antwort wahrscheinlich gar nicht wissen.“
Nora und Tommy traten vor. „Wir haben gehört, dass ein Mann neben Frau Hartigs Leiche lag. Wo ist der jetzt?“
„In der Küche. Er ist mit den Nerven völlig am Ende, weil er die Hartigs gut kennt. Sein Name ist Gerald Trand.“
„Er kennt die Hartigs?“
„Zumindest behauptet er, mit Wilfried Hartig schon seit Jugendtagen befreundet zu sein.“
„Hat er auch gesagt, was er neben der Leiche zu suchen hatte?“
„Er habe nicht die geringste Ahnung, wie er hierher gekommen ist. Aber vielleicht bekommen wir mehr aus ihm heraus, wenn er sich wieder einigermaßen gefangen hat. Momentan ist er komplett am Ende.“ Waldemar sah wieder auf den Leichnam hinab. Dabei schüttelte er den Kopf und erklärte: „Schuss ins Herz. Sie wird auf der Stelle tot gewesen sein. Allerdings frage ich mich, wie dieser Mord abgelaufen ist. Die Blutspur im Flur lässt darauf schließen, dass Frau Hartig an der Haustür erschossen wurde. Vermutlich klingelte der Mörder. Entweder kannte sie ihn und ließ ihn herein oder der Kerl überrumpelte sie, wobei sie den Alarm auslösen konnte.“
„Wenn sie den Mörder gekannt und ins Haus gelassen hätte, dann hätte er sie im Flur erschießen können, ohne dass sie an den Alarmknopf herangekommen wäre“, gab Nora zu bedenken. „Daher gehe ich davon aus, dass sie ihn nicht kannte, sondern von ihm überrumpelt wurde. Doch weshalb zog der Mörder sie dann vom Flur hierher? Das dauerte bestimmt einige Zeit. Er hätte sie im Flur liegen lassen können. Welcher Zweck verbirgt sich hinter dieser Handlung?“
„Womöglich möchte der Täter uns auf etwas aufmerksam machen, das sich hier im Wohnzimmer befindet“, spekulierte Tommy. Er sah sich um, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen. An den Wänden hingen viele Gemälde. In den Schränken standen antike Skulpturen. Die verschiedenen Sitzmöglichkeiten wirkten sehr vornehm und kostspielig. Nichts wirkte auffällig oder merkwürdig.
Als Nora gerade eine Überlegung äußern wollte, tönte eine Männerstimme vom Flur herüber: „Wo ist sie? Wo ist meine Frau?! Was ist mit ihr passiert?!“
Die Ermittler drehten sich zur Tür und sahen einen Mann ins Zimmer stürmen. Er hatte längere schwarze Haare und trug einen dunkelblauen Anzug. Ein Dreitagebart zierte sein Gesicht.
„Oh Gott, nein! Jutta, Schatz!“ Er raste zur Couch und kniete sich vor den Leichnam.
Nora und Thomas hielten ihn nicht davon ab. Zwar waren sie Wilfried Hartig noch nie begegnet, aber da er eine bekannte Persönlichkeit war, hatten sie ihn sofort erkannt. Daher ließen sie ihn ohne Widerspruch zu seiner Frau. Zumal das Team der SpuSi den Leichnam und dessen nähere Umgebung offensichtlich schon untersucht hatte.
Wilfried nahm Juttas Kopf in beide Hände. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und begann zu wimmern. „Du darfst mich nicht verlassen! Du musst bei mir bleiben! Ich brauche dich! Das weißt du doch! Ich kann nicht -“ Urplötzlich riss er seinen Kopf herum und starrte die Ermittler an. „Sind Sie in diesem Fall zuständig?!“
Nora nickte. „Ja. Es tut uns sehr leid, dass Sie -“
„Wie konnte das passieren?!“, fiel Wilfried ihr ins Wort. „Und wer war es? Wer hat Jutta getötet?“
„Das wissen wir leider noch nicht. Aber wir werden alles Erdenkliche in die Wege leiten, um es herauszufinden.“
„Ersparen Sie mir diese lächerlichen Floskeln! Warum stehen Sie hier noch tatenlos herum? Sie müssten schon längst dort draußen sein, um den Mörder zu schnappen! Sobald Sie den Kerl haben, möchte ich ihn sehen! Ich will ihm Auge in Auge gegenüberstehen! Haben Sie mich verstanden?! Das ist das Mindeste, das Sie für mich machen können! Ich verlange es von Ihnen! Schließlich zahle ich immer eine horrende Summe an Steuern!“
„Herr Hartig, es ist verständlich, dass Sie momentan sehr wütend sind. Jedoch können wir uns diese Emotion nicht erlauben. Würden wir jetzt kopflos losrennen, dann kämen wir nie ans Ziel. Es ist unsere Pflicht, zunächst alle Spuren sicherzustellen und zu analysieren. Das kann
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