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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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in dem großen Saal umsah. »Ich hatte mich schon darauf eingestellt, hier niemanden mit Manieren mehr anzutreffen. Sie müssen der einzige ehrliche Mann in diesem Raum sein.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen.« Allerdings grinste er breit. Für Schmeicheleien einer schönen Frau gab es keinen falschen Zeitpunkt. Er hatte immer noch seinen Stolz. Sie streckte ihm die Hand hin, und er sah sie blinzelnd an. »Die sollte ich jetzt küssen, oder?«
    »Wenn Sie mögen. Sie wird sich dann schon nicht auflösen.«
    Sie war weich und glatt. Kein bisschen wie Monzas Hand – vernarbt, gebräunt und so schwielig wie die eines Namhaften Mannes. Noch weniger glich sie Monzas Rechter, die knorrig wie eine Nesselwurzel unter diesem Handschuh steckte. Espe drückte seine Lippen auf die Knöchel dieser Frau und nahm einen leichten Duft wahr. Wie Blumen, aber noch etwas anderes, das dazu führte, dass sein Atem schneller durch seine Kehle fuhr.
    »Ich, äh, ich heiße Caul Espe.«
    »Ich weiß.«
    »Sie wissen das?«
    »Wir sind uns schon einmal begegnet, allerdings nur kurz. Mein Name ist Carlot dan Eider.«
    »Eider?« Er brauchte einen Augenblick, um sie einzuordnen.
    Ein kurz erhaschtes Gesicht im Nebel. Die Frau in dem roten Mantel, in Sipani. Die Geliebte von Prinz Ario. »Sie sind die, die Monza …«
    »Geschlagen, erpresst, zerstört und so gut wie tot zurückgelassen hat? Ja, das bin ich wohl.« Sie sah finster zu der langen Fürstentafel. »Monza also, wie? Sie sprechen einander nicht nur mit Vornamen an, sondern verwenden sogar eine liebevolle Abkürzung. Da stehen Sie sich sicher sehr nahe.«
    »Nahe genug.« Nicht so nahe, wie sie sich einmal gewesen waren, damals, in Visserine. Bevor man ihm das Auge genommen hatte.
    Es war, als läse sie seine Gedanken. Seine Wut flackerte wieder auf, und er versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. »Was hat Sie hierhergeführt?«
    »Nach dem Blutbad von Sipani hatte ich keine andere Wahl. Herzog Orso hat zweifelsohne ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt. Ich habe die letzten drei Monate damit verbracht, ständig zu erwarten, dass jeder Mensch, der mir begegnete, mich erstechen, vergiften, erwürgen oder mir noch Schlimmeres antun wollte.«
    »Hm. Das Gefühl kenne ich.«
    »Dann haben Sie mein Mitgefühl.«
    »Bei den Toten, davon kann ich was gebrauchen.«
    »Sie können es in Gänze haben, wenn Ihnen das etwas nützt. Sie sind in diesem ausgekochten Spiel doch ebenso ein Bauernopfer wie ich, oder? Und Sie haben sogar noch mehr verloren. Ihr Auge. Ihr Gesicht.«
    Auch wenn keine Bewegung zu sehen war, schien sie dennoch näher zu kommen. Espe ließ die Schultern hängen. »Würd’ ich sagen.«
    »Herzog Rogont ist ein alter Bekannter. Ein etwas unzuverlässiger Mann, allerdings zweifelsohne recht gut aussehend.«
    »Würd’ ich auch sagen«, stieß er hervor.
    »Ich war leider gezwungen, mich seiner Gnade zu überantworten. Eine harte Landung, aber zumindest ein wenig Unterstützung, jedenfalls für eine Weile. Jetzt scheint er eine neue Ablenkung gefunden zu haben.«
    »Monza?« Der Umstand, dass er das schon den ganzen Abend selbst gedacht hatte, machte es nicht einfacher. »So ist sie nicht.«
    Carlot dan Eider schnaubte ungläubig. »Ach nein? Sie ist keine verräterische, mordlustige Lügnerin, die jeden und alles benutzen würde, um ans Ziel zu gelangen? Dann hat sie wohl Nicomo Cosca nicht betrogen, um dann seinen Platz einzunehmen? Was glauben Sie, wieso hat Herzog Orso wohl versucht, sie umzubringen? Weil sie beabsichtigte, als Nächstes seinen Stuhl zu stehlen.« Der Alkohol hatte ihn halb blöd gemacht, und ihm fiel jetzt nichts ein, was er dazu sagen konnte. »Wieso sollte sie nicht auch Rogont benutzen, um zu bekommen, was sie will? Oder liebt sie vielleicht jemand anderen?«
    »Nein«, knurrte er. »Na ja, woher sollte ich das wissen – verdammt, nein! Sie haben das alles ganz verdreht!«
    Sie legte eine Hand auf ihre bleiche Brust. »
Ich
habe es verdreht? Es gibt Gründe, weshalb man sie die Schlange von Talins nennt! Eine Schlange liebt niemanden außer sich selbst!«
    »Sie würden doch alles über sie erzählen. Sie hat Sie in Sipani ausgenutzt. Sie hassen sie!«
    »Natürlich würde ich keine Tränen an ihrem Grab vergießen. Der Mann, der sie mit einer Klinge niederstreckte, hätte meine Dankbarkeit und mehr zu erwarten. Aber das stempelt mich nicht zur Lügnerin.« Sie beugte sich etwas näher zu ihm hinüber und raunte ihm dann halb

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