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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Schichten. In all den unvollkommenen Menschen darauf sah sie eine Gemeinschaft von potenziellen Heiligen. Und Gnade wird, wie Ryan jetzt wusste, in den meisten Fällen nicht in Form einer übernatürlichen Erscheinung wie der Ismays gewährt, sondern in Gestalt von Menschen, die so sind wie wir. Menschen wie Cathy Sienna, die gewusst hatte, dass man Ryan die Wurzeln der Gewalt aufzählen musste. Selbst wenn er sich erst Gedanken darüber machen würde, wenn es zu spät war. Auf jenem Rückflug aus Denver hatte sie ihm geraten, er solle sein Leiden und seine Errungenschaften in den Dienst der Vorhaben anderer stellen, wonach er jetzt tatsächlich lebte. Wenn auch ohne die letzte Gnade zu erwarten, aber in der Hoffnung, dass sie anderen zuteilwerden könnte.
    Sie war einmal in ihn verliebt gewesen und sie liebte ihn immer noch. Es war jedoch eine ganz andere Liebe, so emotional, intellektuell und spirituell wie früher, aber nicht mehr sinnlich. Durch sein Leiden lernte er die Wahrheit zu lieben und an diesem Nachmittag sah sie, dass seine Liebe zur Wahrheit ihn zu einem Verständnis ihrer Person geführt hatte, das er vorher nie besessen hatte. Er verstand sie so absolut wie vielleicht sonst niemand auf der Welt. Im Laufe dieses erstaunlichen
Nachmittags hatte sich ihre Liebe zu ihm vertieft und sie fragte sich, ob sie in ihrem Leben jemals wieder etwas Vergleichbares erleben würde.
    Am späten Nachmittag, als es Zeit wurde, Abschied zu nehmen, wussten sie es beide und erhoben sich gemeinsam von ihren Stühlen am Tisch. Er und Tinker begleiteten Sam über die Ranch, vorbei an den Ställen und den Reitplätzen, durch den umbauten Hof und zu ihrem Wagen vor dem ursprünglichen Herrenhaus.
    Auf dem Weg sagte er: »Es gibt noch etwas, das ich dir sagen muss, Sam, und ich weiß, du wirst Einwände erheben wollen, aber ich bitte dich im Voraus um eine gewisse Nachsicht mit mir. Keine Einwände. Keine Kommentare. Hör einfach nur zu. Schließlich bin ich ein Fan deiner Bücher und das sollte mir großes Entgegenkommen von dir eintragen. Eine Autorin darf ihre Fans schließlich nicht verstimmen.«
    Seinem gewollt lockeren Tonfall konnte sie entnehmen, dass ihm das, was er ihr als Nächstes sagen wollte, wichtiger war als alles andere, worüber sie im Lauf des Nachmittags gesprochen hatten. Durch ihr Schweigen gab sie ihre Einwilligung.
    Er nahm sie wieder an der Hand und sie liefen ein paar Schritte weiter, bevor er sagte: »Wenn ich auf alles zurückblicke, konnte ich lange Zeit nicht begreifen, warum ein Typ wie ich dem Universum so wichtig war, dass mir Ismay Clemm geschickt wurde oder dass mir all die Zeichen gesandt wurden, die hätten verhindern können, dass ich in dieser Form zum Ausbeuter geworden bin, der jetzt mit dem Herzen eines toten Mädchens lebt und ihr Leben auf dem Gewissen hat. Weshalb sollten mir so viele Chancen gegeben
werden, wenn ich ganz eindeutig nicht der Typ war, der sie ergreifen oder sie auch nur erkennen würde? Und dann wusste ich es eines Tages vor nicht allzu langer Zeit plötzlich. Als ich dieses dritte Buch von dir gelesen hatte, da wusste ich es. Du warst es, Sam. All diese Chancen habe ich nur deinetwegen bekommen.«
    »Ryan …«
    »Du hast versprochen, nichts dazu zu sagen. Sieh mal, das ist so. Du bist ein feiner Mensch, mehr als fein, du bist voller Anstand, das personifizierte Wohlwollen. Und das, was du mit deinem Leben tust, ist wichtig. Es ist notwendig, dass du glücklich bist, denn in deinem Glück wirst du so vielen anderen Menschen den Weg weisen - durch deine Bücher. Sei glücklich, Sam. Finde jemanden. Heirate. Krieg Kinder. Du wirst übrigens eine unglaubliche Mutter sein. Bekomm Kinder, Sam, nimm das Leben bereitwillig an und schreib deine brillanten Bücher. Denn falls es Hoffnung für mich gibt, wenn meine Zeit kommt, dann nicht deshalb, weil ich alles weggegeben habe, und auch nicht deshalb, weil ich hier unter Mönchen lebe, ohne selbst einer zu sein oder jemals einer werden zu können. Nein, falls es eine endgültige Erlösung gibt, dann deshalb, weil ich durch dein Leben gegangen bin, ohne Narben zu hinterlassen, und weil ich das, was du bist, nicht geschmälert habe. Kein Kommentar jetzt, nicht ein einziger.«
    Sie hatten ihren Wagen erreicht und sie war sich nicht sicher, ob sie fahren konnte oder ob sie auch nur ein Wort herausbringen würde. Aber sie wusste mit absoluter Sicherheit, was er von ihr wollte, was er brauchte. Daher brachte sie mühsam den immensen

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