Racheklingen
deren Licht alles in diesem Raum in einen kostbaren Glanz tauchte, flackern und zucken.
Ein majestätischer, magischer Ort, von Göttern für Riesen erbaut.
Schade, dass die Leute hier nicht auch nur annähernd das eine oder das andere waren. Frauen in greller Festkleidung, gebürstet, geschmückt und geschminkt, um jünger, dünner oder reicher auszusehen, als sie eigentlich waren. Männer in leuchtenden Jacken, mit spitzenbesetzten Kragen und kleinen, vergoldeten Dolchen am Gürtel. Zuerst warfen sie ihm aus ihren gepuderten Gesichtern Blicke milden Abscheus zu, als bestünde er aus faulem Fleisch. Wenn er ihnen aber erst einmal die linke Seite seines Kopfes zugewandt hatte, dann wurde daraus blankes Entsetzen, das ihn wiederum zu drei Teilen mit grimmiger Befriedigung und zu einem Teil selbst mit Grauen erfüllte.
Bei jedem Fest gibt es irgendeinen blöden, hässlichen, fiesen Dreckskerl, der mit niemand Besonderem noch eine Rechnung offen hat, zu viel trinkt und allen den Abend verdirbt. An diesem Abend war das offenbar er, und er übernahm diese Rolle nur zu gern. Er hustete einen Schleimbrocken hoch und rotzte ihn lautstark auf den schimmernden Fußboden.
Ein Mann am Nebentisch, der eine gelbe Jacke mit langen Schößen trug, sah sich um, den Hauch eines verächtlichen Lächelns auf seinen aufgeworfenen Lippen. Espe beugte sich zu ihm herüber und bohrte die Spitze seines Messers in die polierte Tischplatte. »Willst du mich anmachen, du Pissgesicht?« Der Mann erbleichte und wandte sich ohne ein Wort wieder seinen Freunden zu. »Ein Haufen feiger Wichser«, grollte Espe in seinen sich schnell leerenden Weinkelch, laut und deutlich genug, um noch drei Tische entfernt gut verstanden zu werden. »Kein bisschen Mumm in dieser ganzen verdammten Meute!«
Er überlegte, was der Hundsmann wohl von diesen kichernden Stutzern gehalten hätte. Oder Rudd Dreibaum. Oder der Schwarze Dow. Bei dem Gedanken stieß er ein grimmiges Schnauben aus, aber sein Lachen blieb ihm im Halse stecken. Wenn hier etwas lächerlich war, dann er. Hockte hier herum, mitten unter diesen Leuten, und lag ihnen auf der Tasche, ohne sich auf einen Freund berufen zu können. Jedenfalls sah es so aus.
Mit grimmigem Gesicht sah er zu der Fürstentafel, die auf einem erhöhten Podest an der Schmalseite des Raumes stand. Rogont saß dort im Kreise seiner besonders geschätzten Gäste und grinste, als sei er ein Stern, der vom Himmelszelt herableuchtete. Monza saß neben ihm. Von Espes Platz aus war es nicht genau zu sagen, zumal ihm der Zorn und zu viel Wein den Blick ein wenig trübten, aber er glaubte zu sehen, dass sie lachte. Offenbar hatte sie viel Spaß ohne ihren einäugigen Laufburschen, der ihr immer die Laune verdarb.
Er war ein gut aussehender Drecksack, dieser Fürst der Vorsicht. Jedenfalls hatte er noch beide Augen. Espe hätte ihm nur allzu gern seine glatte, selbstzufriedene Fresse poliert. Am besten mit einem Hammer, so wie Monza Gobbas Kopf zu Brei gehauen hatte. Oder nur mit den Fäusten. Mit den Händen zerdrückt. Zu rotem Mus geprügelt. Er stellte es sich in allen blutigen Einzelheiten vor, feilte immer weiter an seiner Fantasie, bis sie ihn selbst so groß wie möglich erscheinen ließ, während Rogont um Gnade winselte und sich in die Hosen pisste; er presste die Vorstellung in verrückte Formen, und es endete immer damit, dass Monza ihn nur noch mehr begehrte als zuvor. Während er sich das ausmalte, beobachtete er die beiden aus einem zuckenden, zusammengekniffenen Auge.
Die Vorstellung, dass sie über ihn lachten, stachelte ihn dabei noch weiter an, dabei wusste er, dass das Blödsinn war. Er war ihnen gar nicht wichtig genug, als dass sie über ihn gelacht hätten, und diese Tatsache erhitzte sein Gemüt nur noch mehr. Schließlich hatte er immer noch seinen Stolz und klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an einen Zweig, der viel zu dünn ist, um ihn über Wasser zu halten. Mit seinem verstümmelten Gesicht war er ihr peinlich, und das, nach dem er ihr wie oft das Leben gerettet hatte? Nach dem er wie oft sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte? Und nach all den verdammten Schritten, die er hatte machen müssen, um den Gipfel dieses verdammten Berges zu erklimmen. Da hätte er doch am Ende etwas Besseres erwarten dürfen als Verachtung.
Mit Schwung riss er das Messer wieder aus dem polierten Holz. Das Messer, das Monza ihm an dem Tag gegeben hatte, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Als er noch beide Augen
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