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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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über den Schädel ziehen und der Sache ein Ende machen sollen. Aber er wollte, dass sie wusste, wer es getan hatte und warum. Das war für ihn von großer Bedeutung.
    »Du musst das nicht machen«, zischte sie ihm zu. »Du könntest immer noch einfach weggehen.«
    »Ich dachte, Vergebung wäre etwas für die Toten«, erwiderte er und versuchte, sie zu umrunden und ihr die Rückzugsmöglichkeit zu nehmen.
    »Ich lass dich ziehen, Espe. Du kannst in den Norden zurückkehren, ohne dass dich jemand jagen wird.«
    »Das können sie von mir aus alle gern versuchen, aber ich denke, ich werde noch ein bisschen bleiben. Ein Mann muss doch an etwas festhalten, oder wie war das? Ich habe immer noch meinen Stolz.«
    »Scheiß auf deinen Stolz! Du würdest inzwischen in den Hinterhöfen von Talins deinen Arsch verkaufen, wenn ich nicht gewesen wäre!« Das war vermutlich wahr. »Du wusstest um die Gefahren. Du hast dich entschieden, mein Geld zu nehmen.« Auch das stimmte. »Ich habe dir nichts versprochen und demnach auch kein Versprechen gebrochen!« Ja, natürlich, die reine Wahrheit. »Eider, diese Schlampe, wird dir keinen Waag geben!«
    All das konnte er nicht wirklich bestreiten, aber es war jetzt zu spät, um alles ungeschehen zu machen, und davon abgesehen war eine Axt in der Hand ein höchst überzeugendes Argument in jedem Streit. »Wir werden sehen.« Espe näherte sich ihr erneut, den Schild voran. »Aber hier geht es nicht ums Geld. Hier geht es um … Rache. Ich dachte, das würdest du verstehen.«
    »Scheiß auf deine Rache!« Sie packte den Hocker und schleuderte ihn hinterrücks in seine Richtung. Er riss noch rechtzeitig den Schild hoch, der Hocker schoss kreiselnd über das Geländer, aber sie setzte sofort nach. Zwar konnte er ihren Degen mit dem Axtgriff abblocken, so dass die Klinge abrutschte und nur an den Unebenheiten im Holz hängen blieb. Sie kam ihm ganz nahe, drängte sich beinahe gegen ihn und fauchte, die Degenspitze gefährlich nah an seinem gesunden Auge.
    Sie spuckte ihm ins Gesicht, und unwillkürlich wich er zurück, dann riss sie den Ellenbogen hoch und versetzte ihm einen Hieb unters Kinn. Sofort zog sie den Degen wieder zurück, um erneut zuzustechen, aber er holte als Erster aus. Sie wich aus, die Axt fuhr heftig ins Geländer und schlug ein großes Stück Holz heraus. Nun fuhr er herum, denn er wusste, dass ihr Degen heruntersausen würde, fühlte, wie der Stahl durch sein Hemd fuhr und eine Spur heißen Schmerzes über seinen Bauch zog. Die Wucht des Angriffs brachte sie ins Stolpern. Er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß, schwang knurrend den Schild herum und legte alle Kraft und alle Wut in diese Bewegung. Der Schild traf sie mitten im Gesicht, riss ihr den Kopf zurück und schleuderte sie mit misstönendem Laut gegen die Orgelpfeifen, in die ihr Schädel eine tiefe Delle schlug. Sie prallte von dem Instrument ab und rutschte rücklings auf den getäfelten Boden; der Degen fiel ihr aus der Hand.
    Einen Augenblick starrte er sie an, und das Blut pochte in seinem Kopf, Schweiß rann ihm übers Gesicht. Ein Muskel zuckte an ihrem Hals. Er hätte zu ihr treten und ihr so einfach den Kopf abschlagen können, wie man Holz hackte. Seine Finger fassten bei diesem Gedanken unruhig nach dem Griff. Sie hustete Blut hervor, stöhnte, schüttelte den Kopf. Allmählich rollte sie mit glasigen Augen auf die Seite, kam dann auf alle viere. Benommen streckte sie die Hand nach ihrem Degen aus.
    »Oh nein.« Er kam hinzu und trat die Waffe beiseite.
    Sie wich zurück, wandte den Kopf von ihm ab und kroch schwer atmend der Klinge hinterher, während Blut aus ihrer Nase auf die Holzpaneele tropfte. Er folgte ihr, sah auf sie herab, sprach mit ihr. Komische Sache, das. Der Blutige Neuner hatte ihm einmal gesagt, wenn man jemanden umbringen will, dann redet man nicht darüber. Das war ein Rat, den er bisher immer zu beherzigen versucht hatte. Er hätte sie so leicht töten können, wie man einen Käfer zertritt, aber er tat es nicht. Er wusste selbst nicht, ob er deswegen redete, um den Augenblick in die Länge zu ziehen, oder ob er mit ihr sprach, um die Tat immer weiter aufzuschieben. Jedenfalls redete er.
    »Tun wir doch nicht so, als sei dir ein Unrecht getan worden, was diese Sache angeht! Du hast halb Styrien umgebracht, um das zu bekommen, was du wolltest! Du bist eine hinterlistige, verlogene, verräterische, bruderfickende Fotze, die mordet und vergiftet. Oder nicht? Ich tue das Richtige.

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