Racheklingen
die Kleider vom Leib reißt, aber ich denke, jetzt muss ich höflichst ablehnen. Ich bin erledigt.«
»Du? Niemals.«
Er drückte ihre Hände fester. »Direkt durch die Gedärme, Monza. Es ist vorbei.« Seine Augen schwenkten zum Tor, und sie hörte ein leises Klappern, als Soldaten sich auf der anderen Seite bemühten, das Fallgitter hochzustemmen. »Außerdem wirst du bald schon andere Probleme haben. Aber immerhin, vier von sieben, Mädel.« Er grinste. »Hätte nie gedacht, dass du vier von sieben schaffst.«
»Vier von sieben«, murmelte Freundlich hinter ihr.
»Ich wünschte, ich hätte dafür sorgen können, dass Orso darunter gewesen wäre.«
»Nun ja.« Cosca hob die Brauen. »Es ist ein edles Ziel, aber ich vermute, auch du kannst nicht jeden töten.«
Espe kam langsam aus einem der Durchgänge. Ganmarks Leiche bedachte er kaum mit einem Blick. »Keiner mehr übrig?«
»Nicht hier drin.« Freundlich nickte zum Tor hinüber. »Da draußen aber noch ein paar.«
»Denk ich auch.« Der Nordmann blieb nicht weit von ihr entfernt stehen. Seine herabhängende Axt, sein eingebeulter Schild, sein bleiches Gesicht und der Verband, der die eine Hälfte davon bedeckte, waren mit Blut beschmiert und bespritzt.
»Bist du in Ordnung?«, fragte Monza.
»Ich weiß nicht so recht, was ich bin.«
»Ob du verletzt bist, wollte ich wissen.«
Er berührte mit der Hand seinen Verband. »Nicht schlimmer als vorher … denke mal, dass der Mond mich heute wohl sehr geliebt hat, wie die Bergmenschen sagen.« Sein Auge glitt zu ihrer blutigen Schulter und ihrer blutigen Hand. »Du blutest.«
»Mein Fechtunterricht wurde irgendwann ziemlich heftig.«
»Brauchst du einen Verband?«
Sie deutete mit dem Kinn zum Eingang hinüber. Der Lärm der talinesischen Soldaten, die sich auf der anderen Seite abmühten, wurde ständig lauter. »Wir werden Glück haben, wenn uns noch Zeit genug bleibt, um zu verbluten.«
»Was also jetzt?«
Sie öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus. Kämpfen hatte keinen Zweck mehr, selbst, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Im ganzen Palast würde es vor Orsos Soldaten nur so wimmeln. Ebenso wenig Zweck hatte es, sich zu ergeben, einmal davon abgesehen, dass das nicht ihre Art gewesen wäre. Sie konnten von Glück sagen, wenn sie bis Fontezarmo überleben und erst dort getötet würden. Benna hatte sie stets gewarnt, dass sie nicht weit genug vorausdachte, und offenbar hatte er damit nicht ganz unrecht gehabt …
»Ich habe eine Idee.« Days Gesicht hatte sich überraschend zu einem breiten Lächeln verzogen. Monza folgte ihrem ausgestreckten Finger hoch bis zum Dach über dem Garten und blinzelte in die Sonne. Eine schwarze Gestalt hob sich dort gegen den hellen Himmel ab.
»Einen
schönen
Tag Ihnen allen!« Sie hätte nie geglaubt, dass sie einmal froh sein würde, Castor Morveers quengelnde Stimme zu hören. »Ich hatte gehofft, mir die berühmte Kunstsammlung des Herzogs von Visserine ansehen zu können, aber offenbar habe ich mich völlig verlaufen! Weiß vielleicht jemand von Ihnen, wo ich sie finden könnte, meine sehr verehrten Damen und Herren? Wie ich hörte, besitzt er Bonatines bedeutendstes Werk!«
Monza deutete mit dem Daumen auf die zerstörte Statue. »Es ist allerdings längst nicht mehr das, was es einmal war!«
Vitari erschien nun neben dem Giftmischer und ließ gemächlich ein Seil herab. »Wir sind gerettet«, knurrte Freundlich in einem Ton, in dem er genauso gut hätte sagen können: »Wir sind tot.«
Monza hatte kaum noch die Kraft, sich zu freuen. Sie wusste nicht einmal, ob sie sich freute. »Day, Espe, rauf mit euch.«
»Keine Frage.« Day warf ihren Bogen weg und lief auf das Seil zu. Der Nordmann sah Monza kurz mit gerunzelter Stirn an, dann folgte er der jungen Frau.
Freundlich sah zu Cosca hinab. »Was ist mit ihm?« Der alte Söldner schien kurz eingenickt zu sein, seine Augenlider flatterten.
»Wir werden ihn hochziehen müssen. Fassen Sie ihn unter.«
Der Sträfling schob Cosca einen Arm hinter den Rücken und wollte ihn hochheben, aber Cosca kam ruckartig zu sich und verzog das Gesicht. »Dah! Nein, nein, nein, nein, nein!« Freundlich ließ ihn sanft wieder los, und Cosca schüttelte seinen schrundigen Kopf, während er stoßweise atmete. »Ich werde nicht schreiend an einem Seil hängen, nur um auf einem Dach zu sterben. Hier ist ein ebenso guter Ort dafür, und eine ebenso gute Zeit. Ich habe schon jahrelang immer wieder versprochen, ins Gras
Weitere Kostenlose Bücher