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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sich gebracht hatte. Das hier waren natürlich nur Idioten auf Stelzen, aber trotzdem. Wenn man jemandem eine Maske aufsetzt, geschieht etwas Seltsames. Mit der Veränderung des Aussehens ändert sich auch das Verhalten. Manchmal erscheinen sie dann nicht mehr wie Menschen, sondern wie irgendetwas anderes.
    Espe hätte diese ganze Sache auch dann nicht gefallen, wenn sie nicht gerade einen Mord geplant hätten. Es war, als sei die Stadt am Rand der Hölle errichtet worden, und die Teufel drängten in die Straßen, mischten sich ins Alltagsgeschehen, ohne dass irgendjemand das auch nur im Geringsten ungewöhnlich fand. Er musste sich selbst in Erinnerung rufen, dass seine Truppe von all den seltsamen und gefährlich wirkenden Menschen die seltsamste und gefährlichste war, der sie überhaupt begegnen konnten. Wenn es Teufel in der Stadt gab, dann zählte er zu den Schlimmsten. Das war nicht unbedingt ein beruhigender Gedanke, nachdem er sich einmal in ihm festgesetzt hatte.
    »Hier entlang, meine Freunde!« Cosca führte sie über einen Platz, der mit vier feucht schimmernden, blattlosen Bäumen bepflanzt war. Ein großes hölzernes Gebäude erhob sich aus der Düsternis, das von drei Seiten einen Innenhof umschloss. Ebenjenes Gebäude, dessen Modell in den letzten Tagen auf dem Küchentisch des alten Lagerhauses gelegen hatte. Vier gut bewaffnete Wächter standen mit finsteren Mienen an einem vergitterten Tor, und Cosca sprang elegant die Stufen zu ihnen hoch und schlug die Hacken zusammen. »Einen schönen guten Morgen, meine Herren!«
    »Bei Cardotti ist heute geschlossen«, knurrte der Wächter, der ihm am nächsten stand. »Heute Abend auch.«
    »Nicht für uns.« Cosca deutete mit einer weiten Bewegung seines Stocks auf die zusammengewürfelte Gruppe. »Wir sind die Künstler, die bei der Privatveranstaltung heute Abend für Unterhaltung sorgen sollen, eigens für diesen Zweck von der Gefährtin des Prinzen Ario, Carlot dan Eider, ausgewählt und angeheuert. Nun öffnen Sie uns umgehend, wir haben noch eine Menge vorzubereiten. Hinein, meine Kinder, und trödelt nicht! Die Leute wollen unterhalten werden!«
    Der Innenhof war größer, als Espe ihn sich vorgestellt hatte, und angesichts der Tatsache, dass es sich hier um das beste Hurenhaus der Welt handeln sollte, auch eine ziemliche Enttäuschung. Wacklige Tische und Stühle, von denen die Goldfarbe abblätterte, standen auf moosbewachsenen Pflastersteinen. Zwischen den Fenstern des oberen Stockwerks waren Wäscheleinen gespannt, an denen schlaffe Betttücher trockneten. In einer Ecke waren Weinfässer unordentlich aufgestapelt worden. Ein gebeugter alter Mann fegte den Platz mit einem ausgefransten Besen, und eine dicke Frau klatschte ein paar Kleidungsstücke, vielleicht ihre Unterwäsche, mit großer Kraft auf ein Waschbrett. Drei dürre Frauen saßen gelangweilt um einen Tisch. Die eine hielt ein geöffnetes Buch in der Hand. Eine andere betrachtete missmutig ihre Nägel, die sie mit einer Feile bearbeitete. Die dritte lümmelte auf ihrem Stuhl und sah der Ankunft der Künstler zu, während sie den Rauch einer kleinen Tschagga-Pfeife ausblies.
    Cosca seufzte. »Es gibt doch nichts Gewöhnlicheres oder weniger Aufreizendes als ein Hurenhaus zur Tageszeit, nicht wahr?«
    »Offenbar nicht.«
    Espe beobachtete, dass die Gaukler sich einen Platz in einer Ecke suchten und ihre Requisiten auspackten, zu denen auch funkelnde Messer gehörten.
    »Ich habe immer gedacht, dass es doch ein recht angenehmes Leben sein muss, so als Hure. Jedenfalls, wenn man einigermaßen erfolgreich ist. Tagsüber hat man frei, und wenn man schließlich an die Arbeit muss, kann man den größten Teil im Liegen erledigen.«
    »Es ist nicht sehr ehrenhaft«, wandte Espe ein.
    »Scheiße düngt wenigstens die Blumen. Ehre kann man nicht einmal dazu verwenden.«
    »Aber was ist, wenn du alt wirst und dich niemand mehr will? Mir kommt es so vor, als ob man die Verzweiflung nur aufschiebt und schließlich auf sehr viel Bereuenswertes zurückblickt.«
    Das Lächeln hinter Coscas Maske hatte etwas Trauriges. »Das geht uns allen so, mein Freund. So ist es in jedem Beruf, auch in unserem. Als Soldat, als Mörder, wie man es auch immer nennen will. Niemand will dich, wenn du alt bist.« Er stolzierte an Espe vorbei über den Innenhof, und sein Stock zuckte mit jedem Schritt vor und zurück. »Auf die eine oder die andere Art sind wir alle Huren!« Er zog ein buntes Tuch aus seiner Tasche und

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