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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verstecken könnte, hatte er nicht ausgelassen.
    Jetzt nahm er sich die Aufzeichnung der Kamera vor, die auf den Balkon vor dem Alkoven seiner Suite im zweiten Stock gerichtet war, und sah sich denselben Zeitraum an. Das Licht einer einzigen Balkonlampe reichte der Nachtsichtkamera aus, um ein Bild zu zeigen, das fast so hell war wie die Aufnahmen bei Tag. Niemand verließ die Suite durch diese Tür oder durch eines der beiden Fenster.
    Als er sich die Aufzeichnung von dem anderen Balkon seiner Suite anschaute, sah er auch durch die Tür vom Schlafzimmer aus oder durch das Schlafzimmerfenster niemanden herauskommen.
    Niemand hatte die Suite verlassen, aber es war auch niemand dort gewesen, als er jeden Winkel durchsucht hatte.
    Nach den Indizien zu urteilen musste sich der goldene Anhänger wie durch Zauberhand auf dem Kissen materialisiert haben.
    Was wie die reinste Magie erschien, konnte jedoch nie etwas
anderes sein als ein ganz gewöhnlicher Vorfall, der lediglich durch das Fehlen eines entscheidenden Faktors geheimnisvoll wurde.
    Ryan zermarterte sich das Gehirn, um dahinterzukommen, was dieser Faktor sein könnte, doch sowohl seine Vernunft als auch seine Fantasie ließen ihn im Stich.
    Als er den Monitor gerade frustriert ausschalten wollte, beschloss er, sich erst noch die Aufzeichnungen anzusehen, die am Vortag in der Abenddämmerung auf dem südlichen Rasen entstanden waren, als er im Wintergarten gelesen und entdeckt hatte, dass er beobachtet wurde. Zwei Kameras waren auf diesen Bereich gerichtet.
    Das System speicherte all diese Aufzeichnungen dreißig Tage lang und löschte sie dann, sofern keine gegenteiligen Befehle vorlagen.
    Die erste Kamera, die auf dem Haus stand, bot in etwa den Blick, den Ryan von seinem Sessel aus gehabt haben musste. Jetzt zeigte sie ihm den klumpigen grauen Gänsedaunenhimmel, den Nieselregen, die düsteren Bäume, den sich windenden Nebel, den durchnässten Rasen, über den der vermummte Eindringling geglitten war.
    Er schaltete sich vor dem Anbruch der Abenddämmerung in das Geschehen ein und beobachtete, wie das wässrige Licht aus dem Tag heraus sickerte. Die Nacht kam, nur der Eindringling kam nicht.
    Ungläubig ließ Ryan, der sich die Aufnahme im Schnellvorlauf angesehen hatte, sie noch einmal in Echtzeit ablaufen, obwohl sie ihm endlos lang erschien. Himmel, Regen, Bäume, Nebel, unbeständiges Licht, das zu Dunkelheit ausblich, aber kein Besucher, ob unheilbringend oder nicht.
    Die zweite Kamera, die auf den südlichen Rasen gerichtet
war, war auf einem Ast einer Lorbeerfeige angebracht und aus einem anderen Winkel teilweise auf denselben Bereich gerichtet. Die drei Himalajazedern, aus deren Schatten die vermummte Gestalt beim zweiten Mal aufgetaucht war, standen hier im Mittelpunkt.
    Durch das verblassende Licht vor Anbruch der Nacht glitt unter den majestätischen hängenden Ästen der Zedern jedoch kein Phantom hervor.
    Verdammt nochmal, etwas hatte er am vergangenen Abend doch gesehen. Die Gestalt war keine reine Halluzination gewesen. Sie war weder ein Gebilde gewesen, das ihm Regen und Nebel vorgegaukelt hatten, noch die Spiegelung einer der Palmen oder Farnsträucher im Wintergarten auf dem Fensterglas. Er hatte jemanden gesehen, in einem Regenmantel mit Kapuze, vielleicht eine Frau, und sie hatte sich bewegt und war nass und real gewesen.
    Der Beobachter im Regen war so real gewesen wie die Zuckerherzen, so real wie der goldene herzförmige Anhänger, und der lag jetzt …
    Ja, wo eigentlich?
    Auf dem Nachttisch. Genau. Nachdem er ihn an der Kette hochgehalten und die Aufschrift gesehen hatte, hatte er ihn auf den Nachttisch gelegt. Später, nachdem er die Zellophantüte mit den Süßigkeiten im Panikraum gefunden hatte, hatte er auch diese Tüte auf den Nachttisch gelegt.
    Ryan schaltete den Monitor aus, schloss den Schrank ab, verließ den Abstellraum, schloss die Tür zu und kehrte in seine Suite zurück, wobei ihm schon Übles schwante.
    Auf dem Nachttisch standen nur die Lampe und die Uhr. Die Tüte mit den Zuckerherzen und der goldene Anhänger waren verschwunden.

    Die hektische, kraftraubende Durchsuchung der Suite brachte keinen der beiden Gegenstände ans Licht.
    Als er abschließend den Safe mit der neuen Kombination öffnete, die er gerade erst einprogrammiert hatte, fand er auch dort weder den Anhänger noch die Zuckerherzen. Dafür war wie zuvor schon die Munition jetzt die Pistole entwendet worden.

37
    Da er in seiner Suite nicht mehr sicher

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