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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Balkone aus die Suite betreten hätte, durch eine Tür oder ein Fenster von draußen hereingekommen wäre, dann hätte er den Teppich nass gemacht. Ryan hätte die Feuchtigkeit unter seinen nackten Füßen gefühlt.
    Niemand war hier gewesen. Jemand war hier gewesen. Die reine Unvernunft.
    Als sei der Anhänger verhext und als würde die kleinste Berührung dafür sorgen, dass sich ein Fluch auf ihn übertrug, zögerte Ryan, ihn anzufassen. Aber gleichzeitig hatte ihn glühende Neugier gepackt.

    Solange es auf dem Kissen lag, war von dem goldenen Herzen nur eine Seite zu sehen, die matt schimmerte. Als die Kette zwischen seinen Fingern baumelte, wurde die andere Seite sichtbar. Zwei Worte waren darin eingraviert: SEI MEIN.
    Bei dem Anhänger handelte es sich nicht um ein Medaillon. Das empfand er als Erleichterung. Wäre es ein Medaillon gewesen, dann hätte es vermutlich etwas enthalten, das er bestimmt nicht hätte sehen wollen.
    SEI MEIN.
    Während er an diesem Worten herumrätselte und an die kleinen Zuckerherzen dachte, beunruhigte ihn eine Erinnerung: der offene Wandsafe, als er sich, von Furcht gepackt, die Pistole geschnappt hatte.
    Erst jetzt kam Ryan zu Bewusstsein, was er in dem Safe gesehen hatte. Er stand da, lauschte den Ratten, die keine waren, sondern nur Regen, und fühlte, wie das Schicksal an seinen Knochen nagte.
    Wenn das, woran er sich erinnerte, der Wahrheit entsprach, war die Normalität des vergangenen Jahres eine Falltür mit einer rostigen Sprungfeder, und jetzt hatten die Windungen dieser Feder abrupt Risse bekommen und versagten.
    Er versuchte die Erinnerung zu leugnen, ließ die Kette mit dem Anhänger auf den Nachttisch fallen, umklammerte die Pistole und kehrte in sein Ankleidezimmer zurück, nicht übereilt, sondern im Tempo eines zum Tode Verurteilten.
    Die Blende war noch offen, der Safe deutlich zu sehen. Als er die Tür zugeknallt hatte, nachdem er sich die Waffe genommen hatte, war das Schloss automatisch eingerastet. Auf der Statusanzeige schimmerte jetzt das Wort SECURE.
    Unter den gegebenen Umständen schien ihn diese Beteuerung von Sicherheit zu verspotten.

    Als er den Code in das beleuchtete Tastenfeld eingab, wurde SECURE wieder von ACCESS abgelöst. Nach kurzem Zögern öffnete er die quadratische Stahltür.
    Der Safe hatte viertausend Dollar Bargeld für einen Notfall enthalten, zwei kostbare Armbanduhren und Manschettenknöpfe mit Diamanten für französische Manschetten, die er niemals trug. Nichts davon war angerührt.
    In dem Safe hatte sich auch ein kleines Schmuckkästchen mit Scharnieren befunden, das den Verlobungsring im Wert von 85 000 Dollar enthielt, der Samanthas Ringfinger bereits angepasst worden war. Er hatte sie nicht dazu überreden können, den Ring anzunehmen. Das Kästchen stand noch da, und als Ryan es öffnete, funkelte darin der Ring.
    Am vergangenen Abend hatte er außerdem auch noch die Zuckerherzen in diesen Safe gelegt. Die kleine Zellophantüte mit dem roten Band und ihrem gesamten Inhalt war verschwunden.
    Das hatte er gesehen, aber nicht bewusst registriert, als er es vor wenigen Minuten so eilig gehabt hatte, die Pistole an sich zu bringen.
    Was er bei dieser Gelegenheit auch nicht bemerkt hatte, aber jetzt entdeckte: Die Schachtel mit den 9mm-Patronen war ebenfalls entwendet worden. Er brauchte den Inhalt des kleinen Safes nicht zu durchsuchen. Die Schachtel konnte nicht unter den anderen Gegenständen verborgen sein: Sie waren Schnickschnack und klein; die Schachtel voller Sterblichkeit war dagegen groß und schwer gewesen.
    Ryan konnte im ersten Moment nicht verstehen, weshalb ein Eindringling, der den Safe fand, die Munition, aber nicht die Waffe an sich nehmen und ihm zehn Schuss zu seiner Verteidigung lassen sollte.

    Doch. Ja, klar. Natürlich.
    Er warf das Magazin aus der Pistole aus. Die zehn Patronen waren daraus entfernt worden.
    Da er an die Notwendigkeit von Taten glaubte, hatte sich Ryan ohne zu überlegen auf die Suche nach einem Eindringling gemacht, war von einem Raum in den anderen gerast, hatte, mit einer unbrauchbaren Pistole bewaffnet, Türen aufgerissen und niemanden entdeckt, auf den er hätte schießen können. Dafür hatte eine metaphorische Kugel, der Hohn seines Feindes, seinen Stolz schwer getroffen und ihn gedemütigt.

35
    Durch einen siebenstelligen Zugriffscode gelangte Ryan in die Sicherheitseinstellungen des Safes. Er löschte seine bisherige Zahlenkombination und gab eine neue ein, der ein Datum zugrunde

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