Racheklingen
einfachste Rechnung, die er sich wünschen konnte.
»Na dann«, sagte Freundlich, und er grinste.
»Na dann«, zischte Espe durch die zusammengebissenen Zähne.
Einer der Söldner, die das Zimmer verwüstet hatten, machte einen halben Schritt auf sie zu. »Was, zur Hölle, ist hier …«
Espe sprang mit einem großen Satz über die Trümmer, und die Axt fuhr in schimmerndem Bogen empor. Freundlich glitt nach rechts, duckte sich unter dem Schlag hindurch und fühlte den Luftzug in seinem Haar. Sein Beil erwischte den Rand von Espes Schild, und eine Ecke der Klinge rutschte kreischend ab und bohrte sich in die Schulter des Nordmanns. Allerdings nicht so heftig, dass es ihm mehr als einen kleinen Schnitt beigebracht hätte. Espe wirbelte hastig herum und schlug mit der Axt zu. Freundlich wich aus und hörte, wie die Waffe neben ihm in die Trümmer schlug. Nun stach er mit dem Messer zu, aber der Nordmann hatte den Schild schon wieder erhoben, drehte ihn, wand Freundlich die Klinge aus der Hand und ließ sie über den polierten Holzboden segeln. Der Sträfling schlug mit dem Beil zu, aber Espe drängte sich eng gegen ihn und bremste Freundlichs Ellenbogen mit seiner Schulter ab, so dass die Klinge lediglich an seiner blinden Gesichtshälfte hinabfuhr und ihm einen blutigen Zacken unter dem Ohr riss.
Freundlich trat einen halben Schritt zurück und wollte das Beil nun seitwärts führen, um Espe nicht den Raum zu geben, den der brauchte, um die Axt zu schwingen. Stattdessen drängte der Nordmann nun hinter seinem Schild weiter vor, fing Freundlichs Beil ab und hob seinen Gegner hoch, wobei er wie ein wilder Hund knurrte. Freundlich versetzte ihm einen harten Hieb gegen die Seite und versuchte sein Möglichstes, einen guten Faustschlag an dem großen Kreis aus Holz vorbei zu landen, aber Espe hatte mehr Gewicht und mehr Schwung. Freundlich wurde durch die Tür geschleppt, stieß mit der Schulter an den Rahmen, der Schild bohrte sich in seine Brust, und dann glitt der Boden immer schneller an ihm vorüber. Seine Stiefel schleiften über das Parkett, dann war es verschwunden, und er fiel. Sein Hinterkopf prallte auf Stein, und er kam hart auf, prallte vom Boden ab, überschlug sich, grunzte und keuchte, Licht und Dunkelheit wirbelten um ihn herum. Eine Treppe. Er fiel mehrere Stufen hinunter, und besonders übel war, dass er sie nicht einmal zählen konnte.
Wieder stöhnte er, als er sich, unten angekommen, allmählich wieder sammelte. Er befand sich in einer langen Küche, einem Gewölbekeller, in den durch kleine, hoch oben an der Wand befindliche Fenster Licht hineinfiel. Das linke Bein, die rechte Schulter, sein Hinterkopf pochten heftig, seine Wange war voller Blut, ein Ärmel abgerissen, und eine lange Abschürfung zog sich über den Unterarm. Blut zierte sein Hosenbein, da er sich offenbar beim Sturz an seinem eigenen Beil verletzt hatte. Aber er konnte alle Glieder bewegen.
Espe stand oben an einer Treppe, die aus vierzehn Stufen bestand, zwei mal sieben, ein großer schwarzer Umriss, dessen eines Auge hell funkelte. Freundlich lockte mit einem Finger.
»Komm mal schön hier runter.«
Sie kroch weiter. Mehr konnte sie nicht tun. Nur immer einen Schritt nach dem anderen weiterkriechen. Beide Augen nach vorn richten, auf den Griff des Calvez, der in der Ecke lag, und Blut spucken und alle Willenskraft dafür aufbringen, dass sich der Raum zu drehen aufhörte. Während der langsamen Anstrengung kribbelte ihr ganzer Rücken und wartete darauf, dass sich Espes Axt darin verbiss und ihr das hässliche Ende bereitete, das sie verdiente.
Wenigstens hatte der einäugige Wichser endlich aufgehört zu quatschen.
Monzas Hand schloss sich um das Heft, und sie rollte sich herum, fauchte und wedelte mit der Klinge wie ein Feigling, der eine Fackel in der dunklen Nacht schwingt. Es war niemand da. Nur eine klaffende Lücke in dem Geländer am Ende der Galerie.
Sie wischte sich die blutige Nase mit der behandschuhten Hand ab, dann richtete sie sich langsam auf Knien auf. Die Benommenheit ließ nach, das Dröhnen in ihren Ohren hatte sich in ein stetiges Pochen verwandelt, ihr Gesicht war eine pulsierende Masse, und ihr ganzer Körper fühlte sich so an, als sei alles an ihm doppelt so groß wie sonst. Sie schlurfte zur zerstörten Balustrade und spähte hinab. Die drei Söldner, die das Zimmer zerlegt hatten, waren noch immer damit beschäftigt und starrten ein zertrümmertes Cembalo an, das unter der Galerie lag. Von
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