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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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kahlern Fell besetzt war, einen großen runden Holzschild über dem Arm und ein schweres Schwert in der anderen Hand. Graulock ragte ihm gegenüber auf, eine Eisenmaske bedeckte sein ganzes Gesicht, und er hielt eine große, mit vielen Eisennieten besetzte Keule in Händen. Espe redete schnell auf Nordisch auf ihn ein, zeigte ihm, wie er sein Schwert schwingen würde, wie Graulock darauf am besten reagieren sollte, und ging mit ihm die Schritte der Darbietung durch, die sie zeigen wollten.
    Barti und Kümmel, die Akrobaten, trugen eng anliegende, kunterbunt karierte Kleidung und stritten miteinander in der Sprache der Union, während einer der beiden wild ein Kurzschwert schwang. Der Unglaubliche Ronco sah ihnen unter seiner Maske zu, die mit grellem Rot, Orange und Gelb wie zuckende Flammen bemalt war. Hinter ihm wirbelten die drei Gaukler einen Reigen funkelnder Messer durch die Luft, die im Halbdunkel schimmerten und blitzten. Andere lehnten an Kisten, saßen im Schneidersitz auf dem Boden, alberten herum, schärften ihre Klingen oder machten sich an ihren Kostümen zu schaffen.
    Freundlich erkannte Cosca kaum wieder, der einen mit viel Silber bestickten Samtmantel trug, sich einen hohen Hut aufgesetzt hatte und einen langen schwarzen Stock mit schwerem Goldknauf in der Hand führte. Der Ausschlag an seinem Hals war mit Puder überdeckt worden. Sein ergrauender Schnurrbart war mit Pomade in eine schwungvoll halbrunde Form gezwirbelt, seine Stiefel glänzend poliert und seine Maske mit Splittern von Spiegelglas besetzt, aber seine Augen strahlten sogar noch heller.
    Er schlenderte auf Freundlich zu und lächelte dabei gewinnend wie ein Zirkusdirektor, der gerade die Vorstellung eröffnen will. »Mein Freund, ich hoffe, es geht dir gut. Vielen Dank dafür, dass du mir heute Morgen dein Ohr geliehen hast.«
    Freundlich nickte und versuchte nicht zu grinsen. Coscas gute Laune hatte beinahe etwas Magisches an sich. Er hatte das Selbstbewusstsein, unausgesetzt zu reden, zu reden und zu reden und sich dabei gewiss zu sein, dass ihm die Leute zuhörten, mit ihm lachten, ihn verstanden. Beinahe brachte er Freundlich dazu, selbst etwas sagen zu wollen.
    Cosca hielt ihm etwas hin. Eine Maske in der Form von zwei Würfeln, die zwei Einser zeigten, wobei die Würfelaugen gleichzeitig die Löcher zum Durchsehen bildeten. »Ich hoffte, du würdest mir den Gefallen tun, heute Abend den Spieltisch zu beaufsichtigen.«
    Freundlich nahm mit zitternden Händen die Maske entgegen. »Das würde ich wirklich gern tun.«
     
    Die verrückte Truppe machte sich auf durch die gewundenen Straßen, als die Morgennebel sich allmählich lichteten, zog durch graue Gassen, über schmale Brücken, durch dunstverhangene, überwucherte Gärten und durch feuchte Tunnel, und ihre Schritte hallten hohl in der Düsternis. Das verräterische Wasser war niemals weit entfernt, und Espe rümpfte die Nase angesichts des salzigen Gestanks der Kanäle.
    Die halbe Stadt war maskiert und kostümiert, und offenbar hatte jeder etwas zu feiern. Wer nicht zum großen Ball zu Ehren der königlichen Besucher Sipanis eingeladen worden war, hatte eigene Feste organisiert, und viele machten sich bereits früh dorthin auf den Weg. Einige hatten sich nicht allzu aufwendig verkleidet – Festtagsmäntel und -kleider, dazu eine schmale Maske für die Augen. Andere wiederum hatten keine Kosten und Mühen gescheut – auffällige Hosen, hohe Schuhe, goldene und silberne Gesichter, die tierhafte Züge oder irres Grinsen zeigten. Espe musste an den Blutigen Neuner denken, wie er damals im Schildkreis gekämpft hatte, an das mit Blut bespritzte Teufelsgrinsen. Seine Nerven beruhigte das alles kein bisschen. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass er Pelz und Leder trug so wie früher im Norden, ein langes Schwert und einen Schild, wie er sie sonst auch tatsächlich geführt hatte. Eine Gruppe, die von oben bis unten in gelbe Federn gehüllt war und deren Masken aus großen Schnäbeln bestanden, drängte sich an ihnen vorüber und kreischte wie ein Möwenschwarm. Auch das beruhigte seine Nerven nicht besonders.
    Im Nebel, beim schnellen Blick um die nächsten Ecken und über breite Plätze nur halb zu sehen, hielten sich noch seltsamere Gestalten auf, deren Rufe und Schreie durch die hölzernen Gassen hallten. Ungeheuer und Riesen. Espes Handflächen begannen zu prickeln, als er daran denken musste, wie der Gefürchtete damals bei Dunbrec aus dem Nebel gekommen war und den Tod mit

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