Rachel ist süß (German Edition)
Anziehungen mit voller Wucht. Es war doch auch kein Wunder, wenn man zwischen all dieser nackten Haut, diesem Blühen und Streben keine Ruhe fand. Dieser Sommer machte sie langsam wahnsinnig.
„Tut mir leid, aber es geht wirklich nicht anders.“ Sagte Christian abschließend und verschwand hinter einem Krimi. Sie hatten in der letzten halben Stunde darüber diskutiert, ob denn nun wirklich kein anderer Kollege den erkrankten Vertrauenslehrer bei der Studienfahrt kurz vor den Sommerferien ersetzen konnte. „Mich kennen sie und sie haben sich für mich entschieden. Verstehst du? Sie haben mich gebeten, sie nach Irland zu begleiten. Ich betrachte das als Ehre und weiß auch ehrlich gesagt nicht, wo das Problem ist. Es ist doch wirklich nicht das erste Mal, dass ich eine Woche weg bin. Und dieses Mal bist du noch nicht einmal ganz alleine hier, Kai ist doch auch noch da.“
Und damit hatte er das Problem ein bisschen bösartig, aber brillant zusammengefasst.
Christian war schon zwei Tage weg, als Kai abends an ihre Scheibe klopfte. Inga sah von ihrem Buch auf und wurde wütend. Sie hatte die letzten beiden Tage mit großer Sorgfalt jede Begegnung mit ihrer jungen Nachbarin vermieden und ärgerte sich darüber, dass Kai nicht die gleiche Diskretion besaß. Wie konnte sie jetzt einfach hier auftauchen und hoffen, dass sie sich hemmungslos in die Arme sanken und in Christians Abwesenheit all die Sachen nachholten, von denen sie träumten. Sie winkte Kai nicht herein, wie es Christian sonst immer tat, sondern öffnete nur das Fenster einen Spalt breit. Kais Augen funkelten sie an, aber es lag nichts von der Sehnsucht und Liebe darin, die Inga erwartet und befürchtet hatte.
„Ich hoffe, du schleichst nicht wegen mir wie ein pantomimischer Einbrecher ums Haus, das wäre dann nämlich völlig überflüssig. Warum sprichst eigentlich nicht einfach einmal mit mir? Fragst mich, wie es mir geht? Wie ich über diese Situation denke? Mir liegt nämlich nichts ferner, als Christians Abwesenheit für einen kurzen Flirt mit seiner Gattin zu nutzen. Ob er hier ist oder nicht, macht für mich keinen Unterschied, aber dass du dich für ihn entschieden hast, macht einen gewaltigen. Zwischen uns beiden wird nichts mehr vorfallen, das die Grenzen einer Freundschaft überschreitet. Und Freundinnen sind wir doch auch, wenn Christian nicht da ist, oder?“
Gegen Ende war Kais Tonfall etwas sanfter geworden, aber Inga fühlte trotzdem, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Die ganze Verwirrung der letzten Wochen stürzte auf sie ein. Da stand Kai vor ihr und schrie sie an und dabei wollte sie sie am liebsten nur in den Arm nehmen und endlich Ruhe finden. Oder sie nie wieder sehen müssen. Oder endlich mit ihr schlafen.
„Du verstehst mich nicht“, presste sie hervor.
„Ich verstehe dich viel besser als du denkst und deshalb weiß ich auch, dass du glaubst, an einer Seuche zu leiden, die schlimmer wird, wenn du mich alleine triffst. Und dass es nur an dir liegt, ob das zwischen uns wieder losgeht. Wenn du uns in Schach hältst, kann nichts passieren. Deine Sorge ist unbegründet. Hast du dir schon mal überlegt, dass ich auf keinen Fall eine Wiederholung unserer gemeinsamen Zeit möchte, weil es mich schon einmal fast umgebracht hat, dich zu verlassen? Dass ich mich nie wieder auf dich einlassen würde, weil ich es kein zweites Mal schaffen könnte?“
Inga ließ die Tränen fließen und Kai sah sie unruhig an.
„Komm bitte rein“, flüsterte Inga zwischen kleinen Schnaufern.
„Auf gar keinen Fall“, sagte Kai, deren Kampfgeist sichtbar verflogen war und einer großen Unsicherheit Platz gemacht hatte. „Wer soll uns denn dann in Schach halten? Du hast mich damals doch auch geküsst, weil ich geweint habe und ich wäre wahrscheinlich doch ein wenig versucht, es dir gleich zu tun.“
„Es war wunderschön mit dir, damals.“ Inga hatte das noch nie laut gesagt. „Es war die schönste Zeit meines Lebens.“
„Ich habe es immer sehr vermisst, nicht mit dir darüber reden zu können. Nie wirklich zu wissen, was du damals gefühlt und gefürchtet hast.“ Kai starrte in die dunkle Nacht hinter dem Fenster. „Meinst du, wir könnten jetzt mal ab und zu darüber reden?“
Inga zog geräuschvoll die Nase hoch und beide mussten lachen. „Vielleicht nicht so oft, wenn Christian dabei ist, aber sonst gerne.“ Sie wischte sich mit dem Pulloverärmel über die Nase und
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