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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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spezielle Bedeutung für ihn und darin verberge sich eine Nachricht, die er entziffern musste, eine Warnung, die seine Zukunft betraf.

    Dieses Gefühl war vorübergegangen, als er vollständig erwacht war und sich an den Anfall und den spitzen Stachel des Schmerzes erinnert hatte, der ihn in der Nacht gepeinigt hatte.
    Aber jetzt, fast vier Tage später, kehrte das Gefühl einer bevorstehenden Enthüllung wieder zurück. Ryan hatte den Eindruck, er sollte sich gegen die Schwerkraft zur Wehr setzen, die ihn in den Schlaf hinabzog, sollte aufstehen, den Fernseher anschalten, den Film identifizieren und jede einzelne Szene auswringen, um irgendein bitteres Omen, das darin enthalten sein mochte, aus der Geschichte herauszuquetschen.
    Ein schweres Abendessen, ein wirksames Schlafmittel, die Last der Erschöpfung und eine gewisse Feigheit bewogen ihn stattdessen, die verbliebenen Sandkörner des Bewusstseins durch seine Finger rieseln zu lassen.

    Er schlief über zehn Stunden und erwachte am Montagmorgen mit Kopfschmerzen, die vielleicht ein Trinker nach einem dreitägigen Exzess verdient hätte.
    Unter der Dusche trommelte das Wasser auf seinen Schädel, als sei jeder Tropfen ein Hagelkorn. Sogar schwaches Licht ließ seine Augen schmerzen und jeder Geruch ekelte ihn.
    Er kämpfte mit großen Mengen Kaffee gegen diesen Kater an. Den ersten trank er schwarz, den zweiten mit Milch, aber noch ohne Zucker.
    Später bestellte er trockenen Toast. Noch später ein Hefebrötchen mit Butter. Am Nachmittag verlangte er eine Portion Vanilleeis.

    Der Roomservice brachte ihm eines nach dem anderen, als sei er ein krankes Kind, dessen Wünsche von einer hingebungsvollen Mutter erfüllt wurden.
    Er arbeitete ununterbrochen am Computer, denn er war bestrebt, die Spiegelungen in Teresa Reachs toten Augen sichtbar zu machen und zu entschlüsseln, was er dort zu finden hoffte. Noch Stunden nachdem er bereits wusste, dass dort kein Sinn zu finden war, arbeitete er an den beiden Bildern.
    Ohne diese Aufgabe, mit der er sich beschäftigen konnte, hätte er vielleicht den Escalade aus der Hotelgarage vorfahren lassen und wäre wieder zu dem Park mit den Espen gefahren, sofern er ihn gefunden hätte. Wäre er erst einmal im Park, würde er nicht in der Lage sein, St. Gemma zu widerstehen, und er machte sich Sorgen, ein zweiter Besuch der Kirche könnte nicht nur nicht zu einer Lösung des Rätsels beitragen, sondern ihn nur noch mehr verwirren.
    Die zahllosen sonderbaren Vorfälle der letzten Tage hatten anfangs zu Bestürzung geführt, die seine Neugier angefacht hatte. Die Bestürzung war nun einer trüben Verwirrung gewichen, die ihn in ihrer Hartnäckigkeit geistig und seelisch fertigmachte.
    Am Montagnachmittag gestand er sich endlich ein, dass nichts in Teresas Augen ihm Aufschluss über die Menschen geben würde, die sich möglicherweise gegen ihn verschworen hatten. Ganz zu schweigen von deren Motiven.
    Dennoch hatte er weiterhin das Gefühl, etwas an dieser letzten Fotografie von Teresa sei wichtig. Spencer Barghest hatte zweifellos die Kamera gehalten; folglich hatte Barghest Rebecca Reach dabei geholfen, Teresas Leben zu beenden.
    Samantha behauptete, ihrer Mutter entfremdet zu sein.

    Sie ist auch gestorben. Für mich jedenfalls. Rebecca ist in einem Apartment in Las Vegas begraben. Sie läuft durch die Gegend und redet und atmet, aber tot ist sie trotzdem.
    Und doch hatte sie sich am Freitagabend, kaum mehr als achtundvierzig Stunden nach dieser verbitterten Äußerung, aus ihrer Wohnung geschlichen, während Ryan ein Nickerchen machte, um sich im Mondschein unter dem Pfefferbaum mit Barghest zu treffen.
    Spencer Barghest war an dieser ganzen Geschichte beteiligt, und da er bestenfalls gestört und schlimmstenfalls gemeingefährlich und pervers war, hatte er seine Finger bestimmt nicht deshalb im Spiel, weil er sich um Ryans Wohlergehen sorgte. Barghest hatte Teresas Leben ein Ende bereitet und er konnte durchaus an einer Intrige zur Beendigung von Ryans Leben beteiligt sein. Das wiederum sprach dafür, Ryans erste Reaktion auf das - nämlich die Ahnung, dass sie einen Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels enthielt - nicht leichtfertig abzutun.
    Wenn die Antwort nicht in ihren Augen lag, konnte sie möglicherweise anderswo auf dem Foto zu finden sein.
    Seine Aufmerksamkeit richtete sich als Nächstes auf ihren Mund, der leicht geöffnet war. Ihre vollen Lippen waren geöffnet, als hätte der Lebensodem sie auseinandergepresst,

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