Rachel ist süß (German Edition)
„Café“.
„Latte macchiato.“ Sie lächelte der Bedienung zu und setzte sich an die Theke. Nur drei der Tische waren noch besetzt. Die Frauen hatten, als sie eintrat, kurz zu ihr hochgesehen und sich dann wieder ihren Gesprächen zugewandt, die jetzt im Zischen des Milchschäumers verschwanden. Leise Musik klimperte aus einer Box über dem einzigen Fenster.
„Danke.“ Sie nahm ihren Kaffee entgegen und rührte gedankenverloren darin herum, als die Tür erneut aufging. Zusammen mit den Frauen an den Tischen sah sie auf. Drei leicht schwankende Männer standen in der Tür und schauten sich grinsend um.
„Sieht so aus, als wäre das unsere Glücksnacht, lauter einsame Herzen.“
Der größte der Männer schob seine Kumpane energisch in den Raum. „Setzt euch Jungs, hier ist freie Auswahl.“
„Ich fürchte nicht.“ Die Bedienung hatte ihren Platz hinter der Theke verlassen und stellte sich ihm in den Weg.
„Heute ist Frauenparty. Ihr könnt gerne morgen wieder reinschauen, da ist Ü 30.“
„Falsch, meine Süße! Wir bleiben und kümmern uns um die einsamen Seelen.“ Er baute sich drohend vor der Bedienung auf und in seinen roten Augen war deutlich zu sehen, dass der Alkohol den Kampf gegen den Verstand vor langer Zeit durch k.o. gewonnen hatte.
Eine der Frauen an den Tischen stand auf und verließ den Raum durch eine Hintertür. Kendra überlegte ob sie auch gehen sollte, aber legte ihre Hände nur unwillkürlich fester um die warme Kaffeetasse.
„Siehst du, wir halten niemanden auf. Und jetzt bring uns ein Bier, aber dalli!“ Die Männer zogen Stühle an einen freien Tisch und setzten sich.
„Wie ich schon sagte, ihr könnt morgen wieder kommen, heute gibt es hier nichts für euch.“ Die Bedienung verschwand wieder hinter der Theke und begann demonstrativ damit Gläser zu polieren.
„Typisch frigide Schlampe!“ Der Wortführer der Gruppe begann, Bierdeckel wie Frisbeescheiben durch den Raum zu werfen. Die anderen beiden blickten sich in einer schlecht verdeckten Mischung aus Unsicherheit und Überlegenheit um.
Kendra schrieb die ganze Szene in Gedanken mit. Wenn das hier eskalierte, würden diese Flüchtlinge aus dem flachen Ende des Genpools sich nicht nur auf der Polizeiwache, sondern auch in der Zeitung wiederfinden.
„Freibier für alle, die mit uns trinken!“ Der Vorstadt-Godzilla warf einen Fünfzigeuroschein auf den Tisch und schob seinen Stuhl mit den Füßen zurück. „Oder nimmst du nur Lesben-Geld?“
„Lesbengeld!“ Das kleine Rudel des Alphatieres brüllte vor Lachen über den gelungenen Scherz ihres Anführers. Kendra ließ die Tasse ruckartig los, weil ihr erst in diesem Moment bewusst wurde, dass die Frauen um sie herum wahrscheinlich wirklich lesbisch waren. Sie lächelte die Bedienung hilflos an und hoffte, dass es unter den Frauen kein geheimes Zeichen gab, das sie im Ernstfall als einzige potentielle Paarungspartnerin des Höhlenmännchens outen würde. Sie konnte förmlich vor sich sehen, wie er sie grunzend an den Haaren aus diesem Café in seine Junggesellenbude schleifte, wo sie dann für den Rest ihres Lebens die Fensterbänke mit traurigen Clowns und Stiefmütterchen dekorieren musste.
So weit wollte sie es auf keinen Fall kommen lassen. Kendra tastete in ihrer Tasche nach dem Handy, als die Tür weit aufflog. Blitzschnell schossen mehrere dunkel gekleidete Gestalten auf die Männer zu, traten ihnen die Stühle unter den trägen Körpern weg und zogen sie aus dem Lokal. Die Männer versuchten, sich zu wehren, wurden aber in so geschickten Griffen gehalten, dass sie nur ins Leere traten. Das Geräusch quietschender Reifen hallte durch die nächtlichen Straßen und dann war es wieder still.
Die Bedienung hob die auf dem Boden herumliegenden Bierdeckel auf und stellte die umgefallenen Stühle wieder an den Tisch. Die Frau, die das Lokal während des Streits verlassen hatte, kam durch die gleiche Tür zurück und setzte sich wieder.
Kendra bemerkte, dass sie immer noch ihr Handy umklammert hielt, ließ es zurück in die Tasche fallen und schaute von den Frauen an den Tischen zu der Bedienung. Keine erwiderte ihre Blicke. Bis auf …
An der Hintertür neben dem Zigarettenautomaten lehnte plötzlich eine ganz in schwarz gekleidete Frau und sah sie mit hellen Augen nachdenklich an. Kendra sank, ohne es zu wollen, tief in den Blickkontakt und fühlte eine Welle von Wärme und Erregung
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