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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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beiseite, um ja der Erste zu sein. Zwei hatten sich zu Boden geschlagen und kämpften um etwas, das sie noch nicht einmal gestohlen hatten.
    Etwas weiter entfernt hatten zwei Söldner einen Dienstboten, der eine goldgesäumte Jacke trug und dessen entsetztes Gesicht blutverschmiert war, auf einen Brunnenrand gesetzt. Einer ohrfeigte ihn und schrie: »Wo ist das verdammte Geld?« Dann tat der andere dasselbe. Der Kopf des Dieners flog hin und her. »Wo ist das verdammte Geld, wo ist das verdammte Geld, wo ist das verdammte Geld …«
    Ein Fenster schwang krachend auf, und Stückchen der Bleiverglasung, Glassplitter und ein antikes Schränkchen flogen aufs Pflaster und zerbarsten. Ein Söldner rannte unter Triumphgebrüll an ihnen vorüber, die Arme um etwas Schimmerndes geschlungen. Vielleicht ein Vorhang. Monza hörte einen Schrei, fuhr herum, sah jemanden von einem Fenster weiter oben mit dem Kopf voran in den Garten stürzen und sich schlaff in der Luft drehen. Von irgendwoher drang lautes Kreischen. Es klang nach einer Frau, aber das war schwer zu sagen, so verzweifelt, wie es sich anhörte. Überall wurde gebrüllt, geschrien, gelacht. Sie schluckte ihre Übelkeit hinunter, versuchte nicht daran zu denken, dass sie es war, die all das verursacht hatte. Das war es, wohin ihre Rache geführt hatte. Jetzt konnte sie die Augen nur noch nach vorn richten wie immer, und darauf hoffen, Orso als Erste zu finden.
    Ihn zu finden und ihn bezahlen zu lassen.
    Die beschlagenen Palasttüren waren noch immer verschlossen, aber die Söldner hatten einen anderen Weg ins Gebäude gefunden und eines der großen Bogenfenster an der Seite eingeschlagen. Jemand musste sich in der Eile, hineinzukommen und reich zu werden, geschnitten haben – auf dem Fensterbrett waren Blutspuren. Monza drängte sich hindurch, ihre Stiefel knirschten auf geborstenem Glas, dann sprang sie in den großen Speisesaal, der dahinter lag. Sie hatte hier einmal gegessen, fiel ihr plötzlich wieder ein, mit Benna an ihrer Seite, und sie hatten gelacht. Auch der Getreue war dabei gewesen. Orso, Ario, Foscar, Ganmark, eine Gruppe weiterer Offiziere. Ihr ging durch den Kopf, dass vermutlich so gut wie alle Gäste jenes Abends jetzt tot waren. Dem Saal war es nicht viel besser ergangen.
    Er sah aus wie ein Feld, über das die Heuschrecken hergefallen waren. Die Hälfte der Bilder waren schon weggeschleppt worden, die übrigen hatte man einfach zerschnitten. Die zwei großen Vasen neben dem Kamin waren zu schwer zum Tragen, und daher hatte man sie zertrümmert und die goldenen Griffe mitgenommen. Auch die Vorhänge waren heruntergerissen worden, und alle Teller waren geklaut, außer jenen, deren Bruchstücke den Boden bedeckten. Seltsam, dass Menschen in einer solchen Lage fast ebenso viel Freude daran hatten, etwas kaputt zu machen, wie etwas zu stehlen. Sie randalierten immer noch durchs Haus und nahmen alles auseinander, um ja nichts zu übersehen, das vielleicht einen gewissen Wert gehabt hätte. Einer dieser närrischen Kerle hatte einen Stuhl auf den Tisch gestellt und versuchte an den Kronleuchter heranzukommen. Ein anderer mühte sich damit ab, die kristallenen Türknäufe mit einem Messer zu lösen.
    Ein pockennarbiger Söldner grinste sie an, die Hände voller vergoldetem Besteck. »Ich hab ’n paar Löffel!«, brüllte er. Monza schob ihn aus dem Weg, und er stolperte, sein ganzer Schatz flog über den Boden, und andere Männer bückten sich danach wie Enten, denen man Brotkrumen hinstreut. Mit Espe an der Seite drängte sie sich durch die offene Tür in einen Marmorkorridor. Kampfeslärm hallte zu ihnen herüber. Heulen und Brüllen, metallisches Scheppern, krachendes Holz aus allen Richtungen. Sie spähte angestrengt in der Düsternis nach links und rechts und versuchte sich zu orientieren, während Schweißtropfen auf ihrer Kopfhaut prickelten.
    »Hier entlang.« Sie kamen an einem großen Salon vorbei, in dem Männer gerade die Polsterung der antiken Sessel zerfetzten, als ob Orso sein Geld unter dem Bezug versteckt haben würde. Die Tür daneben wurde von einer begierigen Menge eingeschlagen. Ein Mann bekam einen Pfeil in den Hals, als sie endlich nachgab, die anderen stürzten an ihm vorbei, heulten vor Begeisterung, und Waffengeklirr ertönte. Monza hielt die Augen weiter nach vorn gerichtet und dachte nur an eines: Orso finden. Hastig lief sie eine Treppe hinauf, die Zähne zusammengebissen, den dumpfen Schmerz in den Beinen kaum noch

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