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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Bewegung tut gut.« Flora ging hinaus und Lucas kickte den Ball zu ihr hinüber. Sie holte aus und trat zu. Das fühlte sich gut an. Der Ball flog in hohem Bogen und Theo musste sich strecken, um ihn noch zu erwischen.
    »Hey, super Schuss«, lobte Lucas sie. Er rangelte mit seinem Vater um den Ball und beide kicherten und lachten.
    Und auf mich habt ihr nicht aufgepasst.
    Flora rannte auf die beiden los, schob sie achtlos und unter Einsatz ihrer Ellenbogen beiseite und trat nach dem Ball, als sei es der Kopf ihres unbekannten Peinigers. Der Ball verfing sich ganz oben in der beinahe drei Meter hohen Hecke, die den Garten vom Nachbargrundstück abtrennte.
    »Na toll«, maulte Lucas, während sich Theo nach einem Besen oder irgendetwas anderem Langen umsah.
    Flora ließ sich unter den Kirschbaum fallen und umschlang ihre Knie. Der Boden war hart und kalt. Sie beugte den Kopf und ein Weinkrampf begann, sie zu schütteln.
    »Hey, komm schon, ist doch nicht so schlimm!« Theo versuchte, sie hochzuziehen, und sie ließ es widerwillig geschehen. Er führte sie ins Wohnzimmer und setzte sich, den Arm um sie gelegt, mit ihr aufs Sofa. Eine Weile sagte er nichts, hielt sie nur fest und ließ sie weinen. Dann holte er sein Stofftaschentuch und hielt es ihr hin. Sie putzte sich die Nase. Starrte auf den Teppichboden und wusste nicht mehr, wie sprechen ging.
    »Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?«, fragte Theo, ganz leise. Er ließ ihr Zeit.
    »Ein Wort reicht schon«, sagte er nach ein paar Minuten. Lucas saß vor Flora auf dem Boden und sah sie mit großen Augen irritiert an.
    »Was ist mit Flora?«, fragte Lucas schüchtern.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ihr Vater ruhig.
    »Ich doch auch nicht«, flüsterte Flora und ließ sich gegen ihren Vater fallen. »Ich weiß es einfach nicht.«
    Er streichelte über ihre Stoppeln. »Hat dir jemand wehgetan?«
    Flora bemerkte, dass ihre Mutter im Türrahmen stand und unablässig ein und dasselbe Glas abtrocknete.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Kannst du noch etwas anderes sagen?« Leticia klang ungehalten.
    »Psch«, machte ihr Vater. »Lass sie. Also, Flora, was weißt du nicht? Sollen wir zu einem Arzt gehen, der dich untersucht? Der schaut, ob mit deinem Kopf alles in Ordnung ist.«
    »Ich bin doch kein Idiot!«, schrie Flora nun. Sie machte sich los, stand auf und lief unruhig durchs Zimmer. »Ich weiß nur einfach nicht, was passiert ist. Ich weiß nicht, wer meine Haare abgeschnitten hat. Ich weiß nicht, wo ich war, wo die Wunde herkommt – ich weiß überhaupt nichts.«
    »Du hast sicher einfach zu viel getrunken. Irgendwann kriegt man einen Blackout und dann ist es vorbei. Was sagen denn deine Freunde, die dabei waren? Dieser Jan oder wie er heißt«, versuchte es ihr Vater. Flora sah ihn spöttisch an.
    »Freunde? Ich habe hier keine Freunde. Und ich habe auch nicht getrunken. Es ist am hellen Mittag passiert. Am Mittwoch. Ich war mit Carina Kaffee trinken und plötzlich bin ich am Dechsendorfer Weiher wieder zu mir gekommen. Ohne Haare und mit der Schramme.« Theo schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Und warum hast du uns nicht sofort angerufen? Warum bist du nicht zur Polizei gegangen? Flora! Bitte! Das kann doch nicht wahr sein.«
    »Es war genau so.«
    Theo stand nun vom Sofa auf und ging zum Telefon.
    »Ich rufe sofort bei der Polizei an. Nein, besser, wir gehen sofort dorthin. Los, komm! Keiner tut meiner Tochter so etwas an! Keiner!«
    Flora verfiel wieder in diese gespenstische Lethargie. Ob man sie in ein Auto setzte oder in den Keller sperren würde – es war ihr egal. Wie ein fremder, unbehauster Planet zogen die öden Straßen und Gewerbegebiete an ihr vorbei, bis sie bei der Polizeiinspektion in der Schornbaumstraße ankamen. Theo schob Flora in das hellorangefarbene moderne Gebäude hinein und sprach den erstbesten Beamten an, wo er hier eine Strafanzeige wegen Entführung stellen könnte. Der Mann führte sie in ein Dienstzimmer der Kriminalpolizeiinspektion, wo zwei Männer in Zivil zwischen Bergen von Papier gerade jeder ein Leberkäsweck verspeisten.
    »Grüß Gott«, grüßte der ältere, rundliche, stand auf und verließ den Raum. Der andere, deutlich jünger, groß und mit eng zusammenstehenden sehr blauen Augen, musterte Theo und Flora nicht sehr freundlich.
    »Grüß Gott. Meine Tochter möchte Strafanzeige gegen unbekannt stellen.«
    Der Polizist deutete mit einer flinken Bewegung auf die zwei Stühle, die vor den beiden Schreibtischen standen,

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