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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Schlächterin von Caprile für
verjagtes Bauernvolk
.« Morveer schüttelte angewidert den Kopf und wandte sich wieder zur Treppe.
    »Tun Sie das«, zischte Monza hinter ihm her. Sie verharrte einen Augenblick, bis sie seine Stiefel ein paar Treppen weiter unten vernahm und er außer Hörweite war. Bis es, von Coscas Stimme abgesehen, der ein Stockwerk tiefer endlos auf Freundlich einredete, still auf dem Treppenabsatz war. Dann folgte sie Day in ihr Zimmer und schob leise die Tür zu. »Wir müssen reden.«
    Das Mädchen öffnete die Kiste und holte ein Stück Brot hervor. »Worüber?«
    »Über dieselbe Sache, über die wir schon in Westport sprachen. Über deinen Dienstherrn.«
    »Er geht Ihnen auf die Nerven, was?«
    »Sag nicht, dass er nicht auch an deinen zerrt.«
    »Jeden Tag der letzten drei Jahre.«
    »Ist sicher nicht leicht, für einen Mann wie ihn zu arbeiten.« Monza tat einen weiteren Schritt ins Zimmer, ließ das Mädchen dabei nicht aus den Augen. »Früher oder später muss sich eine Schülerin aus dem Schatten ihres Meisters lösen, wenn sie jemals selbst Meisterin werden will.«
    »War das der Grund, weshalb Sie Cosca verraten haben?«
    Das ließ Monza einen Augenblick innehalten. »Mehr oder weniger. Manchmal muss man ein Risiko eingehen. Wer mit kräftigem Griff eine Nessel packt, verbrennt sich nicht. Aber du hast ja sogar noch bessere Gründe als ich.« Sie hatte es ganz leichthin gesagt, als sei es offensichtlich.«
    Nun war es an Day, kurz zu zögern. »Welche Gründe?«
    Monza gab sich überrascht. »Nun … weil Morveer mich früher oder später verraten und zu Orso überlaufen wird.« Sie war sich natürlich nicht sicher, aber es war höchste Zeit, sich gegen diese Möglichkeit abzusichern.
    »Ist das so?« Day lächelte nicht mehr.
    »Es gefällt ihm nicht, wie ich die Dinge angehe.«
    »Wer sagt, dass es mir gefällt?«
    »Begreifst du es nicht?« Day verengte nur die Augen, das Brotstück lag tatsächlich einmal vergessen in ihrer Hand. »Wenn er zu Orso überläuft, dann wird er jemanden brauchen, dem er die Schuld zuweisen kann. Für Ario. Einen Sündenbock.«
    Jetzt hatte sie verstanden. »Nein«, fauchte sie. »Er braucht mich.«
    »Wie lange bist du jetzt bei ihm? Drei Jahre, hast du gesagt? Vorher ist er doch wohl auch zurechtgekommen, oder? Was meinst du, wie viele Gehilfen er vor dir gehabt hat? Hast du viele von ihnen kennengelernt?«
    Day öffnete den Mund, blinzelte und schloss ihn dann nachdenklich wieder.
    »Vielleicht hält er auch zu mir, wir bleiben eine glückliche Familie und trennen uns in aller Freundschaft. Die meisten Giftmischer sind nette Leute, wenn sie einem erst mal vertraut sind.« Monza beugte sich nahe genug zu Day hinüber, um flüsternd verstanden zu werden. »Aber wenn er dir sagt, dass er zu Orso überläuft, dann komm mir nicht damit, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    Sie ließ Day zurück, die missmutig ihr Stück Brot ansah, huschte still durch die Tür und zog sie mit den Fingerspitzen zu. Vorsichtig spähte sie die Treppe hinunter, aber von Morveer war nichts zu sehen, nur der Handlauf ragte in die Dunkelheit hinunter. Sie nickte leise. Die Saat war ausgebracht, und sie musste nun abwarten, was daraus erwuchs. Sie mühte ihre müden Beine die schmale Treppe zur Spitze des Turms hinauf, durch die knarrende Tür und in die obere Kammer unter dem Dach, auf dem leise der Regen trommelte.
    Das Zimmer, in dem sie und Benna einen glücklichen Monat zusammen verbracht hatten, inmitten einiger dunkler Jahre. Weitab vom Krieg. Sie hatten gelacht, geredet, durch die großen Fenster auf die Welt draußen geblickt. So getan, als lebten sie ein Leben, in dem sie niemals Kriege geführt, sondern irgendwie anders zu Geld gekommen wären. Sie merkte, dass sie trotz allem lächelte. Die kleine Glasfigur schimmerte immer noch in der Nische über der Tür. Ihr Hausgeist. Sie erinnerte sich daran, wie Benna sie über die Schulter hinweg angelächelt hatte, als er sie mit den Fingerspitzen dorthin geschoben hatte.
    Damit er über dich wacht, wenn du schläfst, so wie du immer über mich gewacht hast.
    Ihr Lächeln verblasste, und sie ging zum Fenster und zog einen der abblätternden Läden auf. Der Regen hatte einen grauen Schleier über die Stadt geworfen, prasselte nun dicht herab und klatschte auf das Fensterbrett. Ein weit entfernter Blitz beleuchtete das Gewirr nasser Dächer für einen kurzen Augenblick, und die grauen Umrisse der anderen Türme zeichneten sich

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