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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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dem Weiher kamen.
    »Wo jetzt lang?«, fragte ihr Vater, aber Flora schüttelte nur mutlos den Kopf.
    »Keine Ahnung.«
    »Wie sah es dort aus, wo du zu dir gekommen bist?«
    Flora versuchte, es zu beschreiben. Die Büsche und der Weg und die Bäume fielen ihr ein und ihr Vater schlussfolgerte, dass es eher an einem abgelegeneren Teil des Sees gewesen sein musste. Er fuhr auf der Naturbadstraße Richtung Norden und bog dann nach links in einen kleinen Feldweg ab. Der schmale Weg führte holpernd zwischen kahlen Bäumen hindurch, hinter denen rechts und links Wasser aufblitzte. Dann tat sich eine kleine Lichtung auf. Rechter Hand lag Wald, links war eine Wiese, die zum Wasser hinunterführte und die von weiteren Bäumen bestanden war.
    »Hier«, nickte Flora und Theo hielt an.
    Die Polizisten parkten ebenfalls, verließen ihre Autos und folgten Flora über das Gelände.
    »Nichts Auffälliges zu sehen«, sagte der ältere und kratzte sich unter seiner Mütze. Flora klammerte sich an ihren Vater fest.
    »Aber hier war es«, sagte sie trotzig.
    »Aha. Und was genau? Hier sind ja nicht mal Spuren von irgendeinem Fahrzeug oder so was.«
    »Ist ja auch kein Wunder nach dem Regen vorgestern«, rief Flora wütend aus.
    Der jüngere Polizist beachtete ihren Einwurf nicht und ging bis an den Weiher vor, lief ein Stück an der Uferlinie entlang und kam dann zurück.
    »Junge Frau, was sollen wir denn ermitteln, wenn Sie uns nicht irgendwelche Anhaltspunkte geben können?«
    »Aber kann es denn nicht sein, dass ihr irgendjemand K.-o.-Tropfen oder irgend so etwas gegeben hat?«, fragte Theo.
    »Das kann schon sein, klar«, bestätigte der ältere Polizist. »Das Problem ist nur: Es ist schwer nachzuweisen. Aus dem Blut und dem Urin verschwinden die Spuren innerhalb von zwölf Stunden. Und selbst wenn wir in, na sagen wir, vier Wochen eine Haarprobe nehmen würden – ich bezweifele, dass sich in den spärlichen Resten da was finden würde. Ich mein, wir können die Anzeige gerne aufnehmen, aber ich mach’ Ihnen wenig Hoffnung auf Erfolg. Wenn Ihnen nicht noch was Stichhaltiges einfällt – dann wird die Anzeige in drei Monaten halt fallen gelassen.«
    Mit dem Hinweis, darüber nachzudenken, verabschiedeten sich Flora und Theo und machten sich auf den Heimweg. Flora war froh, dass ihr Vater schwieg.
    Erst als sie in die Hofmannstraße einbogen, sagte er: »Und du kannst dich wirklich an gar nichts erinnern?«
    Flora schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist das auch besser so«, flüsterte sie dann.

11. Kapitel
    Auszug aus dem psychiatrischen Gutachten, Prof. Dr. W. Metzler vom 02.12. d. J.
    »…Die Patientin berichtet, dass sie immer wieder Situationen erlebe, in der sie nicht mehr Herrin ihrer Selbst sei. Ein Geruch, ein Geräusch oder ein Schlüsselwort reiche manchmal aus, um sie aus der Gegenwart herauszukatapultieren, und sie fühle sich dann wieder wie ein kleines, machtloses, ungeliebtes Kind. (…) Traumatische Situationen, die die Betroffenen in ihrer Geschichte durchlitten haben, werden durch unkontrollierbar ausbrechende Intrusionen, also Flashbacks, immer wieder erlebt. Meist werden sie begleitet von körperlichen Reaktionen wie Herzrasen, Übelkeit, Atemnot, Zittern oder Angstschweiß…«
    Auch wenn ihre Eltern ihr zugeredet hatten, sich noch ein paar Tage zu erholen, ging Flora am Montagmorgen doch in die Schule. Sie hatte das Gefühl, so viel Alltag wie möglich würde ihr guttun. Außerdem spukte in ihrem Hinterkopf irgendwo der Gedanke herum, dass sie nur Hinweise auf den oder die Täter finden würde, wenn sie sich aus ihrem Zimmer herauswagte.
    Sie konnte es kaum erwarten, mit Carina in der Pause die Möglichkeiten zu diskutieren, die ihr blieben. Vielleicht konnten sie gemeinsam irgendetwas herausfinden. Sie hatte am Sonntag versucht, ihre Freundin zu erreichen, aber Carina war nicht an ihr Handy gegangen. Und in der Schule war sie Montag früh zunächst auch nicht. Sie kam genau in dem Moment ins Klassenzimmer, als Pierre Edinger Flora eindringlich bat, während des Unterrichts die Strickmütze abzunehmen. Flora schüttelte den Kopf und starrte auf ihre Bank.
    »Sie wissen es genauso gut wie ich«, sagte Edinger steif. »Keine Kopfbedeckungen im Unterricht. Das gilt für jeden.« Flora sah ihn trotzig an. Dann zog sie ihre Mütze ab. Ganz langsam. Und ein Raunen ging durch die Klasse.
    »Zufrieden?«, fragte Flora sarkastisch und tat den Rest der Stunde so, als sei sie ins Mitschreiben versunken.
    Kaum

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