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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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habe inzwischen einige schmerzhafte Lektionen erteilt bekommen, die mir gezeigt haben, dass ein kühler Kopf der Leidenschaft jederzeit vorzuziehen ist. Ihr Vater und ich, wir hatten sicherlich unsere Meinungsverschiedenheiten, aber ich bin letztlich vor allem ein Söldner. Würde ich zulassen, dass meine Gefühle das Gewicht meiner Börse ungut beeinflussen, dann wäre das ein Akt krimineller Unprofessionalität.«
    »Hört, hört.« Victus zog eine unangenehm gehässige Grimasse. Sogar noch unangenehmer als sonst.
    »Nun, meine drei wichtigsten Hauptmänner«, Cosca deutete mit einem theatralischen Schwung seines Huts auf die Genannten, »haben mich schwer betrogen und Murcatto auf meinen Stuhl befördert. Sie haben mich bis an ihre Eier gefickt, wie man in Sipani sagt. Bis an ihre Eier, Euer Hoheit. Wenn ich rachelüstern wäre, dann hätte ich vor allem diese drei menschlichen Scheißhaufen im Blick.« Dann lachte Cosca leise, und sie lachten auch, und die leicht ungemütliche Atmosphäre löste sich schnell wieder auf. »Aber wir alle können einander nützlich sein, und daher habe ich ihnen völlig verziehen, ebenso wie Ihrem Vater. Rache beschert keinem Menschen eine freundlichere Zukunft, und in den Waagschalen des Lebens ist sie kein … Waag wert. Sie müssen sich wegen dieser alten Rechnung keine Sorgen machen, Prinz Foscar, ich denke ganz und gar geschäftsmäßig, und ich bin Ihnen völlig ergeben.«
    »Sie sind die Großzügigkeit in Person, General Cosca.«
    »Ich bin der Geiz in Person, was nicht ganz dasselbe ist, aber zur Not auch genügt. Aber nun zum Abendessen. Wollen die Herren vielleicht etwas trinken? Erst gestern fiel uns zufällig in einem Herrenhaus flussaufwärts eine Kiste eines sehr guten Jahrgangs in die Hände, und …«
    »Es wäre vielleicht am besten, wenn wir unsere Strategie besprächen, bevor die Lustbarkeiten beginnen.« Oberst Rigrats schrille Stimme fuhr wie eine Feile in Coscas Backenzähne. Er war ein spitzgesichtiger, spitzzüngiger, auf spitze Art selbstzufriedener Mann Ende dreißig mit perfekt gebügelter Uniform. Zuvor war er der zweite Befehlshaber hinter General Ganmark gewesen, nun war er Foscars Stellvertreter. Vermutlich war er der Kopf hinter dem talinesischen Feldzug, soweit man davon sprechen konnte. »Jetzt, so lange noch jeder bei klarem Verstand ist.«
    »Glauben Sie mir, junger Mann«, erklärte Cosca, obwohl der Angesprochene in seinen Augen weder jung noch unbedingt ein Mann war, »mein Verstand verklärt sich nicht so leicht. Sie haben vermutlich bereits einen Plan?«
    »In der Tat!« Rigrat zog mit großer Geste seinen Marschallsstab hervor. Freundlich trat unter dem nächsten Olivenbaum hervor und fuhr mit der Hand zu seinen Waffen. Cosca schickte ihn mit einem Lächeln und einem leichten Kopfschütteln schnell wieder in den Schatten zurück. Niemand sonst hatte ihn bemerkt.
    Cosca war sein Leben lang Soldat gewesen, und dennoch hatte er immer noch nicht begriffen, welchen Zweck so ein Marschallsstab erfüllte. Man konnte niemanden damit töten, ja, noch nicht einmal den Eindruck erwecken, als könnte man das. Man konnte keine Zeltnägel damit einschlagen, kein saftiges Stück Fleisch daran braten oder das Ding auch nur gegen irgendetwas anderes eintauschen. Vielleicht diente er dazu, sich an den schwer erreichbaren Stellen auf dem Rücken zu kratzen, an denen es immer am meisten juckte? Oder den Schließmuskel zu stimulieren? Oder vielleicht nur dazu, einen Mann zum Narren zu stempeln? Zu diesem Zweck, überlegte Cosca, als Rigrat selbstgefällig mit besagtem Ding auf den Fluss zeigte, taugte ein Marschallsstab tatsächlich hervorragend.
    »Es gibt zwei Furten über die Sulva. Die obere … und die untere. Die untere ist wesentlich breiter und sicherer.« Der Oberst deutete zu dem kleinen Punkt hinüber, wo der staubige Streifen, der die Kaiserstraße darstellte, an den Fluss stieß und schimmerndes Wasser am Grund der sanft abfallenden Talsohle dahinströmte. »Aber die obere, die vielleicht eine Meile weiter nördlich liegt, sollte zu dieser Jahreszeit ebenfalls zu überqueren sein.«
    »Zwei Furten, tatsächlich?« Es war eine wohlbekannte Tatsache, dass es zwei verdammte Furten gab. Cosca selbst hatte die eine höchst ruhmreich überquert, als er nach Ospria gekommen war, um sich von Großherzogin Sefeline und ihren Untertanen feiern zu lassen, und war über die andere geflohen, kurz nachdem das Luder versucht hatte, ihn vergiften zu lassen. Cosca

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