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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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tun wir alle. Wir vertrödeln die hässlichen Augenblicke bis zu unserem schmachvollen Tod auf die am wenigsten scheußliche Weise, die wir finden können.«
    »Ich sollte unterwegs sein.« Sie versuchte, die behandschuhte Rechte zur Faust zu ballen, aber der Schmerz schwächte sie jetzt nur noch. »Einen Weg finden … einen Weg finden, um Orso zu töten.« Aber sie war so müde, dass sie kaum noch die Kraft aufbringen konnte, es auszusprechen.
    »Rache? Tatsächlich?«
    »Rache.«
    »Ich wäre am Boden zerstört, wenn Sie jetzt gingen.«
    Sie machte sich kaum die Mühe, ihre Worte zu bedenken. »Wozu würden Sie mich schon brauchen?«
    »Ich, Sie brauchen?« Rogonts Lächeln verblasste kurz. »Ich kann nicht länger zaudern, Monzcarro. Bald, vielleicht schon morgen, wird es eine große Schlacht geben. Eine, die das Schicksal Styriens entscheiden wird. Was wäre da wertvoller als der Rat einer der größten Soldatinnen unseres Landes?«
    »Ich werde mal versuchen, eine große Soldatin für Sie aufzutreiben«, brummte sie.
    »Und Sie haben viele Freunde.«
    »Ich?« Ihr fiel niemand mehr ein, der noch am Leben war.
    »Das Volk von Talins liebt Sie noch immer.« Mit erhobenen Augenbrauen betrachtete er die Anwesenden, die ihr teilweise Blicke zuwarfen, die kaum freundlich zu nennen waren. »Hier sind Sie natürlich weniger beliebt, aber das unterstützt nur meine Behauptung. Des einen Schurke ist schließlich des anderen Held.«
    »In Talins hält man mich für tot, und das hat den Leuten wenig ausgemacht.« Ihr selbst war es auch ziemlich egal.
    »Im Gegenteil. Meine Spione sind gegenwärtig im Begriff, den Bürgern von Ihrem triumphalen Überleben zu berichten. An allen Kreuzungen werden Plakate aufgehängt, auf denen Herzog Orsos Geschichte widersprochen wird, auf denen man ihn des versuchten Mordes beschuldigt und Ihre unmittelbar bevorstehende Rückkehr ankündigt. Die Menschen dort lieben Sie sehr, glauben Sie mir, mit jener grenzenlosen Leidenschaft, die das gemeine Volk oft für seine Helden empfindet, auch wenn es sie niemals getroffen hat und auch niemals treffen wird. Auf alle Fälle hetzt es die Bevölkerung weiter gegen Orso auf und bereitet ihm zu Hause ernsthafte Schwierigkeiten.«
    »Politik, was?« Sie leerte ihr Glas. »Kleine Gesten, wenn der Krieg vor Ihren Toren steht.«
    »Wir alle tun das, was wir können. Aber im Krieg und in der Politik sind Sie noch immer ein Trumpf, um den es sich zu werben lohnt.« Jetzt lächelte er wieder, breiter denn je. »Davon abgesehen, was braucht ein Mann überhaupt für einen Grund, um eine schlaue und schöne Frau an seiner Seite zu halten?«
    Sie warf ihm einen hässlichen Seitenblick zu. »Ficken Sie sich selber.«
    »Wenn mir nichts anderes übrigbleibt.« Er sah ihr direkt ins Gesicht. »Aber ich hätte dabei lieber Unterstützung.«
     
    »Sie sehen fast so bitter aus, wie ich mich fühle.«
    »Hä?« Espe löste seinen bösen Blick von dem glücklichen Paar. »Ah.« Eine Frau sprach mit ihm. »Oh.« Sie war sehr hübsch anzusehen, so sehr, dass sie beinahe ein gewisser Schimmer zu umspielen schien. Dann bemerkte er, dass alles mit einem solchen Schimmer umgeben war. Er war sternhagelvoll.
    Allerdings schien sie anders als die anderen. Eine Kette aus roten Steinen um den langen Hals, ein weißes, lose fallendes Gewand, wie er es bei schwarzen Frauen in Westport gesehen hatte, aber sie war sehr blass. Die Art, wie sie dastand, hatte etwas Lockeres, ohne jegliche Steifheit. Und da war etwas Offenes in ihrem Blick. Ganz kurz ließ er sich sogar von ihrem Lächeln anstecken. Zum ersten Mal seit langem.
    »Ist hier noch Platz?« Sie sprach Styrisch mit Unionsakzent. Eine Außenseiterin wie er.
    »Sie wollen … bei mir sitzen?«
    »Warum nicht, haben Sie die Pest?«
    »Bei meinem Glück würde mich das auch nicht wundern.« Er wandte ihr seine linke Gesichtshälfte zu. »Das hier scheint allerdings die meisten Leute auf Abstand zu halten.«
    Ihre Augen glitten darüber, und ihr Lächeln zuckte kein bisschen. »Wir haben alle unsere Narben. Einige von uns außen am Körper, andere wiederum …«
    »Die Narben im Inneren verderben einem allerdings weniger das gute Aussehen, oder?«
    »Die äußere Erscheinung wird überschätzt, habe ich festgestellt.«
    Espe sah sie langsam von oben bis unten an und genoss das durchaus. »Das können Sie leicht sagen, Sie haben ja jede Menge davon übrig.«
    »Sie sind sehr höflich.« Sie blies die Backen auf, während sie sich

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