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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Decke brach und wild um sich trat, würde das Orsos Söhne und ihre Gäste sicherlich etwas bedenklich stimmen. Durch das kleine Loch, das im aufwendigen Stuck kaum zu sehen sein würde, sah Morveer in den reich verzierten und vertäfelten Flur unter ihnen, der mit gurkhisischen Teppichen ausgeschlagen war und von dem zwei Türen abgingen. Eine Krone war in das Holz über der nächstliegenden geschnitzt.
    »
Perfekt
positioniert, meine Liebe. Die Königssuite.« Von hier aus hatten sie einen unverstellten Blick auf die Wächter, die beide Eingänge bewachten. Er fasste in seine Jacke und runzelte die Stirn. Schnell klopfte er seine Taschen ab, und Panik griff nach ihm.
    »Verdammt! Ich habe mein Reserveblasrohr vergessen! Was, wenn …«
    »Ich habe noch zwei zusätzliche mitgebracht, nur für den Fall.«
    Morveer drückte eine Hand gegen seine Brust. »Den Schicksalsgöttinnen sei Dank. Nein! Verdammt sollen sie sein! Der Dank gilt deiner umsichtigen Planung. Wo wäre ich nur ohne dich?«
    Day lächelte ihr unschuldiges kleines Lächeln. »Dort, wo Sie jetzt auch sind, nur mit weniger angenehmer Gesellschaft. Vorsicht steht immer an erster Stelle.«
    »Das ist
so
wahr.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Und hier kommen sie auch schon.« Murcatto und Vitari erschienen, beide maskiert, gepudert und dem Anlass entsprechend bekleidet oder vielmehr unbekleidet, genau wie die zahlreichen anderen weiblichen Angestellten dieses Etablissements. Vitari öffnete die Tür neben der Krone und verschwand in dem dahinterliegenden Raum. Murcatto sah kurz zur Decke empor, nickte, dann folgte sie ihr. »Sie sind drin. Soweit verläuft alles nach Plan.« Aber es blieb immer noch genug Raum für Katastrophen. »Der Innenhof?«
    Day rutschte auf dem Bauch zum Rand des Dachbodens, wo das Dach über den Balken lag, und sah durch die Löcher, die sie so gebohrt hatten, dass der Blick auf den Hof in der Gebäudemitte frei war. »Sieht aus, als würden sie sich darauf vorbereiten, unsere Gäste willkommen zu heißen. Was jetzt?«
    Morveer kroch zum winzigen, verdreckten Fenster und wischte mit einer Hand die Spinnweben weg. Die Sonne ging hinter den spitzen Dächern unter und tauchte die Stadt der Geflüster in ihren düsteren Schein. »Der Maskenball in Sotorius’ Palast sollte demnächst beginnen.« Auf der anderen Seite des Kanals, hinter Cardottis Haus der Sinnesfreuden, wurden Fackeln angezündet, und Lampenlicht sickerte aus den Fenstern der weiter zurückliegenden Herrenhäuser in den blauen Abend. Morveer schüttelte die Spinnenweben mit leichtem Abscheu von seinen Fingern. »Jetzt sitzen wir auf diesem verdreckten Dachboden und warten, bis Seine Hoheit Prinz Ario erscheint.«

LEIDENSCHAFT UND TOD
    In der Dunkelheit verwandelte sich Cardottis Haus der Sinnesfreuden in eine ganz andere Welt. Ein Traumland, das von der tristen Wirklichkeit so weit entfernt war wie der Mond. Der Spielsaal war von dreihundertsiebzehn flackernden Kerzen erhellt. Freundlich hatte sie gezählt, als sie auf den blitzenden Kronleuchtern in die Höhe gezogen, in Wandleuchter gesteckt und in glitzernde Kerzenhalter gedreht worden waren.
    Inzwischen hatte man die grauen Tücher von den Spieltischen gezogen, und einer der Kartengeber mischte sein Blatt, ein anderer saß einfach nur da und starrte vor sich hin, während ein dritter sorgfältig seine Gewinnmarken vor sich auftürmte. Freundlich zählte still mit ihm mit. Auf der anderen Seite des Raums ölte ein alter Mann das Glücksrad. Für jene, die darauf setzten, würde es vermutlich wenig Glück bringen, wenn Freundlich die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer richtig berechnet hatte. Das war ja das Seltsame mit den Glücksspielen. Die Wahrscheinlichkeit war gegen den Spieler. Vielleicht konnte man die Zahlen an einem einzigen Tag einmal überlisten, aber niemals auf Dauer.
    Alles glänzte wie ein verborgener Schatz, vor allem die Frauen. Sie waren nun angezogen und maskiert, und das warme Kerzenlicht verwandelte sie in Geschöpfe, die nicht mehr viel Menschliches an sich hatten. Die langen, schlanken Glieder waren geölt, gepudert und mit Glitzerstaub bestäubt, die Augen leuchteten dunkel durch die Sehschlitze in den vergoldeten Masken, Lippen und Nägel waren dunkelrot wie Blut aus tödlichen Wunden.
    Die Luft war voller seltsamer, furchteinflößender Gerüche. In der Sicherheit hatte es keine Frauen gegeben, und Freundlich fühlte sich recht angespannt. Er beruhigte sich selbst damit, dass

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